
Lungenkrebs: Wann man die Checkpoint-Inhibition auch in der palliativen Situation beenden kann

Es gibt wenig Daten dazu, wann und unter welchen Umständen man eine erfolgreich laufende NSCLC-Immuntherapie im palliativen Stadium beenden kann, ohne das Ergebnis zu gefährden, bilanzierte Prof. Dr. Stefan Hammerschmidt, Klinikum Chemnitz.1 Eine retrospektive Analyse stellte eine Immuntherapiedauer von mehr und weniger als sechs beziehungweise zwölf Monaten einander gegenüber. Dabei führte im Stadium IV jeweils die längere Exposition zu besseren Überlebensaussichten. In CheckMate 153 hatten Patient:innen, die die Nivolumab-Behandlung nach einem Jahr unterbrachen, ebenfalls ein höheres Progressionsrisiko und ein geringeres OS verglichen mit kontinuierlicher Therapie. Dies galt vor allem für diejenigen, die zuvor eine partielle oder komplette Remission erreicht hatten. „Auch zwölf Monate scheinen noch zu kurz zu sein, um eine Immuntherapie gerechtfertigt abzubrechen“, kommentierte der Klinikleiter.
In der retrospektiven populationsbasierten Kohortenstudie ATHENA erfolgte eine Auswertung von Patient:innen, die wegen eines fortgeschrittenen NSCLC Pembrolizumab erhalten hatten. Hier zeigte sich kein OS-Unterschied zwischen Betroffenen, die den PD1-Antikörper nach 24 Monaten absetzten, und denen, die die Einnahme weiterführten. Auch in einer zweiten Studie wirkte sich ein Ende der Immuntherapie nach zwei Jahren nur numerisch, aber nicht signifikant auf das weitere Sterberisiko aus, sofern Teilnehmende die 24 Monate Checkpoint-Inhibition abschlossen.
„Man kann relativ sicher sagen, dass der Therapieabbruch nach einem Jahr nicht sinnvoll ist“, schlussfolgerte der Referent. Insgesamt sieht er zwei Jahre als guten Richtwert, um künftige prospektive Studien aufzusetzen. Bis es mehr Evidenz gibt, gelte eine zeitlich unbegrenzte Therapie und die gemeinsame Entscheidungsfindung mit dem/der Erkrankten. Abschließend mahnte Prof. Hammerschmidt: „Auf alle Fälle muss man einen Therapieabbruch mit den Patient:innen gut dokumentieren, auch um rechtlichen Problemen zu entgehen.“
PD Dr. Nikolaj Frost, Charité – Universitätsmedizin Berlin, argumentierte zugunsten einer zeitlichen Begrenzung.2 Wenn man die Ergebnisse verschiedener Erstlinien-Zulassungsstudien nebeneinander stelle, gebe es keinen offensichtlichen Unterschied, ob Erkrankte den CPI gemäß Protokoll nach zwei Jahren absetzten oder bis zum Progress erhielten. Das galt auch für Personen mit hoher PD-L1-Expression.
Vorgehen in der Praxis
In seinem eigenen Zentrum führt Dr. Frost bei allen Patient:innen, die zwei Jahre CPI vollenden, eine PET-CT durch. Findet sich keine Resterkrankung, bietet er eine Pause der Immuntherapie an. Verbleibende Herde werden invasiv abgeklärt und lassen sich oft lokal kurativ behandeln. Ein solcher Ansatz soll nun in der PENELOPE-Studie getestet werden.
Langzeittoxizitäten und Kosten
Andererseits werden Ärzt:innen zunehmend mit Langzeittoxizitäten der Checkpoint-Inhibitoren konfrontiert. Dazu zählen Endokrinopathien, Einschränkungen der Nierenfunktion oder auch rheumatische Erkrankungen. „Wir sehen unter langjähriger Checkpoint-Blockade vermehrt kardiovaskuläre Ereignisse, Schlaganfälle, Herzinfarkte, Fettstoffwechselstörungen ...“, ergänzte der Experte. Hier sei ein möglicher Kausalzusammenhang mit der Immuntherapie und der induzierten Entzündungsaktivität noch ungeklärt.
Nicht zuletzt lassen sich laut dem Diskutanten durch eine limitierte Therapiedauer beträchtliche Kosten einsparen. In Deutschland beendeten geschätzt 3.000 Patient:innen pro Jahr eine zweijährige CPI-Behandlung. Er gab zu bedenken: „Wenn alle diese Erkrankten ein Jahr weitermachen, sind wir bei etwa 200 Millionen Euro jährlich nur für Checkpoint-Inhibition beim Lungenkarzinom.“ In der klinischen Realität höre nur eine Minderheit überhaupt nach zwei Jahren auf.
Abschließend appellierte der Onkologe: „Wir müssen lernen, mit unseren Ängsten, Therapie vorzuenthalten, umzugehen und unsere Patient:innen frühzeitig darauf vorbereiten, dass es bei einer Langzeitremission wenig Gründe gibt, weiterzumachen.“
Quellen:
1. Hammerschmidt S. 65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie; Vortrag „Lungenkrebs in der palliativen Therapiesituation: Immuntherapie lebenslang“
2. Frost N. 65. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie; Vortrag „Lungenkrebs in der palliativen Therapiesituation: zeitlich begrenzte Immuntherapie“
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).