GOÄ-Novelle Was wird sie bringen?

Gesundheitspolitik Autor: Ingolf Dürr

© axentis.de / Georg J. Lopata

Eine Reform der über 30 Jahre alten Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) ist längst überfällig. Seit Jahren bemüht man sich daher um eine Novellierung. Und diese schien nun zum Greifen nahe, denn die Verhandlungen zwischen der Bundesärztekammer (BÄK) und dem Verband der Privaten Krankenversicherungen (PKV) näherten sich wohl ihrem Ziel. Doch dann rumorte es in der Ärzteschaft beträchtlich. Ein Sonderärztetag Ende Januar sollte die Lage entspannen.

Grund für den außerplanmäßig angesetzten Ärztetag am 23. Januar 2016 war, dass sich viele Ärzte und ihre Standesvertreter nicht ausreichend über die Inhalte der geplanten neuen GOÄ informiert fühlten. Unkoordinierte Wasserstandsmeldungen aus den Verhandlungen hatten eher für mehr Unruhe gesorgt, als die Gemüter beruhigt. Die Zweifel mehrten sich, ob die neue GOÄ die Erwartungen erfüllen würde: mehr Transparenz, mehr Abrechnungssicherheit und mehr Verständlichkeit.

Bekommt die PKV mehr Einfluss?

Zwischenzeitlich hatte sich dann auch der SPD-Gesundheitspolitiker Prof. Karl Lauterbach zu Wort gemeldet und die Novellierung der GOÄ grundsätzlich infrage gestellt, da sie nur die Zwei-Klassen-Medizin zementieren würde. Höchste Zeit also, die weitere Zukunft der GOÄ-Verhandlungen zu klären, bevor die Politik möglicherweise noch einmal dazwischenfunkt.

Was ist die GeKo?

Heftige Kritik entflammte vor allem an der Einrichtung einer neuen, sogenannten gemeinsamen Kommission. Welche Aufgaben diese haben soll, erläuterte der BÄK-Verhandlungsführer Dr. med. Bernhard Rochell:

  • Die Entscheidungen der GeKo haben Empfehlungscharakter, was dem bisherigen Konsultationsausschuss entspräche.
  • Jenseits gemeinsamer Empfehlungen können sowohl die BÄK als auch Kos- tenträger einseitige Abrechnungsempfehlungen veröffentlichen.
  • Die BÄK könne in der GeKo nicht überstimmt werden. Bei fehlendem Einverständnis erhält das Bundesministerium für Gesundheit eine Vorlage mit 2 unterschiedlichen Standpunkten für die Weiterentwicklung der GOÄ.
  • Mit der GeKo werde somit ein strukturiertes Empfehlungsverfahren zur Weiterentwicklung der GOÄ implementiert, in dem Empfehlungen nur mit Zustimmung der BÄK zustande kommen. Änderungen in der GOÄ seien nur auf dem Verordnungsweg durch die Bundesregierung möglich.

Und in der Tat stärkte der Sonderärztetag dann auch der Bundesärztekammer den Rücken. Die Kritiker – darunter auch der Deutsche Hausärzteverband (DHÄV) – konnten sich mit ihren Bedenken, dass durch die Novellierung das individuelle Arzt-Patienten-Verhältnis eingeschränkt werden und die Privatmedizin zu nahe an die Kassenmedizin heranrücken könnte, nicht durchsetzen. Ein Dorn im Auge ist ihnen vor allem auch die vorgesehene Einführung einer Gemeinsamen Kommission zur Weiterentwicklung der GOÄ, kurz GeKo, an der der PKV-Verband maßgeblich beteiligt sein soll (siehe Kasten). Die Befürchtung ist, dass darüber die privaten Krankenversicherer Einfluss auf Fragen bekommen, die ausschließlich die Patienten und die behandelnden Ärzte betreffen.

Kompromiss wird geprüft

Nach dem Beschluss des Sonderärztetags darf die BÄK nun den bisher in den Verhandlungen erreichten Kompromiss prüfen. Für die Zustimmung müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Die neue GOÄ erfüllt weiterhin eine doppelte Schutzfunktion für Patienten und Ärzte: Durch das Festlegen ausgewogener Preise werden die Patienten vor finanzieller Überforderung geschützt und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet.

2. Durch das Festlegen nicht unterschreitbarer Gebührensätze unter Berücksichtigung gerechtfertigter Ausnahmefälle werden die notwendigen Voraussetzungen einer menschlichen und qualitativ hochwertigen Patientenversorgung gewährleistet.

3. Das Gebührenverzeichnis der neuen GOÄ entspricht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft. Darin noch nicht abgebildete innovative Leistungen können wie bisher ohne Verzögerung durch die behandelnden Ärzte erbracht und analog mittels gleichwertiger vorhandener Gebührenpositionen abgerechnet werden.

4. Abweichende Honorarvereinbarungen sind weiterhin möglich.

5. Gehalts- und Kostenentwicklungen einschließlich des Inflationsausgleichs sind bei der Festlegung der Euro-Preise der Gebührenpositionen der neuen GOÄ und deren künftig fortlaufender Überprüfung und Anpassung in einem fairen Interessenausgleich mit den nach § 11 BÄO "zur Zahlung der Entgelte Verpflichteten" zu berücksichtigen. Die Festlegung und Weiterentwicklung der Euro-Preise der neuen GOÄ soll unter Erhalt ihrer Doppelschutzfunktion auch im Vergleich mit der Anpassungshöhe und den Anpassungsintervallen anderer Gebührenordnungen freier Berufe angemessen sein.

6. Die Bundesärztekammer verständigt sich mit dem BMG, dem PKV-Verband und der Beihilfe darauf, während der geplanten 36-monatigen Monitoringphase im Anschluss an die Inkraftsetzung der neuen GOÄ eventuelle Inkongruenzen hinsichtlich der Abrechnungsbestimmungen, der Legenden und Bewertungen der Gebührenpositionen unter Anhörung der ärztlichen Verbände und Fachgesellschaften zu identifizieren und zu beheben. Die Praktikabilität und die Angemessenheit der neuen Steigerungssystematik werden überprüft und dabei festgestellte Mängel behoben. Die Ergebnisse der Prüfungen und die daraufhin ergriffenen Maßnahmen werden durch die Bundesärztekammer fortlaufend veröffentlicht.

Das meint unser Abrechnungsexperte Dr. med. Gerhard Bawidamann:

Nach langen Jahren der Diskussion scheint jetzt doch eine Reform der GOÄ bevorzustehen. Zumindest der Paragraphenteil und eine damit korrespondierende Änderung der Bundesärzteordnung scheinen in einer mehr oder weniger fertigen Fassung vorzuliegen.
Im Folgenden kurz die geplanten wesentlichen Änderungen

  • Die Bundesärzteordnung legt im § 11a die Einrichtung einer gemeinsamen Kommission fest, deren Zuständigkeit die Weiterentwicklung der GOÄ sein wird (Analogbewertung, Aufnahme neuer Leistungen). Zusammengesetzt wird sie aus 4 Vertretern der Bundesärztekammer, 2 Behördenvertretern und 2 Vertretern vom Verband der Privaten Krankenversicherer, womit erstmals die PKV mitbeteiligt ist an der Ausgestaltung der GOÄ.
  • Die GOÄ wird künftig einen einheitlichen Gebührensatz festlegen, der nicht unterschritten werden darf. Die unsäglichen Debatten, warum statt des Einfachsatzes der 2,3-fache Satz routinemäßig zum Ansatz kommt, gehören damit der Vergangenheit an.
  • Die Steigerung mit Begründung ist künftig bis zum 2-fachen dieses Satzes möglich (§ 5 GOÄ Entwurf). Um Unklarheiten zu vermeiden, wird künftig eine Positivliste existieren mit Umständen, welche diese Steigerung rechtfertigen, sowie eine Negativliste mit Vorgaben, wo dies nicht möglich ist (§ 5 Absatz 2).
  • Die Abrechnung von Analogziffern (für die Erbringung bisher nicht in die GOÄ aufgenommener Leistungen) wird auch künftig möglich sein (§ 6 Absatz 2 GOÄ).

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Neue GOÄ noch bis 2017?

Mit Blick auf die Querschüsse aus der SPD sprach der Sonderärztetag abschließend die Hoffnung und Erwartung aus, dass die Politik die dringend notwendige GOÄ-Novelle nun nicht dem gerade beginnenden Bundestagswahlkampf opfert, sondern sie noch in der laufenden Legislaturperiode in Kraft setzt.

Dr. Ingolf Dürr

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (3) Seite 28-30
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

BÄK-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery verteidigt die bisherigen GOÄ-Verhandlungen BÄK-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery verteidigt die bisherigen GOÄ-Verhandlungen © axentis.de / Georg J. Lopata