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Politiker und Apotheker – lernen wir von ihnen!

Autor: Dr. Günter Gerhardt

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Radio, TV, Print - Dr. Günter Gerhardt ist überall zu Hause. Auch in seiner ersten Kolumne geht es um mediale Aufmerksamkeit.

Unser ärztlicher Beruf macht uns in der Regel Spaß – zumindest so lange, bis die Post kommt! Schon wieder will jemand etwas von uns: die KV, irgendeine Krankenkasse, das Amt für soziale Angelegenheiten, der MDK, das Sozialgericht, das Arbeitsamt … Da hat der Tag so gut angefangen und dann dieser tägliche Frust. Also ich kann Ihnen da nur empfehlen, gönnen Sie sich abends ein Bier und machen Sie erst anschließend die Post auf.


Bei dieser Gute-Laune-Post geht es leider nicht nur um einfache Antworten, sondern um Änderungen im Praxisablauf, im Umgang mit unseren Patienten, um neue Abrechnungsziffern, Ausschlüsse, Codierung ... rein, dann wieder raus. Und zwischendurch immer wieder Patienten, also Leidende, die ihre Beschwerden loswerden wollen. Aber vorher müssen diese kranken Menschen oft genervten Arzthelferinnen Fragen über Fragen beantworten und sich sagen lassen, was geht und, wesentlich häufiger, was nicht (mehr) geht.


Kommen sie dann zu uns, sind sie mittlerweile nicht mehr nur krank, sondern auch sauer bis aggressiv. Weil unsere armen guten Geister der Praxis mal wieder die Überbringer schlechter Botschaften waren. Das Ganze spielt sich soundso oft in deutschen Praxen ab, jeden Tag, fünf Mal die Woche, 20 Mal im Monat.

"Bürokratieabbau - diese Phrase mag ich nicht mehr hören."

 Wie sagte neulich eine Lehrerin zu mir? „Herr Doktor, dafür haben Sie auch den schönsten Beruf, den es gibt, Sie dürfen kranken Menschen helfen. Und dann auch noch das viele Geld.“ Den letzten Satz hat sie nicht gesagt, aber gedacht. Nur komisch, dass immer weniger Mediziner(innen) in Deutschland am Patienten „landen“, bei steigender Studentenzahl.


Wie lautet die Lösung? Na klar, Abbau der Bürokratie, damit der Arzt endlich wieder mehr Zeit für seine Patienten hat und der Beruf dann wieder mehr Spaß macht. Können Sie den Satz noch hören? Ich nicht! Er gehört zu den Phrasen, die wir uns seit Jahren anhören müssen, vor allem in Zeiten vor Wahlen, sei es nun eine anstehende Bundestags-, Landtags- oder KV-Wahl. Der Politik will ich gar nicht unterstellen, dass sie nicht (manchmal) etwas verändern will, sogar zu unseren Gunsten, aber sie bleibt regelmäßig resignierend in einer Gemengelage von Interessen hängen.

"Wir müssen unsere Anliegen selbst unters Volk bringen"

Dieses Gestrüpp kennen auch unsere KV- und Kammer-Funktionäre. Der Grund ist u.a. ein Luxus, den wir uns noch immer leisten: Partikularinteressen! Sie sind uns wichtiger als (Kompromiss-)Lösungen. Zugegebenermaßen gab es mutige Ansätze, die uns sicherlich weitergebracht hätten, z.B. das Korbmodell. Aber die Solidarität hatte dann doch ihre Grenzen, die notwendige Mehrheit kam nicht zustande.


Wie auch immer, es gibt eine Lösung. Die große Politik zeigt uns, wie so was geht: Vor einer Entscheidung im Bundestag oder im Verlauf eines Parteitages wird ein Thema in der Presse vor- und aufbereitet. Anschließend, oh Wunder, läuft die Abstimmung genauso wie „man“ es wollte. Ein Beispiel gefällig? Die SPD beschäftigte sich auf einem Parteitag u.a. mit dem Thema GKV (Bürgerversicherung) versus PKV (abschaffen?). Tage vorher wurde über die Erhöhung der Beiträge bei einigen privaten Krankenkassen berichtet.


Honi soit qui mal y pense. Das heißt nichts anderes, als dass wir unsere Themen auch immer und immer wieder unters Volk bringen müssen. Weil das aber mit der normalen Presse nicht klappt, weil nicht gewollt, müssen wir eine eigene Öffentlichkeit herstellen. Ich höre schon das berühmte „Ja, aber“. Stopp, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht schon wieder! Es geht – die Apotheker haben uns gezeigt wie. Wir müssen nur, und das ist eine Conditio sine qua non, zu Kompromisslösungen bereit sein.

Der Medien-Profi

Ab sofort verstärkt Dr. Günter Gerhardt die Kolumnistenriege bei Medical 
Tribune. Der Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin/Psychotherapie (Jg. 1947) ist seit 1979 in einer Gemeinschaftspraxis im rheinhessischen Wendelsheim tätig. Bedingt durch eine Medieninitiative der damals vier KVen in Rheinland-Pfalz kam der Kollege zu täglichen eigenen Sendungen in Radio und Fernsehen. Auch als Autor und Herausgeber von Gesundheits-Rat­gebern hat sich Dr. Gerhardt, der seit 2002 den Ehrentitel „Sanitätsrat“ tragen darf, einen Namen gemacht. Von 1989 bis 2004 war er Vorsitzender der KV Rheinhessen. Dieses Amt bekleidete er nochmals 2007 bis 2011 bei der fusionierten KV Rheinland-Pfalz. Dr. Gerhardt ist Lehrbeauftragter für Allgemeinmedizin an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität. Seit März 2011 ist er als Medizinischer Direktor der Aslan Klinik in Olsberg (Sauerland) tageweise im Einsatz.
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