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Keine Interpretationsversuche bei EBM-Legenden

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Anouschka Wasner

Damit Auslegungen des EBM-Textes nicht zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen führen, empfiehlt sich im Zweifel ein Anruf beim Beratungscenter der KV. Damit Auslegungen des EBM-Textes nicht zu Wirtschaftlichkeitsprüfungen führen, empfiehlt sich im Zweifel ein Anruf beim Beratungscenter der KV. © iStock/brankokosteski
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Weder Bibel- noch Gesetzestexte werden durchgängig im Wortsinn ausgelegt – zumindest, seitdem wir uns in der Moderne befinden. Nur beim EBM ist jede Interpretation der Legenden komplett untersagt.

Die Auslegung von EBM-Leistungslegenden und Abrechnungsausschlüssen hat streng nach Wortlaut zu erfolgen. Nur wenn dieser nicht eindeutig ist und mehrere Schlüsse zulässt, kommt eine Interpretation infrage, die z.B. auch die Entstehungsgeschichte einer Textstelle berücksichtigt. Auf dieser Grundlage hat das Bundessozialgericht nicht zum ersten Mal, aber auch aktuell wieder entschieden. 

So hatte etwa ein Krankenhaus neben der Notfallpauschale Nr. 01210 auch die EBM-Position 27320 für die elektrokardiographische Untersuchung abgerechnet. Die KV strich der Klinik diesen Ansatz: Die Leis­tung befände sich in Anhang 1, Spalte GP, und könne daher den allgemeinen Bestimmungen zufolge (Nr. 2.1.3, S. 3-5) als fakultativer Leis­tungsinhalt der Nr. 01210 nicht gesondert berechnet werden. 

Es mag logisch klingen – das BSG denkt noch logischer

Das Krankenhaus hielt dem entgegen, dass in den Vorbemerkungen des Anhangs Teilleis­tungen mit eigener GOP von dieser Regelung ausgenommen werden. Und für die elektrokardiographische Untersuchung gebe es nun mal eine eigene GOP.

Das klingt logisch – aber das BSG argumentierte noch logischer: Entscheidend sei, dass in der Legende der Notfallpauschale die „in Anh. 1, Spalte GP, aufgeführte Leistungen“ zu den fakultativen Inhalten gezählt werden. Auf die Vorbemerkung des Anhanges wird dabei kein Bezug genommen. Womit dieser hier auch keine Rolle spielt. 

Dem gleichen Ansatz musste sich auch eine BAG von acht Fachärzten für Angio­logie, Gefäßchirurgie und Anästhesiologie beugen. Dabei ging es um die Frage, ob die Präambel 31.2.1 (hier: Ziffer 8) die Abrechnung einer weiteren Operation neben der ambulanten OP untersagt.

Die Ärzte argumentierten sogar mit dem Wortlaut: Dieser zeige an dieser Stelle nämlich, dass sich der Positivkatalog auf Leistungen beziehe, die im Zusammenhang mit einer bestimmten Operation stehen – das könne man dem Singular entnehmen. Die Formulierung mache damit eben genau keine Einschränkungen im Hinblick auf eine andere Operation und der Abrechnungsausschluss beziehe sich somit nur auf Leistungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der ersten Operation bestehen, wie etwa eine notwendige Revisions-OP. Das stehe anderen ambulanten Eingriffen in anderen anatomischen Regionen nicht im Wege. 

Auch hier folgte das BSG aber seiner wörtlichen Logik: Der Wortlaut der Vorschrift „gebe das nicht her“. Die erste Operation sei lediglich Ausgangspunkt des zeitlichen Rahmens, in dem nur die aufgezählten GOP abgerechnet werden können. Die Formulierung „neben“ würde im EBM regelmäßig im Sinne eines Ausschlusses der Berechnungsfähigkeit von Postitionen gebraucht und sage nichts aus zur zeitlichen Abfolge der Leistungen. 

Auslegungen können im EBM-Dschungel in die Irre führen

Außerdem differenziere der betreffende Text nicht nach Körperteilen oder stelle einen Zusammenhang zur Ausgangsoperation her. Er schließe einfach nur kategorisch alle Leistungen aus, die dort aufgezählt sind. 

„Diese Entscheidungen zeigen auch, wie wichtig es ist, vor dem Ansatz einer GOP nicht nur ihre Legende genau zu lesen, sondern genauso die Präambeln zu dem betreffenden EBM-Kapitel“, betont die Wiesbadener Rechtsanwältin Stefanie  Pranschke-Schade. Bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen und vermehrt auch sachlich-rechnerischen Berichtigungen sei es zum Beispiel der Fall, dass vermeintlich richtige Abrechnungen bei genauer Anwendung des EBM doch korrigiert werden. 

Pranschke-Schade rät Ärzten dazu, bei Unklarheiten lieber im Beratungscenter der KV nachzufragen. „Und am besten lassen Sie sich die Auskunft auch schriftlich bestätigen“, so die Juristin.

Medical-Tribune-Bericht

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