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Wenn Männer im Kreißsaal zu Nervensägen werden

Autor: Maria Weiß, Foto: Fotolia/Jandrie Lombard

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Bis vor 300 Jahren war die Geburt eine reine Frauensache – heute sind nicht nur männliche Geburtshelfer mit dabei, sondern auch 95% der Väter. Eine speziell auf die Herren zugeschnittene Geburtsvorbereitung kann dazu beitragen, dass sie im Kreißsaal nicht zum Störfaktor werden.

Erst seit knapp 40 Jahren begleiten Väter die Frauen zur Geburt, sagte Dr. Wolf Lütje, Geburtshelfer an der Frauenklinik des Ev. Amalie Sieveking-Krankenhauses Hamburg und selbst Vater von sechs Kindern. Der heilige Joseph war in dieser Beziehung wohl einsamer Vorreiter. Heute sind 95% der Männer bei der Geburt ihres Kindes dabei, 80% gehen mindestens einmal mit zur Hebamme oder zum Arzt, 60% nehmen an Geburtsvorbereitungskursen teil.

Auch der Anteil türkischer Männer, die bei der Geburt dabei sind, steigt an und liegt inzwischen bei 75%. Die Frauen scheinen es zu begrüßen: Bei der Frage, was ihnen bei der Geburt am meisten geholfen hat, kommt der Kindsvater nach der Hebamme an zweiter Stelle. Der Arzt belegt nach der PDA Platz vier.

Der einzige Laie im Saal?
 Eine undankbare Rolle!

Auch wenn man weiß, dass geburtsbegleitende Männer bessere Väter werden, gibt es im Kreißsaal immer wieder Situationen, wo der Mann sich eher als Störenfried entpuppt, so die Erfahrung des Geburtshelfers. Bemerkungen von Gebärenden wie "Wenn du noch einmal mit dem Butterbrotpapier raschelst, fliegst du raus" sprechen eine deutliche Sprache. Und Bemerkungen wie "Wir wollten doch keine PDA, Schatz" tun der leidenden Frau nicht gut.

Das Problem: Viele Männer können schlecht damit umgehen, der einzige "Laie" unter offensichtlichen "Experten" zu sein. Sie wollen mehr Kontrolle über den Vorgang. Dr. Lütje plädiert daher für geburtsvorbereitende Crash-Kurse nur für Männer mit einem eigenen klaren und knappen Setting. Vier einfache Botschaften werden hier vermittelt:

  • Deine Frau wird während der Geburt eine andere sein (dich evtl. beschimpfen und anschreien).

  • Es geht nicht um Hilfe, sondern um "Nichtstören" (Falle nicht zur Last, entfalte Aktivitäten nur auf Zuruf der Frau, halte den Mund).

  • Es gibt nichts zu tun (Der "Werkzeugkoffer" bleibt zuhause).

  • Halte Hilflosigkeit, Ohnmacht und Angst aus.

Manchmal ist der Kopf des Mannes das eigentliche Geburtshindernis und die Geburt geht voran, wenn man ihn mal kurz rausschickt, so die Erfahrung des Geburtshelfers. Und wenn der Mann dann doch lieber draußen bleibt, ist das nicht unbedingt feige und lieblos, sondern mitunter vernünftig und hilfreich. 


Quelle: DGPPN*-Kongress 2015

*Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde

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