Patientenrechte Ziel verfehlt?
Niemand gibt sich gerne eine Blöße, dass er etwas nicht gut kennt, worüber er eigentlich bestens Bescheid wissen sollte. Ärzte bilden da keine Ausnahme. Und so behaupten auch 80 % der für den Gesundheitsmonitor befragten Ärzte, sie hätten gute bis sehr gute Kenntnisse von den Rechten ihrer Patienten. Besonders sicher über ihr Detailwissen sind sich da die Klinikärzte, was wohl damit zusammenhängt, dass in den Krankenhäusern dazu immer wieder Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt wurden. Bei den niedergelassenen Ärzten ist dieses Selbstbewusstsein nicht ganz so ausgeprägt. Sie müssen sich vorwiegend über Fachliteratur und Qualitätszirkel selbst um ihre Fortbildung kümmern.
Unkenntnis noch weit verbreitet
Ein tieferes Nachbohren zeigt jedoch, dass die konkreten Bestimmungen des Gesetzes von 2013 die Ärzteschaft noch nicht vollständig durchdrungen haben. So glauben nur 20 % jener Ärzte, die sich selbst als Experten in Fragen der Patientenrechte einschätzen, dass sie die meisten Bestimmungen des Gesetzes kennen würden. 48 % können sich zumindest grob über einige Bestimmungen orientieren. Aber immerhin ein Drittel der Ärzte kennt das Gesetz gar nicht oder bestenfalls nur vom Hörensagen.
Wonach fragen Patienten?
Auf die Frage, ob sie schon einmal von Patienten direkt auf Patientenrechte angesprochen wurden, antworteten 38 % der befragten Ärzte mit „Ja“. Überwiegend bezogen sich diese Fragen auf 2 Themen: die Einsicht in die Krankenunterlagen (77 %) und die Aufklärung über Behandlungsalternativen (40 %).
Nützlich oder überflüssig?
Sind die Patientenrechte durch das Gesetz nun tatsächlich gestärkt worden? Drei Viertel der befragten Ärzte sehen das so. Mehrheitlich herrscht aber gleichzeitig die Meinung vor, dass das Gesetz eher keine zusätzliche Rechtssicherheit für Ärzte mit sich gebracht habe. Insgesamt wird aus der Befragung auch deutlich, dass die Krankenhausärzte das Gesetz eher nützlich finden, die niedergelassenen Ärzte in den Praxen es aber für mehr oder weniger überflüssig halten. Als tatsächlich schädlich beurteilt aber nur eine kleine Minderheit das Gesetz.
Noch mehr Papierkram?
Eine der größten Befürchtungen vor Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes war, dass es zu noch mehr Bürokratie führen könnte. Haben sich diese Ängste bewahrheitet? Tatsächlich sagen rund zwei Drittel der befragten Ärzte, dass der zeitliche Aufwand für Dokumentation erheblich gestiegen ist.
Noch keine höhere Transparenz
Auf einen direkten Zusammenhang mit dem Patientenrechtegesetz lässt sich daraus allerdings nicht schließen, denn die Anforderungen z. B. zur Einsicht in Krankenunterlagen sind in den letzten beiden Jahren mehr oder weniger unverändert geblieben (Tabelle 1), wie die Befragung ebenfalls zeigt. Die von rund 90 % geäußerte höhere zeitliche Belastung spiegelt vermutlich mehr ein pauschales Ablehnungsgefühl der Ärzte gegenüber der überbordenden Bürokratie wider. So ist es aber wenig erstaunlich, wenn mehr als die Hälfte der Befragten urteilt: Das Ziel von mehr Transparenz und Rechtssicherheit hat das Gesetz (noch) nicht erreicht.
Hausärzte besonders aufgeschlossen?
Auch wenn die Kenntnis der Patientenrechte bei den Chirurgen, Orthopäden und Anästhesisten in den Kliniken besser sein sollte als in den Fachgebieten der hausärztlichen Versorgung, so betrachten die befragten Ärzte doch die Allgemeinärzte als jene Fachgruppe, die den Patientenrechten gegenüber besonders aufgeschlossen sein sollten (Abb. 1). Das könnte ja ein Ansporn sein.
Das Patientenrechtegesetz in Kürze
Ziel des PatRG ist es, Rechtssicherheit, Transparenz und die Durchsetzung der Patientenrechte zu gewährleisten. Das Gesetz regelt insbesondere den Behandlungsvertrag als neuen Gesetzestypus und Unterfall des Dienstvertrags. Die Regelungen betreffen die Qualität und Sicherheit der Behandlung, die ärztlichen Verpflichtungen zur Information von Patienten, die Dokumentationspflicht, das Recht auf Einsicht in die Krankenunterlagen und beweisrechtliche Fragen. Zusätzlich soll die Fehlervermeidungsstruktur und damit die Patientensicherheit gefördert und die Unterstützung von Patienten durch die Krankenversicherung verpflichtend gemacht werden.
Autor:
Dr. Ingolf Dürr
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (15) Seite 34-37
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.