Gesundheitskarte Ungeliebt, aber unabwendbar
An erster Stelle steht also: Die alte Chipkarte gilt ab Januar für GKV-Versicherte nicht mehr als gültiger Nachweis, um Leistungen in Anspruch zu nehmen. Auch das aufgedruckte Gültigkeitsdatum der alten Krankenversichertenkarte hat dadurch keine Bedeutung mehr. Das bedeutet, dass Karten mit einem längeren Gültigkeitsdatum nicht mehr verwendet werden dürfen. Die Krankenversichertenkarte ist dann nur noch für Versicherte sogenannter sonstiger Kostenträger (z. B. Heilfürsorge) sowie im Rahmen der Privatversicherung zulässig.
Alte Karten können nicht mehr gelesen werden
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat angekündigt, dass sie technische Maßnahmen veranlassen wird, damit alte Karten ab Januar für GKV-Versicherte von den Kartenlesegeräten in den Praxen auch nicht mehr eingelesen werden können.
Da man realistischerweise davon ausgehen darf, dass auch nach dem 1. Januar 2015 noch Patienten die Arztpraxen aufsuchen werden, die noch keine eGK besitzen oder aber fälschlicherweise noch die alte Krankenversichertenkarte verwenden, obwohl sie eigentlich eine eGK haben, hat man dafür das folgende Verfahren vereinbart.
Kann der Patient auch auf Nachfrage keine eGK vorlegen und die Behandlung ist nicht verschiebbar, dann hat der Patient 10 Tage Zeit, eine gültige Karte nachzureichen. Tut er dies nicht, kann der Arzt eine Privatvergütung für die Behandlung verlangen. Das Ersatzverfahren ist in diesem Fall nicht möglich.
Das Ersatzverfahren
Das Ersatzverfahren tritt in Kraft, wenn die Gesundheitskarte nicht verwendet werden kann. Das ist der Fall, wenn:
- der Versicherte die Krankenkasse oder die Versichertenart gewechselt hat, aber noch die alte Karte vorlegt,
- die Karte, das Kartenterminal oder der Drucker defekt ist,
- für Hausbesuche kein mobiles Kartenlesegerät zur Verfügung steht und keine in der Praxis vorgefertigten Formulare verwendet werden können.
Im Ersatzverfahren benötigt der Arzt folgende Daten für die Abrechnung und für Vordrucke wie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Rezepte:
- Krankenkasse,
- Name, Geburtsdatum und Postleitzahl des Versicherten,
- Versichertenart (Mitglied, Familienversicherter, Rentner) und nach Möglichkeit Krankenversichertennummer.
Dafür kann der Arzt auf Unterlagen in der Patientendatei und Angaben des Versicherten zurückgreifen. Dieser muss durch seine Unterschrift auf dem Abrechnungsschein bestätigen, dass er Mitglied der Krankenkasse ist.
Wenn es im weiteren Verlauf des Quartals doch noch möglich ist, die Gesundheitskarte des Patienten einzulesen, stellt der Arzt einen neuen Abrechnungsschein aus. Den Schein aus dem Ersatzverfahren kann er anheften.
Legt der Patient bis zum Ende des Quartals seine Gesundheitskarte vor, die zum Zeitpunkt der Behandlung gültig war, muss der Arzt dem Patienten das Geld zurückzahlen. Dies gilt auch,
falls die Krankenkasse des Versicherten bis zum Ende des Quartals nachweist, dass zum Zeitpunkt der Behandlung ein Leistungsanspruch bestand. Der Arzt rechnet die Behandlung dann wie gewohnt als Kassenleistung ab.
Der Arzt kann seinem Patienten während dieser Zeit Arznei-, Verbands-, Heil- und Hilfsmittel privat verordnen. Dazu muss er auf dem Privatrezept "ohne Versicherungsnachweis" vermerken. Der Patient trägt die Kosten selbst, kann aber versuchen, sich das Geld von seiner Krankenkasse erstatten zu lassen. Eine Ausnahme hierfür gilt bei Notfallbehandlungen. Kann der Patient hier keine eGK vorlegen, darf der Arzt das Ersatzverfahren anwenden.
Bereits erfasste Daten können genutzt werden
Wenn ein Patient in einem Quartal bereits seine Gesundheitskarte vorgelegt hat, er nun erneut kommt und dabei seine Karte nicht gelesen werden kann, dann darf der Arzt die benötigten Daten aus der Patientenstammdaten ziehen, die er bereits mit der Gesundheitskarte des Patienten erstellt hat.
Was passiert mit den Versichertendaten?
Die Versichertendaten, die auf der alten Krankenversichertenkarte und der neuen eGK gespeichert sind und jeweils in die Praxissoftware übertragen werden, unterscheiden sich in ihrem technischen Format. Die Hersteller der Praxissoftware sollten rechtzeitig die technischen Schnittstellen auf die eGK umgestellt haben. Die Versichertenstammdaten können sich also in einigen Details visuell geringfügig vom alten Erscheinungsbild in der jeweiligen Praxissoftware unterscheiden.
Informationen zur Identitätsprüfung
In einem aktuellen Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel die Fotopflicht für die eGK bestätigt. Geklagt hatte ein Mann aus Nordhessen. Er hatte sich geweigert, seiner Krankenkasse ein Foto zukommen zu lassen. Die Klage wurde abgewiesen mit der Begründung, dass die Fotopflicht sowie die Speicherung der Stammdaten zwar ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung seien, dieses Recht aber nicht schrankenlos gelte. Die eGK sei in ihrer gegenwärtigen Gestalt durch überwiegende Allgemeininteressen gerechtfertigt, so die BSG-Richter. Das Foto sei geeignet, den Schutz vor missbräuchlicher Inanspruchnahme von Krankenkassenleistungen zu verbessern. Dies gelte auch für den vorgesehenen Versichertenstammdaten-Abgleich.
Mit dem Foto auf der eGK hat der Gesetzgeber also ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal zum Schutz vor Kartenmissbrauch eingeführt. Dabei sind nun aber auch die Arztpraxen gefordert: Um einem möglichen Regressrisiko bei erkennbar ungültigen Versicherungsverhältnissen vorzubeugen, wurde nämlich eine Identitätsprüfung vereinbart. Diese Überprüfung beschränkt sich auf offensichtliche Unstimmigkeiten zwischen der vorgelegten Karte und der Person hinsichtlich des Alters, des Geschlechts und des aufgebrachten Fotos. Bei Verdacht auf Missbrauch ist der Arzt berechtigt, die Karte einzuziehen und die zuständige Krankenkasse zu informieren.
Ausnahmen von der Fotopflicht
Bei der Fotopflicht hat der Gesetzgeber einige Ausnahmen zugelassen. So gilt die eGK auch ohne Foto für Kinder unter 15 Jahren. Die Ausnahmeregelung umfasst zudem alle Versicherten, die an der Erstellung eines Fotos nicht mitwirken können. Gemeint sind damit unter anderem pflegebedürftige Personen in Altenheimen oder geschlossenen Einrichtungen. Bei den Jugendlichen unter 15 Jahren gilt es zu beachten, dass die Krankenkassen nicht vorsehen, deren eGK auszutauschen, wenn sie die Altersgrenze überschritten haben. Das heißt, deren Gesundheitskarte ist dann auch nach dem 15. Lebensjahr ohne Foto ein gültiger Versicherungsnachweis.
Achtung Regressgefahr
Legt also ein Patient die Gesundheitskarte mit Lichtbild vor, muss das Praxisteam die Identität des Versicherten anhand des Fotos, des Alters und des Geschlechts überprüfen. Fällt die Prüfung positiv aus, darf die Karte eingelesen werden.
Legt der Patient eine Gesundheitskarte mit Lichtbild vor, die erkennbar und offensichtlich nicht dem Patienten zuordenbar ist, dann darf die Karte nicht eingelesen werden. Geschieht dies doch, so erfolgt keine Haftung von Kassenseite für das Honorar und es ist ein Regress möglich.
Legt der Patient eine Gesundheitskarte vor, die für den Arzt nicht als falsch bzw. missbräuchlich verwendet erkennbar ist, und die Identitätsprüfung durch das Praxisteam ist positiv, so darf die Karte eingelesen werden. Die Krankenkasse haftet in diesen Fällen für die Honorierung.
Zusammengestellt nach Informationen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2014; 36 (20) Seite 28-32
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.