Bearbeitungsfristen Wie gut funktioniert die Anerkennung ausländischer Medizinabschlüsse?

Gesundheitspolitik Autor: Anouschka Wasner

Immer mehr Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland arbeiten in Deutschland. Immer mehr Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland arbeiten in Deutschland. © Iryna - stock.adobe.com

Immer mehr Ärztinnen und Ärzte mit ausländischem Abschluss arbeiten in Deutschland. Wie läuft die Anerkennung ab – und wo hakt es noch?

Immer mehr Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland arbeiten in Deutschland. Wie werden deren Abschlüsse geprüft, wie die Deutschkenntnisse? Dr. Jürgen Hoffart, Hauptgeschäftsführer der LÄK Rheinland-Pfalz, ist seit Jahren persönlich an der Konzeptionierung und Durchführung der Fachsprachprüfungen beteiligt.

Etwa 68.000 Personen mit einem medizinischen Abschluss aus dem Ausland arbeiten derzeit in Deutschland – eine Verdoppelung innerhalb von nur zehn Jahren. „Das zeigt, dass wir diese Kolleginnen und Kollegen zur Unterstützung brauchen“, sagt Dr. Jürgen Hoffart, Hauptgeschäftsführer der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz. 

Gleichzeitig kritisiert er das Versäumnis der Politik, nicht rechtzeitig auf die Warnungen der Ärztekammern reagiert zu haben. Bereits 2007 hatte die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz eine Erhöhung der Studienplatzzahlen gefordert – da ein neuer Studienplatz erst nach zwölf Jahren in der Versorgung wirksam wird, war der kommende Mangel nur allzu sehr absehbar. Mit dem Zuzug von ausländischen Ärztinnen und Ärzten wird heute zwar ein Teil der fehlenden Stellen besetzt. Aber diese Tausende Fachkräfte, die nach Deutschland gekommen sind, „die fehlen ja auch in den Ländern, in denen sie ausgebildet wurden“, so Dr. Hoffart.

Die meisten ausländischen Ärztinnen und Ärzte kommen aus arabischen Staaten, insbesondere aus Syrien, Ägypten, Iran und Libyen. Früher sind auch viele Medizinerinnen und Mediziner aus den ehemaligen russischen Gebieten nach Deutschland gekommen. Diese Zahlen sind aber aufgrund der politischen Situation rückläufig, wie auch die der Bewerberinnen und Bewerber aus europäischen Staaten. 

Was das Bundeskabinett im Gesetzentwurf anstrebt

Das Bundeskabinett hat am 1. Oktober 2025 einen Gesetzentwurf beschlossen, der die Anerkennung ausländischer Ärzte beschleunigen soll. Die wichtigsten Änderungen sind:

 

  • Statt aufwendiger Gleichwertigkeitsprüfung der Unterlagen soll künftig standardmäßig eine Kenntnisprüfung stattfinden.
  • Die Bearbeitungsfristen sollen sich verkürzen, die Behörden schneller entscheiden können.
  • Es sollen weniger Unterlagen erforderlich sein, die vorzulegenden Dokumente werden reduziert.
  • Über die Teilberufserlaubnis soll eine fachspezifisch begrenzte Arbeitserlaubnis ohne volle Approbation möglich werden.
  • Unter bestimmten Umständen soll über eine Härtefallregelung eine dauerhafte Berufserlaubnis auch ohne bestandene Kenntnisprüfung erteilt werden können.

Verfahren braucht mehr Zeit, als wirklich notwendig ist

Wer aus Nicht-EU-Ländern kommt, muss sich seinen Abschluss individuell anerkennen lassen. Das Verfahren hierzu ist langwierig und aufwendig und bedeutet Stress für die Bewerberinnen und Bewerber genauso wie für die zuständigen Stellen. Schon seit Jahren werden deswegen Verbesserungen des Prozedere gefordert. 

Positiv zu sehen ist, dass die Antragstellenden während der Anerkennungsphase mit einer Berufserlaubnis in Kliniken arbeiten dürfen. Problematisch sei dabei jedoch, wenn ausländische Ärztinnen und Ärzte nur als „billige Arbeitskräfte zum Löcherstopfen“ betrachtet werden, sagt Dr. Hoffart. Für eine erfolgreiche Integration ausländischer Ärztinnen und Ärzte sieht er vor allem die Arbeitgeber in der Pflicht. Kliniken müssten sich intensiv um diese Kolleginnen und Kollegen kümmern, Fortbildungsangebote bereitstellen und sprachliche Unterstützung bieten.

Deswegen wurde in Rheinland-Pfalz diese Möglichkeit der Assistenztätigkeit im vergangenen Jahr ausgeweitet: Ärztinnen und Ärzte mit Berufserlaubnis dürfen seitdem auch in Praxen arbeiten. Diese von der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz initiierte Regelung bewertet Dr. Hoffart sehr positiv: „Wir haben im niedergelassenen Bereich ein wesentlich besseres Betreuungsverhältnis, häufig ein 1-zu-1- oder 1-zu-2-Verhältnis.“ Diese Zahlen erreiche man im stationären Bereich fast nie. Gerade für Anfängerinnen und Anfänger, die noch Sprachprobleme haben und aus anderen Kulturkreisen kommen, sei das ideal für die ersten Erfahrungen.
Rheinland-Pfalz war auch das erste Bundesland, das bereits im Jahr 2012 eine Fachsprachenprüfung für ausländische Ärztinnen und Ärzte einführte. Dr. Hoffart, der diese Prüfungen seit vielen Jahren persönlich abnimmt, betont deren Bedeutung: „Ohne Sprache funktioniert keine Medizin. Wenn Sie nicht unterscheiden können, hat er Bauchschmerzen oder Brustschmerzen gesagt, wird es natürlich schwierig.“ 

Hohe Durchfallquote heißt hier auch hoher Anspruch

Die Prüfung orientiert sich am europäischen Sprachrahmen C1 und umfasst mehrere Teile: Vokabelübersetzungen, ein Arzt-Patienten-Gespräch mit Anamnese, die Bearbeitung von Befundberichten und ein Abschlussgespräch. Mit einer Durchfallquote von fast 40 % ist die Prüfung durchaus anspruchsvoll.

Am 1. Oktober 2025 hat das Bundeskabinett ganz aktuell einen Gesetzentwurf zur Neuregelung der Anerkennung beschlossen. Eines der wichtigen Ziele ist die Verkürzung der Bearbeitungsfristen in den Behörden, was natürlich auch von Dr. Hoffart begrüßt wird. Künftig soll deswegen anstelle der aufwendigen Gleichwertigkeitsprüfung anhand von Unterlagen die Kenntnisprüfung der Regelfall werden. 

Wenn Sie mehr dazu wissen wollen, warum dieser Gesetzesentwurf grundsätzlich begrüßt wird, Standesvertretungen aber trotzdem große Bedenken gegenüber z. B. einer Teilberufserlaubnis und ihren Auswirkungen etwa auf das Haftungsrecht haben – dann hören Sie unsere aktuelle Folge von O-Ton-Allgemeinmedizin