Allgemeinmedizin Neugierig machen auf den Hausarztberuf

Informationen aus erster Hand über die Hausarztmedizin und den Alltag in einer Hausarztpraxis wolle man den Studierenden geben. Neugierig auf das Fach Allgemeinmedizin wolle man sie machen, auf einen wunderschönen Beruf, der viel Freude mache. Mit diesen Worten stimmte Dr. Michael Fink, Vizepräsident der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und selbst niedergelassen im Westerwald, die rund 140 Studierenden auf den Abend ein.
Fach mit großer Bandbreite
So manchen würde die große Bandbreite der Allgemeinmedizin etwas abschrecken, aber man könne das bewältigen, meinte er, vor allem wenn man im Team arbeitet und dann auch seine persönlichen Schwerpunktinteressen verfolgen kann. Und als Allgemeinarzt sei man ständig gefordert, seinen Horizont zu erweitern. Außerdem seien die Chancen für hausärztliche Arbeit gerade auf dem Land besser denn je. Ein weiteres Argument für den Hausarztberuf sei die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Frohe Kunde brachte auch Albrecht Winkler, Referent des Landesministeriums für Gesundheit, mit. Denn auch die Landesregierung will die Allgemeinmedizin fördern, z. B. mit einem speziellen Programm für das PJ. Wer sich im PJ für ein Tertial Allgemeinmedizin entscheidet, kann 600 Euro pro Monat, also insgesamt 2.400 Euro an Fördergeld erhalten, wenn er das Tertial in Rheinland-Pfalz absolviert.
Der Markt der Möglichkeiten
Der Abend der Allgemeinmedizin am Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie der Universität Mainz fand bei den Medizinstudierenden regen Zuspruch. Um ihnen einen Einblick in die Breite und Vielfalt der Hausarztmedizin zu ermöglichen, konnten sie nacheinander mehrere Stationen durchlaufen, die von einigen der Lehrbeauftragten betreut wurden.
Besonders großen Anklang fand das Thema "Notfallversorgung" mit dem Schwerpunkt "kinderärztliche Notfälle". Dazu hatte Dr. med. Stefan Kewitz neben Puppen zum Reanimationstraining sogar ein lebendiges "Anschauungsobjekt" zur Demonstration kindlicher Proportionen und Besonderheiten mitgebracht. Großes Interesse fanden auch die Stationen zur Sonographie und zur Naturheilkunde. Nach anfänglichem ängstlichen Zaudern bei der Frage von Dr. med. Christoph Deynet, wer sich denn mal "nadeln lassen" wolle, fand sich schließlich doch noch ein beherzter Freiwilliger. Ohne derartige "Opfer" ging es bei der Station "Thorax" zu. Hier konnte die Auskultation von Herz und Lunge an Brust-Dummys geübt werden.
Neben Angeboten mit praktischen Übungen gab es reichlich wertvolle Informationen zur Perspektive Hausarzt. Ständig umlagert war z. B. der Stand des Landarzt-Ehepaares Drs. Schnellbächer. Hier erfuhren die Studenten, was es mit dem Begriff "Familienmedizin" eigentlich auf sich hat und wie der Alltag in einer großen Landarztpraxis aussehen kann. Schwerpunktthemen waren dabei u. a. Weiterbildung, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Prävention, Chronikerbetreuung, Impfen und Geriatrie.
Was die Studierenden sagen
Im Gespräch mit einigen der Studierenden, bei denen sich Frauen und Männer durchaus die Waage hielten, ergab sich ein differenziertes Bild bei der Frage, ob sie sich vorstellen könnten, später den Hausarztberuf zu ergreifen. Auf komplette Ablehnung stieß diese Idee eigentlich bei keinem, allerdings wussten doch etliche schon genauer, dass sie später lieber eine andere Fachrichtung als die Allgemeinmedizin einschlagen wollten.
Richtiggehend wild entschlossen, Hausarzt zu werden, zeigten sich interessanterweise vor allem jene, die bereits eine Pflegeausbildung abgeschlossen hatten. Sie faszinierte nicht nur das breite Spektrum der Hausarztmedizin, sondern auch der direkte und intensive Kontakt zu den Patienten sowie die Möglichkeit, die Menschen von der Wiege bis zur Bahre zu begleiten, also eine Familienmedizin und Patientenbetreuung rundum zu betreiben, die auch über rein medizinische Fragestellungen hinausreicht. Der eine oder andere wollte aber zuerst einige Jahre an einer Klinik arbeiten, z. B. in der Chirurgie, bevor er dann in eine hausärztliche Praxis wechseln würde.
Erst einmal angestellt arbeiten
Eine spätere Niederlassung, eventuell sogar auf dem Land, zogen einige in Betracht. Da sie das finanzielle Risiko aber recht hoch einschätzten, würden sie diese Entscheidung erst einmal etwas verschieben und zunächst lieber angestellt arbeiten. Die Möglichkeit, im Team arbeiten und sich mit Kollegen austauschen zu können, spielt dabei eine wichtige Rolle. Bevorzugt würde man sich daher nach einer Stelle in einer größeren Gemeinschafts-
praxis oder einem MVZ umschauen. Als Einzelkämpfer in der eigenen Praxis zu arbeiten, erscheint den meisten wohl weniger erstrebenswert.
Beklagt wurde von vielen, dass man mit der Allgemeinmedizin im Studium erst relativ spät in Berührung kommt. Nun, dieser Abend der Allgemeinmedizin war sicherlich ein Schritt in die richtige Richtung, schon früher auf die Studierenden zuzugehen und sie mit dem Fach vertrauter zu machen. Recht unterschiedlich äußerten sich die Studierenden zu der Frage, ob es, wie von der DEGAM vorgeschlagen, im PJ ein Pflichtquartal in der Allgemeinmedizin geben sollte. Der eine befürwortete dies klar, der andere lehnte eine weitere Pflichtveranstaltung dieser Art ab, weil dadurch die Wahlfreiheit eingeschränkt würde.
Dr. Ingolf Dürr, Dr. med. Vera Seifert
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (12) Seite 36-39
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.