Antibiotika bei Adipositas: Reicht die Standard-Dosis?

Dr. Melanie Söchtig

Wichtig für die Antibiotika-Dosierung bei Adipositas ist die Frage, welche Wirkstoffe angepasst werden sollten. Wichtig für die Antibiotika-Dosierung bei Adipositas ist die Frage, welche Wirkstoffe angepasst werden sollten. © Iuliia Pilipeichenko – stock.adobe.com

Adipöse Patientinnen und Patienten brauchen mitunter andere Antibiotika-Dosen als normalgewichtige – doch klare Leitlinien fehlen. Eine neue Analyse zeigt, bei welchen Wirkstoffklassen eine Anpassung nötig wäre.

Adipositas kann die Pharmakokinetik von Arzneimitteln beeinflussen. Was bedeutet das für die Dosierung von verschiedenen Antibiotikaklassen? Denn nach Einschätzung der WHO hat sich die Prävalenz von Adipositas bei den Erwachsenen seit 1990 verdoppelt.

Obwohl es immer mehr adipöse Patientinnen und Patienten gibt, sucht man meist vergeblich nach Empfehlungen zur gewichtsadaptierten Dosierung von Medikamenten, wie sie z. B. bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen gang und gäbe sind. Eine Gruppe um Dr. Anne-Grete Märtson von der Leiden University hat zumindest die Evidenz zur Notwendigkeit einer gewichtsabhängigen Dosierung von Antibiotika bei Erwachsenen mit Adipositas zusammengetragen.

Das Team wertete 128 Studien aus, die bis zum 30. Dezember 2023 veröffentlicht wurden. Der Großteil untersuchte Betalaktam-Antibiotika (57 Studien) sowie Glykopeptide, Lipoglykopeptide und Oxazolidinone (45 Studien). Eine richtige Metaanalyse war aufgrund der heterogenen Studienpopulation und -methoden nicht möglich. Dadurch blieb auch der Evidenzgrad bei allen untersuchten Antibiotika gering oder sehr gering.

Nierenfunktion kann wichtiger sein als Körpergewicht

Nichtsdestotrotz ließen sich Empfehlungen zu vier verschiedenen Antibiotikaklassen herausarbeiten:

  • Betalaktam-Antibiotika: Im Allgemeinen reicht die Standarddosis aus – zumindest bei milden oder moderaten Infektionen. In schwereren Fällen ist eine verlängerte überwachte Weiterführung von Betalaktam-Infusionen zu erwägen, um therapeutisch relevante Konzentrationen zu erreichen. Bei einer präoperativen Cephalosporinprophylaxe sind möglicherweise höhere oder häufigere Dosen sinnvoll, wenn der Eingriff mehr als 2–3 h in Anspruch nehmen soll.
  • Fluorchinolone: Die Dosierung sollte mehr von der geschätzten Nierenfunktion abhängig gemacht werden als vom Gewicht. Im Fall von schwerwiegenden, tiefsitzenden Infektionen bei Adipösen können höhere bzw. häufigere Dosen erwogen werden, um eine ausreichende Gewebekonzentration zu erreichen.
  • Fosfomycin: Bei längeren OPs oder tiefsitzenden Infektionen können höhere Dosen oder häufigere Gaben erwogen werden.
  • Aminoglykoside: Diese sollten zur Erreichung der optimalen Maximalkonzentration an das Körpergewicht des jeweiligen Patienten angepasst werden. Der Vorschlag lautet etwa 5–7 mg/kg einzusetzen. Für die Erhaltungstherapie sollte die Dosis an die geschätzte Nierenfunktion und das Arzneimittel-Monitoring angepasst werden.
  • Vancomycin: Die empfohlene Ladedosis liegt für Adipöse mit einer schweren Infektion bei 20–25 mg/kg, wobei 3.000 mg als Maximaldosis nicht überschritten werden sollten. Die Empfehlungen in der Erhaltungstherapie sind weniger konkret: Individuell soll die therapeutisch wirksame Dosis, die jedoch noch keine toxischen Effekte hat, auf Basis eines Arzneimittel-Monitorings ermittelt werden.

Für Tigecyclin und andere Tetrazykline scheinen keine Dosisanpassungen nötig.

Wer über die Antibiotikadosierung bei Menschen mit Adipositas entscheidet, sollte Erkrankungsschwere, Lokalisation, die Empfindlichkeit des Erregers und die potenzielle Toxizität der Medikamente berücksichtigen, heißt es abschließend. Bis es robuste pharmakokinetische Daten zur Dosisanpassung gibt, sollte man auf eine therapeutische Arzneimittelüberwachung als eine nützliche Orientierungshilfe setzen, rät die Autorengruppe.

Quelle: Märtson AG et al. Lancet Infect Dis 2025; doi: 10.1016/S1473-3099(25)00155-0

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