
Innovationen der Strahlentherapie bei Zervixtumoren, Brustkorb und Gliomen

EMBRACE-II-Studie beim Zervixkarzinom setzt neue Maßstäbe
Ergebnisse der internationalen, prospektiven, einarmigen Kohortenstudie EMBRACE-II belegen, dass eine Kombination modernster Bestrahlungstechniken bei Patient:innen mit lokal fortgeschrittenem Zervixkarzinom zu besseren Therapieergebnissen führt. Wie Prof. Dr. Maximilian Schmid von der MedUni Wien berichtete, ist die Radiochemotherapie (RCT) seit Jahren Standard in diesem Setting.1 Dabei erhalten Betroffene in den ersten fünf Wochen Cisplatin 40mg/m2 KOF und täglich eine externe Radiotherapie, in den Wochen 6 und 7 zwei Zyklen Brachytherapie. Die Fünf-Jahres-Gesamtüberlebensrate mit dieser Strategie betrage 70 %. Eine Verbesserung dieser Ergebnisse gelang nun in EMBRACE-II.
Es beteiligten sich knapp 1.500 Erkrankte (T1–4/N0–1/M1PAO/ING) aus 49 Zentren. Die Prüfärzt:innen verabreichten eine Kombination aus intensitätsmodulierter und bildgeführter Radiotherapie (IGRT-IMRT; Gesamtdosis 45 Gy) mit Lymphknoten-Boost (SIB) und konkomitanter Chemotherapie (Cisplatin 40 mg/m2 wöchentlich), gefolgt von MRT-gestützter Brachytherapie mit adaptiver Zielvolumen-Definition. Laut dem Experten übertrafen die Resultate nach einem medianen Follow-up von 39 Monaten die einer Standard-RCT – mit Drei-Jahres-Raten für die Krankheitskontrolle von 80 % (lokale Kontrolle 93 %, nodale Kontrolle 91 % bzw. systemische Kontrolle 88 %). Die 36-Monats-Rate erreichte 87 % für das Gesamtüberleben, 78 % für das progressionsfreie Überleben und 89 % für das krankheitspezifische Überleben. Die Rate an späten Nebenwirkungen ≥ Grad 3 fiel mit 8,9 % gering aus. „Das Protokoll sollte den neuen Behandlungsstandard für lokal fortgeschrittenen Gebärmutterhalskrebs darstellen, insbesondere bei Patient:innen mit hohem Rezidivrisiko“, resümierte Prof. Dr. Mechthild Krause vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden, eine der drei diesjährigen DEGRO-Kongresspräsidentinnen.
Strahlenbedingte Schäden am Herzen mindern
Nach der Bestrahlung von Lungentumoren, der Brust/Brustwand bei Brustkrebs oder des Mediastinums bei Lymphomen können relevante Strahlenschäden am Herzen auftreten. Diese ziehen potenziell Arteriosklerose, Fibrosierung, Perikarditis und Klappenerkrankungen nach sich, sagte Dr. Jannek Brauer, Universitätsklinikum Heidelberg.2 Er beschrieb: „Bisher sind kaum molekulare Mechanismen bekannt; es gibt auch kaum präklinische Modelle und keine molekularen Ziele für eine Therapie.“
Der Assistenzarzt präsentierte einen biologischen Ansatz zur Schonung des Herzens: Mit seinem Team identifizierte er den Signalweg für die strahlenbedingte kardiale Inflammation, die über Fibrosierung zu Folgeerkrankungen führen kann. Dabei fiel GBP5 (Guanylat-bindendes Protein 5) als strahlenspezifisches Protein auf, das in vitro und im Mausmodell nach Radiatio hochreguliert wird und an der Bildung des zytokinfreisetzenden NLRP3-Inflammasoms beteiligt ist. Die Unterbrechung dieses Signalwegs reduzierte die myokardiale Inflammation. „GBP5 könnte ein neuer therapeutischer Ansatz zur Prävention strahleninduzierter Herzerkrankungen sein,“ folgerte Dr. Bauer.
Bei malignen Gliomen das Zielvolumen mit KI konturieren
Bei der Strahlentherapie von Gliomen ist entscheidend, den Tumor präzise vom gesunden Gewebe abzugrenzen, um Letzteres bestmöglich zu schonen. Die aktuelle leitliniengemäße Zielvolumendefinition der Radiatio bei Gliomen berücksichtige anatomische Barrieren, doch lasse sich deren Auswirkung schwer abschätzen, gab PD Dr. Florian Putz, Uniklinikum Erlangen, zu bedenken.3
Der Experte stellte ein KI-basiertes Verfahren vor, das die Zielvolumenkonturierung bei malignen Gliomen automatisiert. Dabei wurden die zerebralen Barrierestrukturen mittels Deep Learning rekonstruiert und um neuroanatomische Strukturen wie kortikale Faltungen und Fissuren erweitert. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler:innen die Präzision gegenüber konventionellen Methoden erhöhen und die Zielvolumina bei gleicher Margin-Größe verkleinern. Eine prospektive Evaluation der neuen KI-basierten Autokonturierungsmethode – auch hinsichtlich der Rezidivabdeckung – soll in der AI-GBM-Studie erfolgen.
Quellen:
1. Schmid M. 31. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie; Vortrag Best Abstracts „EMBRACE II – Gesamtergebnisse der internationalen prospektiven multizentrischen interventionellen Kohortenstudie zum lokal fortgeschrittenen Zervixkarzinom“
2.Brauer J. 31. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie; Vortrag Best Abstracts „Targeted cardiac inactivation of Guanylate binding protein 5 (GBP5) protects from cardiotoxicity after radiation“
3. Putz F. 31. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie; Vortrag Best Abstracts „Entwicklung und Validierung einer neuen KI-basierten Methode zur automatischen Zielvolumenkonturierung bei malignen Gliomen“
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