
Die „Abnehmspritze“ allein reicht noch lange nicht aus

Die GLP1-Rezeptor-Agonisten Semaglutid und Tirzepatid führen in den meisten Fällen zu einer deutlichen Gewichtsabnahme. Die Medikamente sind wie das schwächer wirksame Liraglutid zur Adipositastherapie zugelassen und verschreibungspflichtig. Die Kosten von rund 300 Euro im Monat müssen die Patientinnen und Patienten aber selbst tragen – wozu viele bereit sind. Medienberichte und ein wahrer Hype in den sozialen Netzwerken dürften dazu beitragen, erklärt Prof. Dr. Hans Hauner von der TU München.
Nach zwöf Monaten mittlerer Gewichtsverlust von 10 kg
In der SELECT-Studie wurde nach zwölf Monaten ein mittlerer Gewichtsverlust von ca. 10 kg ermittelt. Danach blieb das Körpergewicht bei gleicher Dosierung über vier Jahre stabil. Nach dem Absetzen folge aber meist eine rasche Gewichtszunahme, warnt Prof. Hauner. Neben der Gewichtsreduktion wurde auch ein günstiger Einfluss auf den Blutzucker, auf kardiovaskuläre und renale Erkrankungen beobachtet. Zu beachten ist jedoch, dass es auch unter diesen Substanzen etwa 10 % Therapieversager gibt.
Das Nebenwirkungsprofil erscheint bisher eher günstig. Anfangs treten häufig leichte bis mittelschwere gastrointestinale Beschwerden auf. Diese werden im Verlauf schwächer oder verschwinden ganz. In sehr seltenen Fällen kam es bereits zu Gastroparesen, anderen Motilitätsstörungen und Pankreatitis.
Mit der Spritze allein ist es aber nicht getan, betont der Experte. Laut der aktuellen Adipositas-Leitlinie kommt die Pharmakotherapie erst in Betracht, wenn eine Ernährungs- und Bewegungstherapie sowie Verhaltensmodifikation nicht erfolgreich waren.
Bei reduzierten Kalorien mehr auf die Qualität achten
Auch wenn durch die Medikamente eine Gewichtsabnahme erreicht wird, sollte dies von Ernährungsfachleuten begleitet werden, so Prof. Hauner. Die reduzierte Kalorienaufnahme erfordert eine hohe Qualität der Ernährung. Einem Verlust an Muskelmasse kann man mit ausreichend Protein und körperlicher Aktivität entgegenwirken, am besten in Form von Krafttraining. Auch die Versorgung mit Mikronährstoffen ist wichtig. Manche Patientinnen und Patienten verlieren völlig das Interesse am Essen – bei ihnen gilt es, auf Zeichen einer Mangelernährung zu achten.
Die Herausforderungen für die Zukunft liegen dem Autor zufolge nicht zuletzt in den hohen Kosten. In den USA beenden 50 % der Anwenderinnen und Anwender die Therapie innerhalb eines Jahres wieder. Die Kosten könnten hierbei eine wesentliche Rolle spielen.
Aus Sicht von Prof. Hauner lassen sich die Substanzen angesichts der vielfältigen positiven Wirkungen bei Adipositas nicht länger als reine „Lifestyle-Medikamente“ klassifizieren. Vor allem für Betroffene mit schwerer Adipositas und kardiometabolischen Erkrankungen müsse die Behandlung „nach der Systematik des deutschen Gesundheitssystems“ eigentlich zulasten der GKV gehen.
Quelle: Hauner H. Ernährungs Umschau 2025; 72: 64-67
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