Kommt jetzt die Abnehmpille?
Ein Inkretinmimetikum in Pillenform scheint in puncto Gewichtsverlust nahezu genauso erfolgreich zu sein wie die Applikation via Spritze.
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Ein Inkretinmimetikum in Pillenform scheint in puncto Gewichtsverlust nahezu genauso erfolgreich zu sein wie die Applikation via Spritze. Wird das neue Medikament den Markt im Sturm erobern? Befragte Expertinnen und Experten sind skeptisch.
Der GLP1-Rezeptoragonist Orforglipron wurde an 3.127 Erwachsenen mit einem BMI von ≥ 30kg/m2 bzw. ≥ 27 kg/m2 plus Vorerkrankungen gegen Placebo getestet. Erste Ergebnisse der entsprechenden Phase-3-Studie ATTAIN-1 hat der Hersteller veröffentlicht. Demnach nahmen die Teilnehmenden in allen drei Dosierungen – 6, 12 und 36 mg, je einmal täglich – mehr ab als unter Placebo. Nach 72 Wochen hatten sie unter 36 mg 12,4 % Gewicht verloren, unter Placebo nur 0,9 %.
Als Durchbruch in der Adipositasbehandlung kann man diese Ergebnisse wohl eher nicht bezeichnen, meint Prof. Dr. Stephan Martin vom Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum in Düsseldorf. Die Gewichtsabnahme unterscheidet sich nur unwesentlich von der unter Semaglutid (15 % mit 50 mg). Und auch der neue Wirkstoff hat aller Voraussicht nach mit denselben Problemen zu kämpfen – nämlich der erneuten Gewichtszunahme nach dem Absetzen. Zudem schwindet unter der GLP1-Therapie sowohl die Fett- als auch die Muskelmasse. Nach Therapieende besteht der erneute Gewichtszuwachs jedoch nur aus Fett. Prof. Martin hält den Vorteil einer oralen Verabreichung für untergeordnet. Ob sie sich durchsetzt, werde vom Preis abhängen.
Ohne Zusatzmaßnahmen dürfte der Effekt geringer sein
In der Präsentation der Ergebnisse geht unter, dass der starke Gewichtsverlust nur in Kombination mit gesunder Ernährung und Bewegung zustande kam, kritisiert Dr. Stefan Kabisch, Deutsches Zentrum für Diabetesforschung, Charité – Universitätsmedizin Berlin. Ohne diese Zusatzmaßnahmen dürfte der Effekt deutlich geringer sein. Die Abbruchraten in der Studie lagen mit 25 % relativ hoch und stiegen mit der Dosierung an. Warum das so war, wurde nicht berichtet. Die Nebenwirkungen sind wohl vergleichbar mit denen unter injizierbaren GLP1-Analoga (Durchfall, Übelkeit/Erbrechen).
Eine gut wirksame Tablette hält Dr. Kabisch durchaus für relevant für die Betroffenen. Er befürchtet aber, dass dadurch auch Menschen mit nur leicht erhöhtem BMI auf die Idee kommen könnten, die Pille einzunehmen, ohne dass ein Behandlungsbedarf besteht. Außerdem könnten Ernährungstherapien, die eigentlich primär eingesetzt werden sollten, an Bedeutung verlieren, wenn die medikamentöse Therapie so bequem wird.
Die Gefahr einer Lebertoxizität, wie sie bei Danuglipron aufgefallen war, muss in größeren Kohorten geprüft werden, meint Dr. Katrin Gebauer, Zentrum für Prävention von Herz- und Gefäßerkrankungen am Universitätsklinikum Münster. Dasselbe gilt für die Progression einer diabetischen Retinopathie und neu aufgetretene Makulaödeme. Beides wurde unter Semaglutid beschrieben. Auch Orforglipron hat vermutlich einen kardioprotektiven Effekt. Denn es reduziert das Non-HDL-Cholesterin und das hochsensitive C-reaktive Protein.
Keine Schwarzmarktsituation wie bei Semaglutid in Sicht
Ob die Tablette einen Zusatznutzen im Vergleich zur Injektion hat, bleibt abzuwarten, so die Expertin. Das hängt letztlich vom Preis ab, der aufgrund der geringeren Herstellungskosten günstiger ausfallen könnte. Dass die Krankenkassen die Kosten übernehmen, hält Dr. Gebauer für unwahrscheinlich. Die Gefahr eines Missbrauchs schätzt sie aufgrund der Verschreibungspflicht eher gering ein. Zu einer Schwarzmarktsituation wie bei Semaglutid könnte es nur bei Verordnungsengpässen kommen, die nicht mehr zu erwarten seien.
Quelle: Pressemitteilung – Science Media Center
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