Bei Heranwachsenden treten im „Loop“ allerdings häufiger Ketoazidosen auf

Dr.  Judith Lorenz

Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem Typ-1-Diabetes gelingt die Glukosekontrolle mit Hybrid-AID-Systemen besser als mit der SUP, so das Fazit der Forschenden. Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem Typ-1-Diabetes gelingt die Glukosekontrolle mit Hybrid-AID-Systemen besser als mit der SUP, so das Fazit der Forschenden. © Julia Anisimova - stock.adobe.com

Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Typ-1-Diabetes bieten Systeme zur hybriden automatisierten Insulindosierung (AID) gegenüber der sensorunterstützten Pumpentherapie (SUP) Vorteile hinsichtlich der glykämischen Kontrolle und der Vermeidung von Hypoglykämien. Allerdings geht ihre Anwendung mit einem erhöhten Risiko für diabetische Ketoazidosen einher, wie eine aktuelle Bevölkerungsstudie zeigt.

Sowohl Hybrid-AID-Systeme  als auch die SUP kombinieren ein kontinuierliches Glukosemonitoring mit einer Insulinpumpentherapie. Bei Hybrid-AID-Systemen steuert allerdings ein Algorithmus die Insulinabgabe in Abhängigkeit vom Glukosewert, während das Insulin bei einer SUP manuell abgegeben wird. 

Beide Strategien erleichtern es Menschen mit Typ-1-Diabetes, ihre Glukoseziele zu erreichen, berichtet Professor Dr. Beate Karges von der Sektion Endokrinologie und Diabetologie der RWTH Aachen. Gemeinsam mit weiteren europäischen Wissenschaftler*innen untersuchte sie im Rahmen einer Bevölkerungsstudie die Auswirkungen beider Strategien auf seltene, aber potenziell lebensbedrohliche Diabetes-Akutkomplikationen, also schwere Hypoglykämien und die diabetische Ketoazidose. Die Datenbasis hierzu lieferte die von der Universität Ulm betreute DPV-Initiative (DPV: Diabetes-Patienten-Verlaufsdokumentation). 

Das Analysekollektiv umfasste 13.922 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen zwei und 20 Jahren, die seit mindestens einem Jahr mit Typ-1-Diabetes lebten. Sie waren zwischen 2021 und 2023 an einem von 250 Zentren in Deutschland, Österreich, Luxemburg oder der Schweiz mit einem Hybrid-AID-System (n = 7.088) oder einer SUP (n = 6.834) behandelt worden. 

Hybrid-AID: viele Vorteile – aber auch ein erhöhtes Risiko

Die primären Studienendpunkte waren schwere Hypoglykämie (schwere kognitive Beeinträchtigung mit Eingreifen anderer Personen) sowie hypoglykämischer Schock (Hypoglykämie mit Bewusstseinsverlust oder Krampfereignissen) und diabetische Ketoazidose bzw. schwere diabetische Ketoazidose (pH-Wert < 7,3 bzw. 7,1 und/oder Bikarbonatkonzentration < 15 bzw. 5 mmol/l). Das mediane Alter der Studienteilnehmenden betrug 13,2 Jahre, 51 % waren männlich.

Im Verlauf der durchschnittlich 1,6 Jahre dauernden Beobachtungsphase zeigte sich: Bezüglich der Häufigkeit schwerer Hypoglykämien unterschieden sich die Hybrid-AID- und die SUP-Systeme nicht wesentlich (siehe Tabelle). Die mit einem Hybrid-AID-System behandelten Individuen erlitten allerdings signifikant seltener einen hypoglykämischen Schock als jene in der SUP-Gruppe. Insbesondere Personen mit einem HbA1c-Wert von weniger als 7,5 % schienen diesbezüglich zu profitieren. Hinsichtlich der Häufigkeit diabetischer Ketoazidosen erwies sich die Hybrid-Closed-Loop-Technologie dagegen als nachteilig. Besonders stark gefährdet waren diesbezüglich Heranwachsende mit einem HbA1c-Wert von 8,5 % oder höher (5,25 vs. 1,53 Ereignisse pro 100 Patientenjahre).

Vergleiche zwischen Hybrid-AID-Therapie und SUP
 Hybrid-AIDSUP
Schwere Hypoglykämie  
Rate pro 100 Patientenjahre5,596,63
Hypoglykämischer Schock  
Rate pro 100 Patientenjahre0,620,91
Diabetische Ketoazidose (pH < 7,3)  
Rate pro 100 Patientenjahre1,740,96
Schwere diabetische Ketoazidose (pH < 7,1)  
Rate pro 100 Patientenjahre0,480,33

Hinsichtliche der anhand des HbA1c-Werts objektivierten glykämischen Kontrolle hatte die halbautomatische Insulinpumpentherapie deutliche Vorteile (7,34 % vs. 7,50 %). Diejenigen, die Hybrid-AID-Systeme nutzten, verbrachten zudem anteilig signifikant mehr Zeit im Zielbereich zwischen 3,9 und 10,0 mmol/l oder 70 und 180 mg/dl (64 % vs. 52 %). Gleiches galt für die Zeit im engen Zielbereich von 3,9 und 7,8 mmol/l bzw. 70 bis 140 mg/dl (42 % vs. 31 %). Außerdem wiesen die Proband*innen in der Hybrid-AID-Gruppe eine signifikant geringere Blutzuckervariabilität auf (Variationskoeffizient 35,4 % vs. 38,3 %).

Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem Typ-1-Diabetes gelingt die Glukosekontrolle mit Hybrid-AID-Systemen besser als mit der SUP, so das Fazit der Forschenden. 

Erhöhtes Ketoazidoserisiko bei Hybrid-AID: Was ist der Grund? 

Zudem reduzieren diese Systeme effektiver das Risiko für hypoglykämisches Koma, wobei diesbezüglich offenbar insbesondere Individuen mit HbA1c-Werten < 6,5 % profitieren. Anlass zur Sorge gebe das erhöhte Ketoazidoserisiko bei Anwendung von Hybrid-AID-Loop-Systemen. Die Forschung müsse nun klären, welche Ursachen dieser Problematik zugrunde liegen – möglich sei eine unzureichende Insulinabgabe, etwa infolge technischer Fehlfunktionen oder von Anwendungsfehlern – und welche Strategien hiervor schützen. Hierbei denken die Forschenden an zusätzliche Schulungen, ein kontinuierliches Ketonmonitoring oder die technische Optimierung der Insulinabgabe-Algorithmen.

Quelle: Karges B et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2025 Feb; 13 (2): 88-96; DOI: 10.1016/S2213-8587(24)00284-5 

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Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem Typ-1-Diabetes gelingt die Glukosekontrolle mit Hybrid-AID-Systemen besser als mit der SUP, so das Fazit der Forschenden. Bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit einem Typ-1-Diabetes gelingt die Glukosekontrolle mit Hybrid-AID-Systemen besser als mit der SUP, so das Fazit der Forschenden. © Julia Anisimova - stock.adobe.com