Anzeige

Wir Ärzte sollten wissen, was wir verdienen

Autor: Dr. Günter Gerhardt

Anzeige

Medienauftritte zu Honorarfragen brauchen Substanz, betont

MT-Kolumnist Dr. Günter Gerhardt.

Wissen wenigstens wir Ärzte, was wir verdienen? Mitnichten! Die in den letzten Wochen geführte mediale Honorardiskussion hat mich veranlasst, dieses Thema aufzugreifen.
Zu unserem Selbstschutz möchte ich mit einer To-do-Liste beginnen:

1. Jede Ärztin/ jeder Arzt in freier Praxis muss die betriebswirtschaftliche Lage der eigenen Praxis kennen – für ein eigenes Risikomanagement (s.u.) und um fundiert Fragen zum Arzteinkommen beantworten zu können. Das gilt auch für Ärztefunktionäre. Ansonsten sollte man bitteschön darüber schweigen.

2. Wir brauchen Ärztinnen und Ärzte, die das Wissen über diese schwierige Materie haben und die für mediale Auftritte geschult sind.

3.Wir müssen uns künftig mit eigenen Medien schnell informieren und wehren können.


Ad 1: Gehören auch Sie zu denjenigen, die einen vom Steuerberater berechneten Einnahmenüberschuss mit echtem Gewinn gleichsetzen? Sie befinden sich in guter Gesellschaft: Auch das Statistische Bundesamt verwendet diese steuerliche Ergebnisrechnung für seine Durchschnittszahlen zu Ärzteeinkommen. Klar, das ist dann hoch genug, um ein Jammern auf hohem Niveau nahezulegen.

»Kalkulatorische Kosten der Praxis berücksichtigen«

Ich vermute, dass sich auch der erweiterte Bewertungsausschuss von diesem Argument bei seinem aktuellen Schiedsspruch, den die KBV als „Notoperation“ bezeichnet, hat leiten lassen. Für eine betriebswirtschaftlich korrekte Analyse von Umsätzen, Kosten und Ergebnissen (Gewinn oder Verlust) ist die Einnahmeüberschussrechnung jedoch ungeeignet. Sie spiegelt nicht vollständig die reale Situation einer Praxis wider. Die aber brauchen wir, um eine unangreifbare Datenbasis zu schaffen, und um eine transparente Steuerungsmöglichkeit zu bekommen.


Mit dieser betriebswirtschaftlichen Ergebnisrechnung analysieren wir die Rentabilität unserer Praxis. Ohne sie landen wir schlimmstenfalls in der Insolvenz. Wir brauchen sie auch für ein zeitgemäßes Praxis-Risikomanagement. Daran anschließen muss sich die Liquiditätsanalyse und die Kosten-Leistungsanalyse.


Zur betriebswirtschaftlichen Ergebnisrechnung und Kosten- Leistungsanalyse gehören auch die kalkulatorischen Kosten, also die Selbstkostenkalkulation aller in einer Praxis anfallenden ärztlichen und sonstigen Leistungen, wie z.B. das kalkulatorische Arztgehalt, das Gehalt der mitarbeitenden Ehefrau sowie Investitions- und Personalkosten, die zum Risikofaktor werden können.


Diese Kosten sind den Honoraren pro Leistung gegenüberzustellen. Dabei gewinnt man spannende Erkenntnisse, nämlich ob mit Leistungen schwarze oder rote Zahlen geschrieben werden. Dass ein Großteil der GKV-Leistungen nicht kostendeckend vergütet wird, hat bereits in den 1990er-Jahren der Dipl.-Kfm. Otto Henker aus Reutlingen nachgewiesen. Und wenn heute ein Vertragsarzt wissen will, inwieweit er in der GKV-Sparte im Plus- oder Minus-Bereich arbeitet, dann kann diese Frage nur mit einer Kosten-Leistungsanalyse beantwortet werden.


Meines Erachtens wäre es eine der vornehmsten Aufgaben unserer KVen und der KBV, ihre Mitglieder bei der Erstellung solcher Kosten-Leistungsanalysen zu unterstützen – auch um bei kommenden Honorarverhandlungen mit Zahlen aufwarten zu können, die das betriebswirtschaftliche Ergebnis aus GKV-Leistungen widerspiegeln.


Ad 2: Nicht jeder Funktionär, ob KV-Vorsitzender oder Vorsitzender eines Berufsverbandes, ist in der Lage, offensiv und empathisch in den Medien zu argumentieren. Wir können es uns nicht länger leisten, Ärzte ohne Medientraining z.B. in Talkshows zu schicken, die dort „hart aber fair“ auf ärztefeindliche Journalisten sowie geschulte Vertreter der Kassen und Politik treffen.

»Erst nach einem Medientraining in die Talk-Show«

Und wenn es einer auch nach einer Schulung partout nicht schafft, kompetent und empathisch rüber zu kommen, dann sollte jemand anderes für ihn einspringen. Wenn ein Sender Experten für eine Sendung sucht, müssen wir auf einen Pool geeigneter Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen können. Für die Sache muss man die Eitelkeit hinten anstellen. Die Häme nach einem missglückten Auftritt ist jedenfalls nachhaltig belastender als das kurze Glücksgefühl im Fernsehen gewesen zu sein.


Ad 3: Die Ereignisse der letzten Wochen haben wieder einmal aufgedeckt, dass wir ein eigenes Instrument brauchen, um zu informieren und uns zu wehren. Es kann nicht sein, dass wir mehr oder weniger auf wohlwollende Journalisten angewiesen sind, die versuchen, unsere Situation so darzustellen, wie sie wirklich ist.


Wir sind nie die Agierenden, sondern immer nur die Reagierenden. Vor allem, wenn wir noch von sog. Kollegen an den Pranger gestellt werden. Was wir brauchen, sind eigene Medien. Überlegen Sie mal: Keine andere Berufsgruppe erreicht täglich so viele Menschen wie wir mit unseren Wartezimmern.

Anzeige