Facharzt für Allgemeinmedizin So meistern Sie die Prüfung
Die Angst vor der Prüfung, die einige Kursteilnehmer äußerten, könne er ihnen nicht abnehmen, so Blank. "Aber wenn Sie Strukturen im Kopf haben, wie Sie mit den Prüfern umgehen können und was Sie in der Prüfungssituation beachten sollten, wird Ihnen das helfen, die Angst zu bewältigen bzw. sie erst gar nicht aufkommen zu lassen", versprach der Hausarzt und langjährige Fachprüfer an der Bayerischen Landesärztekammer.
Gut organisiert in die Prüfung
Eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme an der Prüfung ist die Einhaltung der Formalien. Haben Sie alle Zeugnisse eingereicht? Sind die Bestätigungen korrekt? Haben Sie Halbtags- und Volltagszeiten exakt dokumentiert? Kennen Sie die Inhalte der Weiterbildungsordnung? Gehen aus Ihren Bescheinigungen bestimmte Schwerpunkte hervor, dann sollten Sie auf diesem Gebiet besonders fit sein, mahnte Blank. Ihr Prüfer könnte das als Anlass für seine erste Frage nehmen. Sollte die Prüfung an einem weiter entfernten Ort stattfinden, empfiehlt es sich, am Vortag anzureisen, riet Blank. Und kommen Sie nicht auf die Idee, Ihren Partner oder Ihre Kinder mit in die Prüfung zu nehmen. Was sollte man tragen? Weder Schlabberpulli noch Smoking. Ein Anzug bzw. ein Kostüm/Hosenanzug wäre aber schon angebracht, so Blank: Stellen Sie sich vor, Sie gingen zu einem offiziellen Empfang. Falls Sie länger warten müssen, lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Das muss nicht heißen, dass Ihr Vorgänger wegen knallharter Prüfer durchgefallen ist und das langatmig begründet werden muss. "Oft verquatschen wir uns einfach, weil das Gespräch mit dem Prüfling so interessant war." Die Gefahr, durchzufallen, ist recht gering, so Blank, und betrifft nur 5 bis 10 % der Prüfungskandidaten.
Prüfungsangst – was tun?
Sie werden zu Beginn der Prüfung gefragt, ob Sie sich dazu in der Lage fühlen, die Prüfung zu absolvieren. Falls Sie unter Prüfungsangst leiden, können Sie das dann ruhig ansprechen und mitteilen, dass Sie manchmal Blackouts haben. Dann sind die Fronten geklärt. Das nimmt Ihnen keiner übel. Aber reiten Sie besser nicht auf Ihrer Prüfungsangst herum, indem Sie sie als Schutzschild vor Wissenslücken einsetzen. Auf die obligatorische Frage "Haben Sie Drogen genommen" muss die Antwort selbstverständlich "nein" lauten. Je besser Sie vorbereitet sind und je genauer Sie wissen, was man von Ihnen erwartet, desto weniger werden Sie mit Angst zu kämpfen haben.
Formaler Ablauf der Prüfung
Wie sieht das Setting aus? Der Prüfungsraum ist oft recht klein und Ihnen sitzen an einem Tisch drei Leute gegenüber. In der Regel wird ein Prüfungsprotokoll erstellt. Wundern Sie sich also nicht, wenn einer der Prüfer sich ständig Notizen macht. Nach ca. 20 Minuten weiß der Prüfer, ob Sie mit Fällen in der Praxis umgehen können. Sie müssen vermitteln, dass Ihre Patienten von Ihnen gut betreut werden. Wenn der Prüfer bei bestimmten Themen immer weiter nachbohrt, obwohl Sie doch schon so viel gewusst haben, muss das nicht heißen, dass Ihre Antworten lückenhaft waren. Manche Prüfer haben Freude daran, bei guten Kandidaten, die eh schon längst bestanden haben, quasi noch das Sahnehäubchen rauszukitzeln. Erfahrungsgemäß sind 20 % der Kandidaten brillant, 20 % sind schlecht und 60 % guter Durchschnitt, so Blank.
Eine Facharztprüfung Allgemeinmedizin dauert mindestens 30 und maximal 60 Minuten. Nach der Prüfung müssen Sie warten. Die Prüfer beraten sich in der Zeit darüber, ob Sie bestanden haben oder nicht. Oder sie führen einfach Fachgespräche. Also: Ruhe bewahren! Sie haben bestanden? Dann vergessen Sie nicht, ausgiebig zu feiern. "Es gibt nichts Schöneres, als Allgemeinarzt geworden zu sein", schwärmte Blank.
Kennen Sie die Fachbegriffe?
Oft bekommen Sie vom Prüfer Fälle geschildert, wie sie Ihnen auch in Ihrer Praxis begegnen. Sie sollten dann darlegen können, dass Sie strukturiert damit umgehen können. Hilfreich sind dabei die Begriffe aus der allgemeinärztlichen Berufstheorie. Bei jeder Kasuistik ist z. B. zunächst an "abwendbar gefährliche Verläufe" zu denken. Dazu gehören Entzündungen, Tumoren, innere und äußere Verletzungen und Gefäßerkrankungen, u. U. auch Stoffwechselstörungen und psychische Erkrankungen. Das "abwartende Offenlassen" bedeutet, dass keine Gefahr im Verzug ist und man darauf warten kann, dass sich im Verlauf mehr Symptome zeigen. Mit "geteilter Verantwortung" ist gemeint, dass Sie die Familie oder auch einen anderen Facharzt mit einbeziehen oder dem Patienten selbst eine Mitverantwortung auferlegen: "Wenn es schlimmer wird, gehen Sie ins Krankenhaus." "Erlebte Anamnese" heißt: Sie kennen Ihren Patienten, sein Umfeld, die Familie und können daher eine höhere Sensitivität bzw. ein Gespür für einen ungewöhnlichen Verlauf entwickeln.
Auf Ihrem Weg zur Diagnose sollten Sie versuchen, das Krankheitsbild einzuordnen. Machen Sie sich klar, dass in der Allgemeinmedizin nur in ca. 10 % der Fälle eine wissenschaftlich exakte Diagnose gestellt werden kann, der große Rest sind Symptome oder diagnosenahe Zuordnungen ("Bilder einer Krankheit".
Konkrete Fragen vermeiden!
Wenn Sie den Fehler gemacht haben, Ihr Vorgehen in der Praxis bei einem zur Diskussion gestellten Fall zu unstrukturiert, ungenau und einsilbig zu schildern, wird der Prüfer nachhaken. Beispiel: Frage: "Sie haben einen Harnwegsinfekt diagnostiziert. Was tun Sie?" Antwort: "Ich verordne ein Antibiotikum." Eine solche Antwort wird unweigerlich weitere konkrete Fragen nach sich ziehen: Welches? Wie lange? In welcher Dosis? Warum?
"Konkrete Fragen sollten Sie meiden wie der Teufel das Weihwasser", so Blank. Führen Sie deshalb Ihre Maßnahmen möglichst präzise aus. Machen Sie dem Prüfer klar, wie Sie in der Praxis vorgehen und warum. Und erwähnen Sie möglichst keine Dinge, mit denen Sie sich nicht so genau auskennen. Bei konkreten Fragen haben Sie keinerlei Spielraum. Entweder Sie wissen es oder Sie wissen es nicht.
Was wird gefragt?
Wie können Sie sich inhaltlich am besten vorbereiten? Legen Sie sich einen Fundus an häufigen Beratungsursachen zurecht (z. B. Bluthochdruck, Rückenschmerzen, Brennen beim Wasserlassen etc.) und üben Sie Ihre Darlegung mit einem Kollegen, Partner etc. oder zur Not vor dem Spiegel. Dabei ist es wichtig, neben dem abwendbar gefährlichen Verlauf und der erforderlichen Diagnostik und Therapie die jeweiligen Risikofaktoren, die Unterscheidung in akut und chronisch und Ihre Führung des Patienten zu schildern.
Bei Kasuistiken ist immer Raum für Diskussionen. Nutzen Sie diese Chance. Gut kommt es an, wenn Sie Pro- und Contra-Argumente aufzählen sowie Ihre eigene Position darstellen und begründen können. Allerdings empfiehlt es sich nicht unbedingt, dabei auf direkte Konfrontation zu gehen. Seien Sie aktuell! Was in den letzten Monaten in Fachkreisen und vielleicht auch in der Publikumspresse diskutiert wurde, ist oft guter Stoff für Prüfungsfragen. Setzen Sie sich damit auseinander, lautete der Rat von Blank (vgl. Kasten 1).
Wichtige Tipps für die Facharztprüfung
- Zeigen Sie Struktur in Denken und Handeln.
- Beziehen Sie sich gelegentlich auf Ihre eigene Erfahrung.
- Diskutieren Sie verschiedene Lösungsansätze unter Verwendung einer eigenen Priorisierung.
- Rückfragen sind erlaubt.
- Gehen Sie auf aktuelle Entwicklungen ein.
- Es gibt viele Wahrheiten, begründen Sie die Ihre.
Nützliche Quellen
Den "Herold" praktisch auswendig zu lernen, wie Dr. Blank das seinerzeit gemacht hat, muss nicht unbedingt sein, kann aber auch nicht schaden. Sie sollten aber möglichst nicht nur allgemeinmedizinisches Lehrbuchwissen beherrschen, sondern auch orientiert sein über neue Erkenntnisse und wichtige Leitlinien (vgl. Kasten 2).
Hilfreiche Literatur
Internet:
- Nationale Versorgungsleitlinien
- AWMF-Leitlinien
- DEGAM S1-Leitlinien
- Arzneimitteltelegramm
- Arzneimittelbrief
- Infomed-screen
Bücher:
- Michael M. Kochen: Allgemeinmedizin und Familienmedizin
- Mader: Allgemeinmedizin und Praxis
- Gesenhues: Praxisleitfaden Allgemeinmedizin
- Reinhold Klein: 100 Fälle Allgemeinmedizin
- Dietmar Jobst: Facharztprüfung Allgemeinmedizin
- Lohnstein, Eras-Kalisch, Hammersbacher: Prüfungsguide Allgemeinmedizin
Kasten 2
Ein Tipp vom Prüfungs-Experten: "Nehmen Sie sich immer mal wieder einen Studenten in die Praxis. Wenn Sie dem etwas erklären, üben Sie damit gleichzeitig strukturiertes Denken."
Autor:
Dr. med. Vera Seifert
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Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (2) Seite 46-48
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.