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Long-COVID IGeL in der Kritik

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung Autor: Isabel Aulehla

Die am häufigsten verkaufte Leistung ist der Ultraschall der Gebärmutter und der Eierstöcke. Die am häufigsten verkaufte Leistung ist der Ultraschall der Gebärmutter und der Eierstöcke. © BY-_-BY – stock.adobe.com
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Für die Versorgung von Menschen mit Long- oder Post-COVID gibt es kaum evidenzbasierte Therapieansätze. Manche Ärztinnen und Ärzte bieten dennoch Heilversuche an – z.B. eine Blutwäsche oder Sauerstofftherapie. 

Die Betroffenen müssen dafür tief in die Tasche greifen: Teils werde die sogenannte H.E.L.P.-Apherese für über 1.000 Euro je Sitzung angeboten, berichtet Dr. ­Michaela Eikermann, Bereichsleiterin Evidenzbasierte Medizin beim Medizinischen Dienst Bund (MDB) anlässlich der Vorstellung des IGeL-Reports 2023. 

Ob die Behandlung helfe, sei mangels Studien nicht bekannt, betont die Expertin. Allerdings konnte auch kein ernster Schaden nachgewiesen werden. Das Team des IGeL-Monitors bewertet den Nutzen der Leistung daher als „unklar“. Für die hyperbare Sauerstofftherapie gilt das Gleiche.

Leitlinien zur Behandlung von Post- oder Long-COVID raten von beiden Verfahren ab, nur zur Erprobung in Studien seien sie bislang vertretbar. Dr. Eikermann fordert auf, den ungewissen Nutzen klar zu kommunizieren. Statt einzelner Therapieversuche wünscht sie klinische Studien.

Von der Menge her prägen die beiden teuren COVID-Behandlungen das IGeL-Geschehen noch nicht. Die am häufigsten verkaufte Leistung ist der Ultraschall der Gebärmutter und der Eierstöcke. 14 % der rund 6.000 befragten GKV-Versicherten erhielten ihn – was den MDB ärgert. „Diese Leis­tung dürfte überhaupt nicht mehr angeboten werden, wenn man Patientensicherheit ernst nimmt“, kritisiert der Vorstandsvorsitzende, Dr. ­Stefan ­Gronemeyer. 

Krebsfrüherkennung besonders gefragt

Da der Ultraschall oft falsch-positive Ergebnisse liefere, würden Patientinnen unnötig verängstigt. Zudem könne er zu nicht erforderlichen Eingriffen führen. Der IGeL-Monitor bewertet die Leis­tung als „tendenziell negativ“.

Auf Platz zwei der am häufigsten erbrachten Selbstzahlerleistungen steht die Messung des Augeninnendrucks, danach folgt ein breites Feld von Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, von Gebärmutterhals- über Haut- bis Prostatakrebs. Auch das große Blutbild zu Vorsorgezwecken scheint beliebt – es landete auf dem siebten Platz. 

Eine Überraschung offenbart der IGeL-Report hinsichtlich der Bezahlmodelle: Ein Drittel der Antwortenden gab an, dass ihnen Kombi- oder Pauschalangebot angepriesen wurden. Bei Ersterem gibt es zwei Leistungen als Paket vergünstigt, z.B. eine Blutuntersuchung und einen Ultraschall der Nieren. Bei einem Pauschalangebot greift das Motto „nimm drei, zahl zwei“. Ärzte nutzen es etwa bei Sonografien in der Schwangerschaft, die über die Zahl der gesetzlich finanzierten hinausgehen. Insbesondere bei 20- bis 39-Jährigen stoßen solche Modelle offenbar auf Interesse, teils erkundigen sie sich auch danach. Im Report 2023 wurde erstmals danach gefragt. 

Insgesamt erfreuen sich Selbstzahlerleistungen steigender Akzeptanz. Fast die Hälfte der Befragten erachtet sie als tendenziell wichtig zum Erhalt der Gesundheit. Dreiviertel der Versicherten geben in einem durchschnittlichen Jahr 15 bis 249 Euro dafür aus. 

Laut IGeL-Monitor sind jedoch nur die wenigsten Angebote sinnvoll. Von 55 bewerteten Leistungen stuft er den Nutzen von 4 als „negativ“, den von weiteren 25 als „tendenziell negativ“ und den von weiteren 24 als „unklar“ ein. Lediglich die Akupunktur zur Migräneprophylaxe und die Lichttherapie bei saisonaler depressiver Störung gelten als „tendenziell positiv“.

Quelle: IGeL-Report 2023

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