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Facharztvertrag Diabetologie: Spezialisierte Versorgung in Baden-Württemberg Stück für Stück ausgebaut

Niederlassung und Kooperation Autor: Petra Spielberg

„Unsere Bestrebungen gehen dahin, weitere Krankenkassen für einen Facharztvertrag zu gewinnen.“ – Dr. Richard Daikeler, Sinsheim, Vorsitzender der Diabetologen Baden-Württemberg eG. „Unsere Bestrebungen gehen dahin, weitere Krankenkassen für einen Facharztvertrag zu gewinnen.“ – Dr. Richard Daikeler, Sinsheim, Vorsitzender der Diabetologen Baden-Württemberg eG. © Sven Krautwald – stock.adobe.com; Privat
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Vor drei Jahren startete im Südwesten der Selektivvertrag Diabetologie, geschlossen zwischen der AOK, dem Ärzteverbund Medi sowie der Genossenschaft niedergelassener Diabetologen in Baden-Württemberg. Das Angebot geht weit über die Regelversorgung hinaus – zum Vorteil für Patienten wie Ärzte.

Seit dem Start haben sich 118 Ärztinnen und Ärzte in diabetologischen Schwerpunktpraxen sowie sechs Hochschul- und Kinderspezialambulanzen in den Vertrag eingeschrieben. Der Schwerpunkt liegt auf der spezialisierten Versorgung von Menschen mit Typ-1-Diabetes mit Systemen zur kontinuierlichen Glukosemessung und zur Insulinpumpentherapie.

Auf Schwerpunktpraxen zugeschnittener Vertrag

Teilnehmen können Ärzte für Innere Medizin, Allgemeinmedizin oder Kinder- und Jugendmedizin mit Schwerpunkt Endokrinologie bzw. Diabetologie. Sie müssen besondere Qualitätskriterien erfüllen, die sich an den Vorgaben der DDG orientieren. Dazu zählen unter anderem der Nachweis zur Durchführung qualifizierter Patientenschulungen, die Anstellung bzw. Kooperation mit einer Diabetesberaterin sowie die Teilnahme am DMP Diabetes.

„Unser Ziel war es, über das niedrigschwellige Angebot von Disease Management Programmen hinaus einen speziell auf diabetologische Schwerpunktpraxen zugeschnittenen Vertrag für eine qualitativ hochwertige Versorgung von Patienten zu schaffen, die eine intensivierte kontinuierliche Betreuung benötigen“, sagt Dr. Richard Daikeler, Vorsitzender der Diabetologen Baden-Württemberg eG.

Allein hätte die Genossenschaft dies allerdings nicht stemmen können, räumt der Sinsheimer Internist ein. Für ein solches Vorhaben sei neben juristischem Sachverstand auch Erfahrung im Realisieren von Selektivverträgen sowie im Teilnahme- und Abrechnungsmanagement erforderlich. Der Mediverbund leiste hier wertvolle Arbeit und habe sich als idealer Partner für Selektivverträge erwiesen. Die Versorgung von insulinpflichtigen Patienten habe sich merklich verbessert.

Für die teilnehmenden Ärztinnen und Ärzte lohnt sich der Aufwand ebenfalls. Im zweiten Quartal 2020 wurden circa 9500 Patienten behandelt und wurde ein Umsatz von etwa 660.000 Euro erzielt, was einen durchschnittlichen Fallwert von rund 70 Euro pro Patient ergibt. Die Vergütung wird von der AOK zusätzlich gezahlt, das heißt, die im KV-System üblichen Honorarbegrenzungen, Plausibilitätskontrollen oder eine Honorarbereinigung gibt es im Selektivvertrag nicht.

„Und die Mindestvertragslaufzeit von vier Jahren bietet Kalkulationssicherheit für zusätzliche Maßnahmen zur Qualifizierung und Anpassung der Praxisorganisation“, ergänzt der Vorstandschef von Medi Baden-Württemberg und Medi Geno Deutschland, Dr. Werner Baumgärtner.

Angebote für Schwangere und ein Modul zum diabetischen Fuß

Was bedeutet der Vertrag für die Patienten? Bei entsprechender Indikation bietet er ihnen die Möglichkeit, die modernste Technik zur interstitiellen Glukosemessung und zur Insulinpumpentherapie zu nutzen. Die AOK erstattet nicht nur die Kosten für Real-Time-Messgeräte und Flash-Glukose-Messsysteme. Ergänzt wird das Angebot durch umfassende Schulungen sowie eine intensive, kontinuierliche Betreuung durch die teilnehmenden Diabetologen, was nach Aussage von Dr. Daikeler das Selbstmanagement der Patienten erheblich verbessert.

Laut AOK Baden-Württemberg können etwa 25.000 Versicherte von der Technologie profitieren. Deren Vorstandvorsitzender Johannes Bauernfeind dazu: „Die qualifizierten ärztlichen Erst- und Folgeschulungen und eine regelmäßige intensive Betreuung in diabetologischen Schwerpunktpraxen sind zentral. Dabei sind vor allem der einfache Erhalt und die sichere Handhabung der Geräte sowie die Erstattung umfassend geregelt.“

Der Vertrag sieht ferner eine zusätzliche Beratung von bis zu 150 Minuten für Schwangere mit Gestationsdiabetes vor, für die die Praxen eine Vergütung von maximal 150 Euro erhalten. Seit Januar 2019 gibt es eine einmalige ärztliche Beratungspauschale pro Schwangerschaft in Höhe von 80 Euro. Im Juli 2019 startete zudem das Modul diabetischer Fuß mit einem gestuften Versorgungskonzept von Spezialisten, an dem aktuell 67 Fußambulanzen teilnehmen.

Pilotprojekt mit zehn Praxen zwecks Evaluation

Bislang wurden knapp 20.000 AOK-Versicherte im Rahmen des Haus- und Facharztprogrammes behandelt. Mit Blick in die Zukunft erhofft sich Dr. Daikeler, den Vertrag zu einem Vollversorgerangebot ausbauen zu können, von dem dann auch Patienten mit Typ-2-Diabetes profitieren können. Als schwierig erweise sich bislang allerdings die Evaluation des Angebots, gibt er zu. Ein Pilotprojekt mit zehn Praxen soll hierfür erste brauchbare Ansätze liefern.

Ersatzkasse folgt dem Beispiel der AOK

„Unsere Bestrebungen gehen zudem dahin, weitere Krankenkassen für einen Facharztvertrag Diabetologie zu gewinnen“, sagt der Internist. Mit der DAK ist dies bereits gelungen. Seit Januar 2020 können DAK-Versicherte in Baden-Württemberg über den Vertrag behandelt werden. 64 Praxen und 633 Patienten haben sich bereits eingeschrieben. Ein Schwerpunkt des Angebots liegt hier auch auf der Prävention von typischen Folgeerkrankungen des Diabetes.

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