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Wundversorgung in der Hausarztpraxis Art der Läsion entscheidet, welche EBM-Leistung berechnet werden kann

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Die Versorgung frischer Wunden wird über die GOP 02300 bis 02302 abgerechnet. Die Versorgung frischer Wunden wird über die GOP 02300 bis 02302 abgerechnet. © Brebca – stock.adobe.com
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Ob in der Hausarztpraxis frische oder chronische Wunden behandelt werden, spielt beim korrekten Ansatz der EBM-Positionen eine Rolle. Wie Sie es richtig machen.

Für die Versorgung frischer Wunden stehen im EBM die GOP 02300 bis 02302 zur Verfügung. Der Begriff „primäre Wundversorgung“ kommt in allen drei Positionen mit unterschiedlicher Ausgestaltung vor. Der Inhalt der 02300 kann mit „Erstversorgung einer Wunde“ gleichgesetzt werden. Die Leistung ist bereits erfüllt, wenn eine Wundabdeckung, ggf. nach Wundreinigung, erfolgt. Wird dieselbe Wunde an Folgetagen erneut versorgt, ist diese Leistung mit der Versichertenpauschale abgegolten und nicht gesondert berechnungsfähig. Bei der GOP 02301 steht die primäre Wundversorgung für eine Naht, bei der 02302 für die Versorgung von Säuglingen und Kindern.

Für die Nummern 02300 bis 02302 gilt bei Neugeborenen und Kindern bis zum vollendeten 12. Lebensjahr, dass im hausärztlichen Bereich auch die GOP 31101 (dermatochirurgischer Eingriff der Kategorie A1, 99,40 Euro) berechnungsfähig ist, sofern der Eingriff mit Narkose erfolgt.

In allen Fällen ist zu beachten, dass die GOP 02300 bis 02302 am selben Behandlungstag jeweils nur einmal und nicht miteinander kombiniert ansetzbar sind. Eine wichtige Ausnahme stellt die Behandlung von Patienten mit mehreren offenen Wunden (ICD-10-GM: T01.-) dar. Hier ist eine Berechnung mehrfach in einer Sitzung möglich, auch nebeneinander, jedoch insgesamt höchstens fünfmal am Behandlungstag. Der ICD-10-Code T01 steht für „offene Wunden mit Beteiligung mehrerer Körperregionen“ und wird z.B. unter T01.9 „Multiple offene Wunden, nicht näher bezeichnet“ spezifiziert mit „Risswunden, Schnittwunden, Stichwunden, Tierbissen“.

Auf dieser Grundlage wäre die Abrechnung der notwendigen Leistungen bei einem Fall, wie in der Tabelle 1 dargestellt, möglich.

Tab. 1: Fallbeispiel gestürzter Junge

Ein 13-jähriger Junge zieht sich beim Sturz vom Fahrrad eine Platzwunde am rechten Ellenbogen sowie Hautabschürfungen am linken Ellenbogen und an beiden Knien zu. Diagnose: T01.6 – offene Wunden mit Beteiligung mehrerer Regionen der oberen Extremität(en) und mehrerer Regionen der unteren Extremität(en)

EBM

Legende

Euro

03002

Versichertenpauschale 5. - 18. Lebensjahr

16,32

02300 x 3

Primäre Wundversorgung beider Kniegelenke und linker Ellenbogen

23,43

02301

Primäre Wundversorgung mit Naht rechter Ellenbogen

15,28

Bei chronischen Wunden ist die Systematik anders

Schlecht heilende Wunden nach Verletzungen oder chronische Wunden als Folge venöser oder arterieller Durchblutungsstörungen sind in der hausärztlichen Praxis ein häufiger Behandlungsanlass. Die Art einer solchen chronischen Wunde entscheidet, welche EBM-Leistungen berechnet werden können. 

Die GOP 02310 steht für die Behandlung sekundär heilender Wunden und/oder von Dekubitalulcera. Dabei muss es zu mindestens drei persönlichen Arzt-Patienten-Kontakten (APK) kommen, wovon es sich allerdings nur bei maximal einem Kontakt um eine Wundbehandlung gehandelt haben muss. Die Leistung lässt sich nur einmal im Behandlungsfall (Quartal) abrechnen.  

Man könnte denken, dass die 02310 als Anschlussbehandlung für den Fall von Tabelle 1 eingesetzt werden könnte. Das schließt der Verordnungsgeber aber mit dem Hinweis aus, dass diese GOP im Behandlungsfall nicht neben 02300 bis 02302 berechnet werden darf.

Die GOP 02312 beinhaltet einen Behandlungskomplex bei einem oder mehreren chronisch venösen Ulcera cruris. Die Berechnung ist je Bein und je Sitzung möglich, allerdings je Quartal und Patient nur bis zu einem Höchstwert von 4.244 Punkten

Wichtig sind bei den GOP 02310 und 02312 die weiteren Ausschlüsse: Die 02312 und die 02310 sind lediglich im Rahmen derselben Konsultation ausgeschlossen. Ein Ausschluss im Behandlungsfall besteht hingegen bewusst nicht. 

Es gibt allerdings eine inhaltliche Überschneidung: Die 02310 enthält obligatorisch „Anlage und/oder Wechsel eines Kompressionsverbandes“, die 02312 dagegen die Anlage von „entstauenden phlebologischen Funktionsverbänden“. Berücksichtigt man aber, dass die 02310 einmal im Behandlungsfall bei drei persönlichen APK, aber nicht beim chronisch venösen Ulcus cruris, bei der chronisch venösen Insuffizienz, beim postthrombotischen Syndrom, beim Lymphödem und bei oberflächlichen sowie tiefen Beinvenenthrombosen berechnet werden kann, während die 02312 bis zum Höchstwert je Bein und je Sitzung zum Ansatz kommt, wäre eine Abrechnungsfolge, wie in der Tabelle 2 beschrieben, möglich. 

Tab. 2: Fallbeispiel Seniorin mit venösem Ulcus cruris rechts und chronischer Wunde

Behandlung einer 85-jährigen Patientin mit einem venösen Ulcus cruris rechts und einer chronischen Wunde bei PAVK links. Diagnosen: I83.0 R Varizen der unteren Extremitäten mit Ulzeration, I70.24 L Atherosklerose Becken-Bein-Typ, mit Ulzeration

EBM

Legende

Euro

03005

Versichertenpauschale ab 76. Lebensjahr

22,98

03220

Chronikerpauschale 1

14,94

02310

Behandlung Ulzeration bei PAVK links

24,36

Folgekontakte:

03221

Chronikerpauschale 2

4,60

02312

Behandlungskomplex Ulcus cruris rechts täglich bis zum Höchstwert

487,70

Kompressionsbehandlungen als Kombination berechnen

Beachtenswert ist eine weitere Besonderheit bei der Abrechnung von Leistungen bei chronisch venöser Insuffizienz, beim postthrombotischen Syndrom, bei oberflächlichen und tiefen Beinvenenthrombosen und/oder beim Lymphödem. Diese Leistung kann nach der GOP 02313 (Höchstwert 3.750 Punkte) berechnet werden. Und im Abschnitt IV 30.4 (Physikalische Therapie) steht die GOP 30401 für die intermittierende apparative Kompressionstherapie zur Verfügung (siehe Tabelle 3). 

Tab. 3: Kombinationsmöglichkeiten bei der Behandlung von venösen Erkrankungen der Extremitäten mit Ulzeration

EBM

Legende

Euro

02312

Behandlungskomplex eines oder mehrerer chronisch venösen/r Ulcus/Ulcera cruris mit entstauenden Funktionsverbänden

6,32

02313

Kompressionstherapie bei der chronisch venösen Insuffizienz, beim postthrombotischen Syndrom, bei oberflächlichen und tiefen Beinvenenthrombosen und/oder beim Lymphödem

5,75

30401

Intermittierende apparative Kompressionstherapie

3,91

Alle Leistungen können je Sitzung und je Bein miteinander kombiniert werden, wenn nachgeordnet sich ergänzende, medizinisch indizierte, entstauende Methoden zur Anwendung kommen.

Da diese Leistungen wie auch die GOP 02312 je Bein und je Sitzung berechnungsfähig sind, wäre eine Kombination aus den GOP 02312, 02313 und 30401 in einer Sitzung möglich, wenn z.B. bei einer venösen Insuffizienz beider Beine mit Ulcus cruris die in der GOP 02313 geforderte „Kompressionstherapie“ zunächst manuell (02313) oder apparativ (30401) durchgeführt würde und anschließend ein in der GOP 02312 geforderter „entstauender phlebologischer Funktionsverband“ angelegt wird. Im Fallbeispiel laut Tabelle 2 könnte z.B. die GOP 30401 zusätzlich je Bein berechnet werden, da die Leistung bei einer „Atherosklerose der Extremitätenarterien i. V. m. R60.0 Umschriebenes Ödem“ und/oder bei „Varizen der unteren Extremitäten mit Ulzeration“ zum Ansatz kommen kann.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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