Anzeige

Diabetesprävention Projekt Dimini zeigt positive Ergebnisse

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Die Dimini-Studie hat bei den Patienten für mehr Aufmerksamkeit bezüglich des Themas Diabetes gesorgt. Die Dimini-Studie hat bei den Patienten für mehr Aufmerksamkeit bezüglich des Themas Diabetes gesorgt. © Rawpixel.com – stock.adobe.com
Anzeige

„Wir bedanken uns bei den teilnehmenden hausärztlichen Praxen in Hessen und Schleswig-Holstein und bei vielen Versicherten für die Teilnahme am Dimini-Programm. So konnten wir die Studie zu einem erfolgreichen Ende führen.“ Zu lesen ist das auf der Webseite dimini.org. Im Fokus steht ein Coaching zur Vorbeugung von Typ-2-Diabetes.

Diabetes mellitus – ich nicht!“ unter diesem Motto hatten hausärztliche Praxen in Schleswig-Holstein und Hessen von Januar 2018 bis Juni 2019 Patienten mit Risiko für die Entwicklung eines Diabetes Typ 2 auf dem Weg zu einer positiven Lebensstiländerung begleitet. Unterstützt wurde dies von AOK NordWest und Hessen, Barmer, DAK-Gesundheit (Vertragsgebiet Schleswig-Holstein) und Techniker Krankenkasse.

Kostenloser Acht-Fragen-Test vom Hausarzt angeboten

Patienten konnten bei ihrem Hausarzt kostenlos einen Diabetes-Risiko-Test (FINDRISK®) durchführen lassen. Er beinhaltet die Beantwortung von acht einfachen Fragen, mit denen sich das Risiko abschätzen lässt, in den nächsten zehn Jahren an Dia­betes Typ 2 zu erkranken. War das Risiko erhöht, wurde die Teilnahme an der Dimini-Studie angeboten, um die Erkrankung mit Diabetes Typ 2 zu verzögern oder zu verhindern durch die Aktivierung der Gesundheitskompetenz mittels Coaching in der Hausarztpraxis. „Im Erfolgsfall kann das Dimini-Programm bundesweit in die Regelversorgung übertragen werden“, so die Initiatoren. Den Innovationsausschuss beim gemeinsamen Bundesausschuss überzeugte die Idee und er steuerte für dreieinhalb Jahre eine Förderung von insgesamt ca. 4,3 Mio. Euro bei. Im September 2020 endete das per Studie begleitete Projekt, danach folgte die Evaluation. Jetzt liegt der Abschlussbericht vor.

Berichtet wird darin, dass 236 Ärzte nach Absolvierung eines eLearnings an Dimini teilnahmen. 138 von ihnen schrieben Versicherte in das Programm ein, 2.203 Versicherte in Hessen und 1.146 Versicherte in Schleswig-Holstein. 1.430 Personen (43 %) wurden schließlich als Risikopersonen identifiziert und der Interventionsgruppe bzw. Kontrollgruppe zugeordnet. 70 Mal wurde zudem ein bestehender Diabetes Typ 2 zu Studienbeginn erkannt. Die Teilnehmer der IG erhielten eine Lebensstilintervention und sie wurden sowohl in der Interventionsphase als auch mit weiteren Terminen nach drei, neun und 15 Monaten (optional zusätzlich auch nach Telefon-Coaching nach sechs und zwölf Monaten) betreut. Der Kontrollgruppe wurden die in der Regelversorgung (RV) gemäß Gesundheitsuntersuchungsrichtlinien üblichen Maßnahmen zuteil und ebenfalls Kon­trolluntersuchungen im genannten Abstand (ohne Coachingtermin).

Positiver Nebeneffekt: 70 Mal Diabetes entdeckt

Dr. Carsten Petersen von der am Projekt beteiligten docevent GmbH Schleswig beantwortet Nachfragen. Was waren nicht so erwartete Ergebnisse?
Dr. Petersen:
Wir haben zum Programm eine eigene App entwickelt. Sie beinhaltet den Test und kann bei der Lebensstilmodifikation begleiten. Die App wurde leider nicht breit angefordert. Lassen Sie mich auch auf einen nicht zu unterschätzenden positiven Nebeneffekt verweisen. Wir haben bei einem auffälligen Test­ergebnis den Glukosestatus etwas genauer untersucht als in der Gesundheitsuntersuchung, dem sog. Check-up 35, vorgesehen. Dadurch wurden 70 Menschen mit Diabetes Typ 2 identifiziert. Das Tückische an der Erkrankung ist ja, dass sie symptomlos verläuft und meist erst bei Folgeerkrankungen diagnostiziert wird. Mit unserem Test ist man also im Vorteil, Dimini wirkt. Allerdings haben sich keine wirklichen Unterschiede zwischen Interventions- und der Kontrollgruppe hinsichtlich der Risikointervention in der Hausarztpraxis gezeigt. Wie geht es jetzt – auch zeitlich – weiter?
Dr. Petersen:
Die Ergebnisse wurden im Mai dem Innovationsausschuss übermittelt. Es waren dann noch einige Nachfragen zu beantworten. Einen Automatismus zur Bewertung von Innovationsprojekten und zur Überführung in die Regelversorgung gibt es jedoch nicht. Corona spielt momentan hier sicher auch eine Rolle.

Einzelne Bausteine geeignet für die Regelversorgung

Sowohl in der Interventions- als auch in der Kontrollgruppe konnten die Teilnehmenden ihr Gewicht signifikant um durchschnittlich 1,6 kg reduzieren, so das Fazit der vom Institut für angewandte Versorgungsforschung (inav) durchgeführten Datenauswertung. Sportliche Betätigung und die Nutzung des Startsets hätten zu einer erfolgreichen Gewichtsabnahme beigetragen. „Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Kontrollen durch die Ansprache, den FINDRISK®-Test, die Übermittlung des Ergebnisses sowie die Präventionsempfehlungen durch den Arzt so stark sensibilisiert wurde, dass ein Effekt, z.B. hinsichtlich der Gewichtsreduktion, erzeugt wurde.“. Die Projektbeteiligten gehen davon aus, dass sich zumindest folgende Teile von Dimini praktikabel in die Regelversorgung überführen lassen: Risikoscreening: Der Test könne bspw. an bereits angebotene Gesundheitsuntersuchungen (z.B. die Check-up-Untersuchung, Hautkrebs-Checks oder andere Vorsorgeuntersuchungen) angebunden werden. Da diese Untersuchungen bereits Personen im jungen Alter angeboten würden (z.B. der Check-up ab 18 Jahren), könne man so auch schon früh Risiken für eine Diabeteserkrankung erkennen. Voraussetzung für das Screening wäre allerdings, dass die Durchführung, Auswertung und das Besprechen der Ergebnisse mit den Versicherten in der Vergütung abgebildet werden. Ein Selektivvertrag im Sinne eines Fast-Track-Zugangs biete sich als Übergangslösung an. Der Test könne auch in Apotheken, Schulen, bei Jugendarbeitsschutzuntersuchungen oder im Betrieb eingesetzt werden, um Menschen zu erreichen, die nicht regelmäßig zum Arzt gingen. Individuell passende Lebensstilintervention, bspw. in Form eines Präventionsangebots der gesetzlichen Krankenkassen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten. Kommt es zur Überführung in die Regelversorgung, sollte allerdings darauf geachtet werden, dass in der Arztpraxis keine Bürokratie anfällt und wenig zeitliche Ressourcen der Kollegen in Anspruch genommen werden, mahnt das Dimini-auswertende Konsortium.
Anzeige