
Mehr Frust als Hilfe? Online-Arzttermine: Verbraucherzentralen fordern Mindeststandards

Den nächsten Arzttermin bequem von zu Hause aus online buchen. Das klingt zwar einfach, verläuft aber nicht immer ohne Probleme. Wie nutzerfreundlich sind kommerzielle Arztterminportale? Die Terminsuche und -buchung der beiden größten deutschen Terminportale Doctolib und Jameda (ausschließlich die Webseiten der Portale, nicht deren Apps) hat sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) unlängst näher angesehen. Das Fazit: Fehlende oder fehlerhafte Filter- und Sortierfunktionen machen es schwer, einen Termin zu finden. Denn mitunter werden Arzttermine angezeigt, die weder verfügbar noch passend sind oder versteckte Kosten enthalten. Interessant ist auch: Bei knapp einem Fünftel der angezeigten Praxen konnten gar keine Termine gebucht werden.
Grund der Nutzung ist meist Nichterreichbarkeit
1.000 Nutzerinnen und Nutzer aus Berlin und Hamburg wurden vom Marktforschungsinstitut eye square im Auftrag des vzbv online befragt. Knapp 38 % von ihnen hatten in den vergangenen zwölf Monaten einen Arzttermin über eine Online-Plattform wie Doctolib oder Jameda gebucht. Über die Hälfte der Befragten (51 %) griffen zu dieser Maßnahme, weil sie ihre Arztpraxis telefonisch nicht erreichen konnten. Ihnen blieb also nichts anderes übrig als eine Online-Plattform zur Terminbuchung.
Mehr als 44 % der Befragten berichteten von negativen Erfahrungen, weil es keine kurzfristigen Termine gab, sie den konkreten Grund ihres Arztbesuchs nicht auswählen konnten oder die zunächst verfügbaren Termine im weiteren Buchungsverlauf nicht mehr buchbar waren beziehungsweise zur Selbstzahlung aufgefordert wurde. Die Befragten waren als gesetzlich versicherte Neupatientinnen und -patienten online und sollten jeweils einen Sprechstundentermin in einer hausärztlichen sowie gynäkologischen Praxis und einen Termin für ein gesetzliches Hautkrebsscreening ohne ärztliche Überweisung buchen.
Bei der Suche nach einem Hausarzttermin auf Jameda wurden insgesamt nur sechs Ergebnisse angezeigt (jeweils drei je Stadt/Bezirk). Eine Praxis befand sich nicht in dem gesuchten Bezirk, zwei Privatpraxen waren überdies dabei. Bei drei Suchergebnissen wurde der mögliche Termin auf maximal 10 Minuten beschränkt und ein Ausfallhonorar von 20 Euro erhoben.
Bei Hausarztterminen gibt es Stolperfallen
Auch bei der Suche nach Hausarztterminen auf Doctolib zeigten sich laut vzbv im Such- und Buchungsprozess einige Schwächen. Neben der Doppelnennung eines Arztes wurde etwa auch ein Termin für eine Videosprechstunde vorgeschlagen, weil es nicht möglich war, die Suchergebnisse per Filter auf Vor-Ort-Termine zu beschränken.
Zusätzlich erschien bei sechs Terminen der Hinweis, dass keine Personen unter 18 Jahren behandelt würden, obwohl das Portal laut seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen ab 16 Jahren genutzt werden kann. Für Neupatientinnen und -patienten wurden zudem zwei Termine in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis angeboten, wobei in beiden Fällen unklar blieb, ob dort auch hausärztliche Anliegen behandelt werden.
Für die Versicherten ebenfalls ärgerlich und verwirrend: Drei Termine wurden ausschließlich im Rahmen der HZV angeboten, ohne dies aber näher zu erläutern. Wer nach erfolgter Buchung demnach nicht an der hausarztzentrierten Versorgung teilnehmen wollte, dem konnte der Termin kurzfristig wieder abgesagt werden oder die Person musste sich entgegen ihrer Absichten in die hausarztzentrierte Versorgung einschreiben, erklären die Verbraucherschützer.
Der Zugang zu ärztlicher Versorgung dürfe nicht von der Nutzung kommerzieller Arztterminportale abhängig sein, kritisiert die Verbraucherzentrale. Sowohl Termine für Selbstzahler als auch Privatsprechstunden und kostenpflichtige Leistungen müssten klar erkennbar sein. In der Kritik steht seit Langem auch die verpflichtende Erstellung eines Kundenkontos, bei der sensible Daten in Umlauf kommen können.
„Problematisch wird es, wenn Patientinnen und Patienten gezwungen sind, kommerzielle Terminportale zu nutzen, um überhaupt an Arzttermine zu kommen“, so Thomas Moormann, Leiter Team Gesundheit und Pflege im Verbraucherzentrale Bundesverband. Die neue Koalition fordert der vzbv dazu auf, Mindeststandards für kommerzielle Terminportale festzulegen und für nicht-kommerzielle Alternativen (siehe Kasten) zu sorgen. Arztpraxen müssten dazu verpflichtet werden, „alternative Wege der Terminbuchung anzubieten, insbesondere telefonisch“, so Moormann. Zudem sollte die Regierung die Terminservicestellen der KVen „zu einem flächendeckend funktionierenden Angebot“ ausbauen.
Alternative Online-Termin-Plattformen im Test
Eine Auswahl an Anbietern für Online-Terminsoftware, die sich an der Praxis orientieren und datenschutzfreundlich sind, hat die IT- und Datenschutzplattform Kuketz-Blog zusammengestellt. Denn oft hat das Praxispersonal zu wenig Zeit, um jenseits von Doctolib & Co. Alternativen zu finden. Hier geht es zum Test: bit.ly/terminportale
Quelle: Medical-Tribune-Bericht