Wernicke-Enzephalopathie ist ein Notfall mit Tarnkappe

Eine 15-jährige Patientin stellt sich mit Bauchschmerzen und blutigen Stühlen im Olgahospital Stuttgart vor. Eine vor drei Jahren diagnostizierte Colitis ulcerosa wurde damals erfolgreich mit Mesalazin behandelt, schreiben Dr. Thomas Heigele und Kollegen vom Zentrum für Kinder-, Jugend- und Frauenmedizin, Olgahospital, Stuttgart. Gegen die aktuellen, seit drei Monaten anhaltenden Beschwerden nimmt die Jugendliche unregelmäßig orales Prednison 50 mg/d und Omeprazol 40 mg/d ein.
Darunter bessern sich die Symptome nicht. Das Mädchen ernährt sich nach eigenen Angaben überwiegend von Junkfood. Sie gibt an, sowohl im schulischen als auch im familiären Bereich psychisch belastet zu sein.
Mesalazin, Prednisolon und Azathioprin bessern die Symptome kurzzeitig. Mit zunehmender Malcompliance verweigert die junge Patientin plötzlich völlig die Nahrungsaufnahme. Sie nimmt 15 kg ab und muss schließlich stationär intravenös ernährt werden. Dieses ablehnende Verhalten der Jugendlichen können sich weder die Pädiater noch die hinzugezogenen Psychiater erklären.
Als das Mädchen schließlich apathisch wird, Doppelbilder sieht, die Sprache verwaschen und das Gangbild unsicher wird, veranlasst man eine MRT des Schädels. Diese ergibt die Diagnose einer Wernicke-Enzephalopathie.
Darunter bessern sich die Symptome nicht. Das Mädchen ernährt sich nach eigenen Angaben überwiegend von Junkfood. Sie gibt an, sowohl im schulischen als auch im familiären Bereich psychisch belastet zu sein.
Zunächst nur Junkfood, dann gar nichts mehr gegessen
Klinisch befindet sich die Patientin in einem reduzierten Allgemein- und adipösen Ernährungszustand (BMI 29,8 kg/m2). Die Laboruntersuchungen ergeben eine Eisenmangelanämie (Hb 10,2 g/dl) und deutlich erhöhte Entzündungsparameter (CRP 17 mg/dl, BSG 45 mm). Die sonographisch und endoskopisch erkennbaren langstreckigen Darmwandverdickungen können histologisch als C. ulcerosa bestätigt werden.Mesalazin, Prednisolon und Azathioprin bessern die Symptome kurzzeitig. Mit zunehmender Malcompliance verweigert die junge Patientin plötzlich völlig die Nahrungsaufnahme. Sie nimmt 15 kg ab und muss schließlich stationär intravenös ernährt werden. Dieses ablehnende Verhalten der Jugendlichen können sich weder die Pädiater noch die hinzugezogenen Psychiater erklären.
Als das Mädchen schließlich apathisch wird, Doppelbilder sieht, die Sprache verwaschen und das Gangbild unsicher wird, veranlasst man eine MRT des Schädels. Diese ergibt die Diagnose einer Wernicke-Enzephalopathie.
Anzeichen für Thiamindefizit
- unspezifische Symptome: Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, psychische Auffälligkeiten, Muskelschwäche, metabolische Azidose
- neurologische Symptome: periphere Neuropathien (Parästhesien, Burning-Feet-Syndrom), Verschwommensehen, Doppeltsehen,Augenmuskellähmungen, Nystagmus, Ataxie, Gangbildstörungen
Nach der raschen intravenösen Gabe von Thiamin 100 mg bessern sich die Symptome innerhalb von Stunden deutlich. Es folgen weitere Thiamin-Infusionen, zusätzlich werden Vitamin-B1-Komplex, Folsäure und Vitamin D per os verabreicht. Unter Infliximab und Azathioprin wird eine Remission der C. ulcerosa erreicht. Essverhalten und Gewicht bessern sich ebenfalls. Wegen der psychosozialen Belastung werden eine Anbindung an das Jugendamt und eine psychologische Betreuung veranlasst.
Zur Sicherung der Diagnose und zum Ausschluss einer intrazerebralen Raumforderung wird ein MRT empfohlen. Da die Erkrankung unbehandelt zu bleibenden Schäden bis hin zu Koma oder Tod führen kann, sollte das radiologische Ergebnis jedoch nicht abgewartet werden. Die intravenöse Therapie wird so lange fortgeführt, bis sich die Symptome nicht mehr weiter bessern.
Ausgeprägter Mangel auch bei Übergewichtigen
Insbesondere im Kindes- und Jugendalter wird die Wernicke-Enzephalopathie oft spät oder gar nicht erkannt. Auf die typische Symptomtrias mit Veränderungen des Bewusstseins, der Okulomotorik und des Gangbildes ist dabei nicht immer Verlass. Die Erkrankung kann sich über eine Bandbreite unspezifischer Symptome äußern (s. Kasten), die aber immer mit einer Mangelernährung in der Anamnese zusammenhängen. Ein ausgeprägter Mikronährstoffmangel kann sowohl bei Über- als auch bei Untergewicht entstehen. Die Vitamin-B1-Speicher entleeren sich bereits nach 4–10 Tagen, wenn der Nachschub fehlt.Nicht erst das radiologische Ergebnis abwarten
Ein Thiaminmangel im Erwachsenenalter kommt gehäuft bei chronisch Alkoholkranken und Patientinnen mit Hyperemesis gravidarum vor. Zu den Risiken bei Kindern gehören ein schlechter bzw. unausgewogener Ernährungszustand und rezidivierendes Erbrechen. Bereits bei Verdacht auf eine Wernicke-Enzephalopathie sollte unverzüglich mit der Thiaminsubstitution begonnen werden.Zur Sicherung der Diagnose und zum Ausschluss einer intrazerebralen Raumforderung wird ein MRT empfohlen. Da die Erkrankung unbehandelt zu bleibenden Schäden bis hin zu Koma oder Tod führen kann, sollte das radiologische Ergebnis jedoch nicht abgewartet werden. Die intravenöse Therapie wird so lange fortgeführt, bis sich die Symptome nicht mehr weiter bessern.
Quelle Text und Abb.: Heigele T et al. internistische praxis 2017; 57: 465-472; © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
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