Familienzentriertee Nachsorge Hoher Versorgungsbedarf bei familienzentrierter Nachsorge
Das FamKi-onko-V-Projekt identifizierte zentrale Nachsorgebedarfe und Versorgungslücken bei krebskranken Kindern und Jugendlichen.
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Kinder- und Jugendkrebserkrankungen beeinflussen die gesamte Familie. Um Alltagsbeeinträchtigungen und Spätfolgen zu minimieren, ist eine strukturierte Nachsorge nach der Akutbehandlung essenziell. Aktuelle Erkenntnisse zeigen Lücken in Versorgung, Unterstützung und Inanspruchnahme, die klinisch relevante Auswirkungen haben.
Das für 45 Monate mit insgesamt circa 390.000 Euro geförderte Innovationsfondsprojekt FamKi-onko-V unter der Leitung von Prof. Dr. Corinna Bergelt vom Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf nutzte ein prospektives Mixed-Methods-Design mit einer quantitativen Erstbefragung im Rahmen des medizinischen Nachsorgetermins. Insgesamt wurden 174 Familien mit 256 Eltern sowie 81 betroffenen Kindern und Jugendlichen, einschließlich Geschwistern, zu ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität, der Krankheitsbewältigung sowie dem Wissen über die Erkrankung und Nachsorgemöglichkeiten befragt. Das mittlere Alter lag bei sechs Jahren zum Zeitpunkt der Diagnose und bei zehn Jahren zum Befragungszeitpunkt. Die häufigsten Diagnosen waren Leukämien mit 35 %, ein Tumor des zentralen Nervensystems mit 23 % und ein Lymphom mit 13 %.
Projekt machte zentrale Bedarfe in der Nachsorge aus
FamKi-onko-V identifizierte – trotz methodischer Limitationen – zentrale Bedarfe in der Nachsorge: unzureichend koordinierte Versorgungspfade, heterogene Unterstützungsangebote und Hürden beim Zugang zu Leistungen. Zudem wurden hohe familiäre Belastungen in der Nachsorgephase dokumentiert.
Ermittelt wurden medizinische, psychosoziale und sozialrechtliche Unterstützungsbedarfe sowie ein variierendes Inanspruchnahmeverhalten. Barrieren umfassen organisatorische Übergänge, regionale Verfügbarkeit und Informationsdefizite, was die kontinuierliche Betreuung nach Akuttherapie erschwert. In den sechs Monaten vor der Befragung nutzten 95 % der Kinder und Jugendlichen mindestens ein medizinisches Angebot; 80 % suchten hausärztliche und 64 % fachärztliche Versorgung auf. Psychosoziale Angebote wurden insgesamt von 75 % in Anspruch genommen, davon 42 % innerhalb der letzten sechs Monate; die Nutzung nimmt tendenziell ab, wenn die Diagnose mehr als zwei Jahre zurückliegt. Zusätzlich wurden Ergotherapie (16 %), Logopädie (15 %), Ernährungsberatung (15 %) und neuropsychologisches Training (10 %) genutzt. Gründe für die Nicht-Inanspruchnahme waren u. a. fehlender Bedarf, ausreichende Unterstützung im sozialen Umfeld, lange Anfahrtswege und Wartezeiten.
Hoher Unterstützungsbedarf bei Kindern und Jugendlichen
Aus Elternsicht zeigten mehr als ein Viertel der betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie Geschwister emotionale oder verhaltensbezogene Probleme. Berichtet wurden leichte bis mittlere Einschränkungen im körperlichen Wohlbefinden, der psychischen Gesundheit und der sozialen Teilhabe. Mütter wiesen im Vergleich zu Vätern signifikant höhere Ausprägungen von Angst und Depressivität auf. Von 35 befragten Kindern und Jugendlichen äußerten knapp drei Viertel einen Unterstützungsbedarf, insbesondere beim Umgang mit Gefühlen, mit Erkrankung, Behandlung und Folgen, bei körperlichen Beschwerden sowie bei Energiemangel und Müdigkeit.
Eltern benannten zudem ungedeckte Bedarfe hinsichtlich Rezidivängsten, Informationen zu Spätfolgen und Folgeerkrankungen sowie koordinativer Unterstützung. Für die Belastungsverläufe wurden soziale Unterstützung, das Geschlecht des befragten Elternteils, die Tumorentität und die versorgungsbezogene Selbstwirksamkeit als relevante assoziierte Faktoren identifiziert.
Befunde stärken Entwicklung von Nachsorgekonzepten
Die Befunde können zur Weiterentwicklung familienzentrierter Nachsorgekonzepte beitragen: klare Schnittstellen zwischen pädiatrischer Onkologie, Psychoonkologie und Sozialberatung, proaktive Spätfolgen-Überwachung sowie niederschwellige Angebote für Familien.
Für die Versorgungspraxis leiten sich Bedarfe nach Physiotherapie, zentralisierten und personalisierten Versorgungspfaden, Wiedereingliederungshilfen in Schule oder Kindergarten, familienzentrierten Rehabilitationsmaßnahmen sowie einer strukturierten Terminkoordination ab. Trotz eingeschränkter Evidenz liefert das Projekt praxisnahe Ansatzpunkte für eine bedarfsgerechte Versorgung.
Der Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss hat die im Projekt erzielten Ergebnisse aufgrund ihrer Relevanz für eine bessere Versorgung oder für zukünftige Forschungsvorhaben gezielt an ausgewählte Akteure der Gesundheitsversorgung weitergeleitet, darunter die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie, die Deutsche Krebsgesellschaft, die Deutsche Kinderkrebsstiftung, die Stiftung Deutsche Krebshilfe sowie weitere Fachgesellschaften und Organisationen im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin. Der Beschluss und der Ergebnisbericht werden über die Plattform innovationsfonds.g-ba.de zugänglich gemacht.
Quelle:
Pressemitteilung – G-BA