Was ist bei Kooperationen zu beachten?

Autor: Prof. Dr. med. Alexander P. F. Ehlers; Dr. Anke Moroder, Foto: thinkstock

Am 14. April hat der Bundestag das Antikorruptionsgesetz verabschiedet. Am 13. Mai soll es im Bundesrat behandelt werden. Wesentliche Änderungen sind nicht zu erwarten, da es kein zustimmungspflichtiges Gesetz ist.

Wer die neuen Vorschriften, insbesondere § 299a StGB und § 299b StGB (Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen) genau liest, wird feststellen, dass die nun strafrechtlich sanktionierten Verhaltensweisen auch bisher schon untersagt waren. Eine tatsächliche Änderung des Unrechtsgehaltes hat insoweit nicht stattgefunden.

Auf den letzten Metern des Gesetzgebungsverfahrens sind zwei Tatbestandsmerkmale des ursprünglichen Entwurfs weggefallen: Erstens ist nun nicht mehr die Abgabe von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten strafbar; das Gesetz beschränkt sich auf die Verordnungshandlung. Dass Apotheker bei der Abgabe von Arzneimitteln und anderen Produkten hiernach keine Strafbarkeit fürchten müssen, ist nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, haben sie doch eine Schlüsselposition bei der Auswahl medizinischer Produkte inne – man denke nur an die Aut-idem-Substitution.

Zweitens ist entfallen, dass die Verletzung der Pflicht zur heilberuflichen Unabhängigkeit unter Strafe stehen soll. Dies genügte letztlich den Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot nicht: Es war nicht klar, welche konkreten Handlungen strafbar sein sollten – auch wenn in einschränkender Auslegung eine Lösung gefunden worden wäre.

Trennung, Transparenz, Dokumentation, Äquivalenz

Was bedeuten die neuen Strafvorschriften nun in der Praxis? Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die "unlautere Bevorzugung" und die Beurteilung, ab wann tatsächlich ein unangemessener Zusammenhang zwischen Verordnungsentscheidung und Vorteilsgewährung bzw. eine Verletzung des fairen Wettbewerbs besteht, auch in Zukunft nach den allgemeinen, korruptionsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen sein wird:

  • Es bedarf also einer strikten Trennung von Verordnungs- und Umsatzgeschäften (Trennungsprinzip).
  • Die Anzeige gegenüber dem Dienstherrn und die Genehmigung einer Handlung können erforderlich sein (Transparenzprinzip).
  • Es bedarf eines schriftlichen Vertrages (Dokumentationsprinzip).
  • Leistung und Gegenleistung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen (Äquivalenzprinzip).


Sinn und Zweck der Kooperation sowie deren Ausgestaltung und Vergütung müssen also nach wie vor diesen Kriterien entsprechen.

Zusammenarbeit von Ärzten und Industrie ist erwünscht

Allerdings hat für Irritation gesorgt, dass hinsichtlich "ausdrücklich politisch gewollter Kooperationsformen" nur auf diejenigen Modelle Bezug genommen wurde, die das SGB V ausdrücklich vorsieht. Daraus ist teilweise geschlussfolgert worden, dass alle anderen Kooperationsformen nun strafbar seien. Die berufliche Zusammenarbeit von Ärzteschaft und Industrie, z.B. bei Anwendungsbeobachtungen, wäre nach reiner Lesart des Wortlauts der neuen Vorschrift bereits eine strafrechtsrelevante Handlung.

Allerdings sollen ausweislich der Gesetzesbegründung solche Kooperationsformen ausdrücklich nicht unter Strafe gestellt und auch weiterhin gefördert werden; auch nach bislang geltendem Recht der einschlägigen Kodizes zur Selbstverpflichtung, sozialrechtlicher Bestimmungen bzw. dem Berufsrecht war gegen derartige Formen der Kooperation nichts einzuwenden.

Es bedarf also auch in Zukunft einer klaren Abgrenzung zwischen Kooperationsformen, die Leistung und Gegenleistung in ein angemessenes Verhältnis zueinander stellen sowie strikt zwischen Verordnungs- und Umsatzgeschäften trennen; solch eine Zusammenarbeit ist nach wie vor unbedenklich und erwünscht.

Anders ist dies in Zukunft bei Kooperationsformen, die beispielsweise zum Gegenstand haben, strikte Voraussetzungen von klinischen Prüfungen und Anwendungsbeob­achtungen zu umgehen und die kos­tenlose Abgabe von Arzneimitteln oder Medizinprodukten mit Erprobungsprojekten zu rechtfertigen.

Gesetz sieht Geld- und Freiheitsstrafen vor

Was sich tatsächlich in Zukunft ändert, ist die Sanktionierung; es handelt sich nun um Strafvorschriften mit Geld- oder Freiheitsstrafen. Ebenso relevant dürfte sein, dass etwaige Rechtsverstöße nicht mehr durch berufsrechtliche Kammern verfolgt werden, sondern eine originäre Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft besteht. Nicht zuletzt die Konsequenz und Professionalität der Ermittlungen dürften einen Unterschied darstellen, weshalb man aus anwaltlicher Vorsicht nur dazu raten kann, "ungewöhnliche Kooperationsformen" einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.



Quelle: Expertenkommentar