
So findet man die richtige Behandlungsoption beim Prostatakarzinom

Männer mit lokal begrenztem Prostatakarzinom haben eine Fünf-Jahres-Überlebensrate von nahezu 100 %. Für sie stehen verschiedene Behandlungsoptionen zur Wahl. Die Entscheidung hängt vom individuellen Risiko, von der Lebenserwartung und von der Präferenz der Betroffenen ab, erklärt ein Autorenteam um Prof. Dr. Ruben Raychaudhuri von der University of Washington.
Active Surveillance kommt als Strategie bei Männern mit neu diagnostiziertem Prostatakrebs und niedrigem Risiko immer häufiger zum Einsatz. Sie umfasst wiederholte PSA-Messungen, digital rektale Untersuchungen (DRU), Prostatabiopsien und MRT. Als Zeichen für einen Progress werden eine verkürzte PSA-Verdopplungszeit, Veränderungen im DRU-Befund oder höhergradige Gewebsveränderungen in der Biopsie gewertet. Dann sollte eine aktive Intervention erwogen werden.
Das Outcome der Active Surveillance wurde in einer prospektiven Studie mit 2.155 Teilnehmern mit einem Low-Risk-Tumor untersucht. Sie unterzogen sich alle drei bis sechs Monate einer PSA-Kontrolle. Biopsien erfolgten zudem in den ersten zwei Jahren in Abständen von sechs bis zwölf Monaten, danach alle 24 Monate. Mit dieser Strategie waren zehn Jahre nach der Diagnose 49 % der Patienten progressionsfrei, weniger als 2 % hatten Metastasen entwickelt und unter 1 % waren an ihrem Karzinom gestorben.
Drei Faktoren bestimmen über OP oder Bestrahlung
Eine definitive lokale Therapie (d. h. radikale Prostatektomie oder Radiotherapie) wird in den Leitlinien bei intermediärem Risiko und einer Lebenserwartung von über zehn Jahren empfohlen, ebenso bei höherem Risiko und einer anzunehmenden Restlebenszeit von mehr als fünf Jahren. Die Entscheidung pro OP oder Radiotherapie hängt von drei Faktoren ab: Nebenwirkungsprofil, Komorbiditäten und individuelle Eignung. Eine radikale Prostatektomie geht neben den üblichen Risiken eines chirurgischen Eingriffs potenziell mit Stressinkontinenz und erektiler Dysfunktion einher. Nach einer Bestrahlung kann es zu imperativem Stuhldrang, erhöhter Stuhlfrequenz, Hämatochezie und urogenitalen Irritationen kommen.
Auch Patienten mit regional fortgeschrittenem Tumor (N1) können von einer definitiven lokalen Behandlung profitieren. In den ersten fünf Jahren wird das PSA etwa alle sechs bis zwölf Monate kontrolliert, danach jährlich, sofern kein Anstieg vorliegt. Im Fall einer Prostatektomie sollte das PSA nach sechs Wochen geprüft werden und nicht mehr messbar bleiben. Ein Anstieg um mehr als 0,2 ng/ml spricht für ein Rezidiv.
Etwa 10 % der Patienten weisen bereits bei der Erstvorstellung Fernmetastasen auf, ihre Fünf-Jahres-Überlebensrate liegt bei 37 %. Außerdem kommt es trotz definitiver Lokalbehandlung bei einem erheblichen Teil der Erkrankten in Abhängigkeit von der Aggressivität des Tumors zu Absiedelungen. Therapie der Wahl in der metastasierten Situation ist die Androgen-Deprivationstherapie (ADT) – entweder durch Orchiektomie oder medikamentös mit einem GnRH-Antagonisten bzw. -agonisten. 60–80 % der Erkrankten erreichen mit einer alleinigen ADT eine Senkung des PSA-Werts um die Hälfte, was jedoch das Auftreten einer Kastrationsresistenz nicht verhindern kann. Die mediane Zeit bis zur Progression liegt bei 12 bis 24 Monaten.
Für die meisten Männer mit metastasiertem hormonabhängigem Tumor wird die Kombination der ADT mit einem Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitor (ARPI) wie Abirateron, Enzalutamid und Apalutamid empfohlen. Bei hohem Tumorvolumen (d. h. viele Metastasen und Knochenläsionen) kann ADT plus Chemotherapie mit Docetaxel die Überlebenszeit verlängern. In einer Studie stieg diese von 34,4 Monaten unter alleiniger ADT auf 51,2 Monate unter der Kombination. Bei geringer Tumorausbreitung war kein Unterschied zu erkennen.
Die Dreifachtherapie ist nur für manche sinnvoll
Bei initial metastasiertem Tumor scheint zudem eine Dreifachstrategie mit ADT, ARPI und Docetaxel der Zweierkombination ADT plus Docetaxel überlegen zu sein. Noch ist allerdings unklar, ob dies auch im Vergleich zur Kombination von ADT und ARPI gilt. Das letztgenannte Vorgehen wird deshalb weiterhin als Therapie der Wahl empfohlen, wenn ein hormonsensibles Prostatakarzinom erst im metastasierten Stadium auffällt. Die Dreifachtherapie bleibt aber eine sinnvolle Option v. a. für Patienten mit ausgedehntem Befund.
Trotz Behandlung kommt es bei fortgeschrittener Erkrankung früher oder später zur Kastrationsresistenz. Erfolgte lediglich eine ADT, können Docetaxel und ARPI das Überleben verbessern. Für Männer, die primär mit einem ARPI behandelt wurden, kommt dagegen ein Wechsel der Substanzklasse in Betracht, etwa von Abirateron auf Enzalutamid. Die Wahrscheinlichkeit für ein Ansprechen ist allerdings relativ gering (15–30 %).
Möglicherweise können auch Radiopharmazeutika die Überlebenszeit bei Kastrationsresistenz verlängern. Außerdem wird allen Männern mit kastrationsresistentem Tumor eine genetische Abklärung empfohlen. Etwa 20 % aller Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom weisen Veränderungen in DNA-Reparaturgenen auf (BRCA1, BRCA2 und ATM). Sie sprechen eventuell auf PARP*-Inhibitoren an.
* Poly-ADP-Ribose-Polymerase
Quelle: Raychaudhuri R et al. JAMA 2025; DOI: 10.1001/jama.2025.0228
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