Anzeige

„Pille danach“: Minister Gröhe hat klug gehandelt

Autor: Dr. Günter Gerhardt

Anzeige

Die "Pille danach" rezeptfrei abgeben? Nein!, sagt Bundesgesundheitsminister Gröhe. Gut so, sagt MT-Kolumnist Dr. Günter Gerhardt und weiß auch, warum.

Nur 38 Minuten hat die Debatte zur sog. Pille danach am 13. Februar im Bundestag gedauert. „Mit Schaum vorm Mund“ – wie es im Vorhinein vermutet worden war – sprach dabei niemand. Es wurden die bekannten Positionen über die mögliche Aufhebung der Verschreibungspflicht  (SPD dafür, CDU dagegen) vorgestellt – und anschließend wurde das Thema an den Ausschuss verwiesen.
Die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe hat sich klar gegen die Freigabe der Verschreibungspflicht, d.h. ohne ärztliche Beratung, entschieden.


Wir werfen den Politikern gerne vor, omnipotent zu sein: Eben noch CDU-Generalsekretär, jetzt Gesundheitsminister. Hermann Gröhe sagt selbst dazu: „Die Frage ist doch, was ist die Aufgabe eines Ministers? Frau von der Leyen ist nicht Deutschlands oberster Soldat, und ich bin nicht Deutschlands oberster Arzt. Wir sind damit betraut, politische Entscheidungen zu organisieren und öffentlich zu verantworten. Dabei unterstützt mich ein fachlich sehr gut aufgestelltes Haus.“

»Ärzteschaft will doch zurate gezogen werden«

Die Ärzteschaft hat immer gefordert, man möge sie doch zu medizinischen Themen und erst recht vor Entscheidungen mit zum Teil erheblichen Konsequenzen für Leib und Leben von Menschen zurate ziehen. Genau das hat der neue Gesundheitsminister getan, worüber wir prinzipiell froh sein sollten, unabhängig von einer eventuell ganz anderen persönlichen Meinung.


Hermann Gröhe bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: „Es geht darum, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und die Frauengesundheit bestmöglich zusammenzubringen.“ Und weiter: „Wir brauchen einen zügigen, diskriminierungsfreien Zugang zur ,Pille danach‘, und wir brauchen gute Beratung. Das ist am besten gewährleistet, wenn es bei der Verschreibungspflicht bleibt.“


Die Befürworter der rezeptfreien Abgabe der „Pille danach“ in Apotheken argumentieren, dies sei notwendig, um insbesondere nachts und an Wochenenden die schnelle Einnahme sicherzustellen. Das würde bedeuten: Der Apotheker berät auch nachts im Notdienst, teilweise an der Fensterklappe. Gewährleis­tet diese Atmosphäre eine intime Beratung? Und bei aller Wertschätzung für die Apotheker: Dafür sind sie nicht ausgebildet. Die ärztliche Beratung ist auch nachts und an Wochenenden in Bereitschaftsdienstzentralen gewährleistet. Die Bereitschaftsärzte wurden und werden mit einem Flyer auf die Beratung vorbereitet.

»Intime Beratung an der Fensterklappe«

Wird die „Pille danach“ rezeptiert, findet gleichzeitig zum Wohle der Frauen und Mädchen eine ärztliche Beratung statt. Warum das so wichtig ist, macht ein kurzer Exkurs zum Stand der aktuellen medizinischen Erkenntnisse deutlich: Rezeptfrei würde nur der Wirkstoff Levenorgestrel erhältlich sein, der alternative Wirkstoff Ulipristal ist dreimal so wirksam. Levenorgestrel wirkt nur, wenn die LH-Konzentration – also das den Eisprung auslösende Hormon – noch auf niedrigem Stand ist. Ulipristal wirkt hingegen auch noch, wenn der LH-Spiegel sehr hoch ist, also kurz vor dem Eisprung. Außerdem hat Levenorgestrel erhebliche Nebenwirkungen, beispielsweise Thrombosen, und wirkt nicht bei Frauen, die mehr als 75 Kilogramm wiegen.


Kein vernünftig denkender Arzt wird sich weigern, die „Pille danach“ zu verordnen – aber eben nur nach einer entsprechenden Befragung (Regelanamnese) und Beratung. Oft ergibt eine solche Anamnese, dass die „Pille danach“ überhaupt nicht notwendig ist, weil die Frauen nicht schwanger werden können.


Wird das Präparat trotzdem verordnet, unter Umständen sogar häufiger, bringt das den Hormonhaushalt völlig durcheinander. Die Frauen können sich auf ihren Zyklus nicht mehr verlassen und das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft wird durch diese Eisprungverschiebung größer. Levonorgestrel wirkt hemmend auf die Reifung der Eizelle und verhindert damit die Ovulation. Hat der Eisprung schon stattgefunden, verliert das Hormon seine Hauptwirkung, aber es wird auch der Eizellentransport durch den Eileiter beeinflusst, die Bewegung der Spermien gehemmt und die Einnistung in die Gebärmutter erschwert. Auch wenn der Eisprung erst fünf Tage nach dem Geschlechtsverkehr stattfindet, ist eine Schwangerschaft noch möglich. Spermien überleben bis zu fünf Tage. Auch diese Information gehört zu einer guten ärztlichen Beratung.


Fazit: Bundesgesundheitsminister Gröhe hat klug gehandelt, die Gynäkologen zurate zu ziehen. Gerade die beschriebenen Wirkungen und Nebenwirkungen der „Pille danach“ machen überdeutlich, wie wichtig eine ärztliche Beratung – vor der Verschreibung – ist.

Anzeige