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PNP-Vertrag: Innovatives Konzept wissenschaftlich überprüft

Autor: Michael Reischmann

Innovationsfonds fördert Versorgungsforschung: Partner des PNP-Vertrags in Baden-Württemberg sehen ihre Arbeit bestätigt. (Agenturfoto) Innovationsfonds fördert Versorgungsforschung: Partner des PNP-Vertrags in Baden-Württemberg sehen ihre Arbeit bestätigt. (Agenturfoto) © iStock/SDI Productions
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Eine verbesserte Kodiergenauigkeit, niedrigere Krankengeldzahlungen, weniger AU-Tage. Diese Vorteile bescheinigt eine Evaluation dem sog. PNP-Vertrag. Einige Leistungen des Vertrags hatte der G-BA allerdings schon zuvor in die Regelversorgung übernommen.

Seit 2012 gibt es im Rahmen des Facharztprogramms der AOK Baden-Württemberg die besondere Versorgung Psychiatrie, Neurologie, Psychotherapie (PNP) gemäß § 73c SGB V. Ärztliche Vertragspartner der AOK sind der Mediverbund sowie der Berufsverband Deutscher Nervenärzte – Landesverband Baden-Württemberg der Fachärzte für Nervenheilkunde, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, die Freie Liste der Psychotherapeuten und die Deutsche Psychotherapeutenvereinigung.

Kürzere Fehlzeiten als in der Regelversorgung

Ziel des Selektivvertrages ist es, eine bedarfsgerechtere Versorgung und einen rascheren Therapiezugang zu fördern. Dafür wurden aktuelle strukturierte Behandlungspfade für alle F-Diagnosen bezüglich der wirksamsten Verfahren, inklusive Gesprächstherapie, für Behandler und Patienten vereinbart. In einer mit Mitteln des Innovationsfonds geförderten und von der Universität Hamburg-Eppendorf durchgeführten Evaluation des PNP-Vertrages zeigten sich als Vorteile:

  • Die Diagnosegüte war besser.
  • Die Wartezeit auf den Beginn einer indizierten Psychotherapie war kürzer.
  • Teilnehmer an der PNP-Versorgung waren im Durchschnitt fünf Tage pro Jahr weniger arbeitsunfähig als die Vergleichsgruppe in der Regelversorgung.

Letzteres finden die Vertragspartner besonders bemerkenswert, da Fehlzeiten am Arbeitsplatz als ein wichtiger Indikator für die Gesundheit Berufstätiger gelten und die Fehlzeiten aufgrund psychischer Störungen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben. Dies deute auf eine bessere Koordination der Versorgung im Facharztprogramm hin, meinen die Beteiligten.

Bei der Evaluation des Vertrags wurden drei Patientengruppen verglichen: Eine Gruppe war ins Facharztprogramm eingeschrieben, eine in den Hausarztvertrag und eine dritte wurde aus den Patienten in der Regelversorgung gebildet. In einem quasi experimentellen Design versuchten die Wissenschaftler, Effekte der Vertragsteilnahme für die Patienten herauszuarbeiten, was den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) allerdings nicht völlig überzeugte. Er hat den Evaluationsbericht zur Information an die Fachverbände, darunter Bundespsychotherapeuten- und Bundesärztekammer, weitergeleitet. Er merkt an, dass sich insgesamt nur einzelne Vorteile des PNP-Vertrags gezeigt hätten.

Stärkung der Gruppentherapie

Um Patienten mit psychischen Erkrankungen den Zugang zur Versorgung zu erleichtern und bei Bedarf unbürokratisch eine Langzeit­therapie zu ermöglichen, wurde im PNP-Vertrag von Beginn an Gruppentherapie gefördert sowie bei der Langzeittherapie auf das Gutachterverfahren und den Konsiliarbericht verzichtet.

Die Vertragspartner in Baden-Württemberg weisen darauf hin, dass der G-BA seit Bestehen des PNP-Vertrags einen Teil der ursprünglich für diesen Vertrag entwickelten Leistungen und Steuerungen zur Psychotherapie in die Regelversorgung übernommen hat – zuletzt die Förderung der Gruppentherapie und die Vereinfachung des Gutachterverfahrens im Jahr 2020. Sie halten fest: „De facto ist diese Übernahme in die Regelversorgung die höchste Anerkennung eines innovativen Konzepts zur besseren Versorgung der Erkrankten.“ 2019 wurde der PNP-Vertrag um den Bereich Kinder- und Jugendpsychiatrie erweitert.

Medical-Tribune-Bericht

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