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Pädiater contra Hausärzteverband: Streit um Behandlung von Kindern

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

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In Westfalen-Lippe sorgt die HzV für dicke Luft zwischen dem Hausärzteverband und dem Berufsverband der Kinder- und Jugend­ärzte (BVKJ). Wieder einmal geht es um die Einschreibung von Kindern in die HzV – und die Frage, welche Ärzte für deren Versorgung geeignet sind.

Stein des Anstoßes in der Auseinandersetzung zwischen Hausärzteverband und Kinderärzten sind ein BVKJ- Flyer und ein Plakat, mit denen Verbandsmitglieder in ihren Praxen Eltern abraten, ihr Kind in die HzV einschreiben zu lassen.

Beim BVKJ gilt schon seit Jahren die Maßgabe: Mitglieder sollen von Direktverträgen, die keine speziellen pädiatrischen Merkmale haben, die Finger lassen. Und diesen Fall sieht Dr. Burkhard Lawrenz, Chef des BVKJ in Westfalen-Lippe, auch bei den geschiedsten HzV-Verträgen in Nordrhein-Westfalen als gegeben an. In anderen Ländern würden sich ebenfalls nur wenige Kinderärzte an den Hausarztverträgen beteiligen.

Für Verärgerung beim Hausärzteverband Westfalen-Lippe haben allerdings Aussagen des BVKJ gesorgt wie die auf dem Flyer: „Ihrer Krankenkasse – und damit letztendlich auch Ihnen – entstehen zusätzliche Kosten, wenn Sie Ihren Kinder- und Jugendarzt weiterhin für die Betreuung Ihres Kindes aufsuchen und er sein bisheriges Honorar erhält, während der Arzt, bei dem Sie Ihr Kind einschreiben, nur aufgrund dieser Einschreibung Geld von der Krankenkasse erhält, ohne hierfür auch Leistungen erbringen zu müssen.“

Vertragsdebatte nur ein Ringen um die Pfründe?

Lisa Degener, Sprecherin des Forums Pädiatrie im Hausärzteverband Westfalen-Lippe, verwahrt sich gegen die „Unterstellung“ und die „Verleumdung“, Hausärzte würden Kinder auch dann in die HzV einschreiben, wenn diese gar nicht von ihnen behandelt würden, oder dass Hausärzte die Weiterbehandlung von Erwachsenen von der HzV-Einschreibung ihrer Kinder abhängig machen würden. Ein betrügerisches Umgehen mit den Hausarztverträgen sei nirgendwo aktenkundig geworden, erklärt die Hausärztin in einer Pressemitteilung.

Hintergrund dieser Kampagne sei offenkundig der Kampf um die Pfründe, so Degener, der BVKJ wünsche sich eigene Verträge mit den Krankenkassen. Für Letzteres verspürt Dr. Lawrenz allerdings wenig Interesse bei den Kassen. Und auch er selbst steckt zurück: Wenn neue Verträge – wie im Fall der geschiedsten HzV – nur unter dem Vorbehalt anderweitiger Einsparungen ein höheres Honorar als bei der KV böten, lohne es sich nicht, diese zusätzliche Bürokratie einzugehen.

Die Flyer- und Plakatausstattung der BVKJ-Mitgliederpraxen resultiert im Übrigen noch aus der ersten Aufregung über Äußerungen des Haus­ärzteverbandes, in die HzV könnten Kinder ab ihrem ersten Lebenstag eingeschrieben werden. Das musste die Pädiater beunruhigen – schließlich haben z.B. bislang in Nordrhein-Westfalen 95 % der Kinder unter sechs Jahren innerhalb eines Jahres Kontakt zu einem Kinderarzt.

Dr. Lawrenz argumentiert mit der Qualität der Versorgung, die er bei Hausärzten mit wenigen kleinen Patienten bezweifelt. Das ist ein Dauer-Streitpunkt zwischen BVKJ und HÄV. Letzterer betont, dass die Realität der BVKJ-Maxime „Kinder den Kinderärzten“ widerspricht.

HzV-Einschreibung von Kindern mit Hürden

Laut aktuellem Barmer-GEK-Report gehen spätestens ab dem 13. Lebensjahr mehr Jugendliche ausschließlich zu einem Allgemeinarzt oder Hausarzt-Internisten als zum Kinder- und Jugendarzt. Ab dem 15. Lebensjahr konsultieren die Hälfte bis drei Viertel der Jugendlichen Haus­ärzte und keine Pädiater mehr.

Dr. Lawrenz ist mittlerweile beruhigt. Denn für Kinder, die jünger als zehn Jahre alt sind, hat der Schiedsmann in der HzV Regelungen getroffen. Soweit ein Hausarzt solche Kinder einschreiben möchte, muss er neben einer „fachlichen Mindestqualifikation“ und einer „apparativen Mindestausstattung“ auch mindestens 30 U5- bis U9-Vorsorgen in jedem der letzten vier Quartale nachweisen. Dr. Lawrenz hofft, dass die Kassen das auch prüfen.

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