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App Selbsttest, Videosprechstunde, Arznei-Preisvergleich und Einnahmeerinnerung

e-Health , Apps und Internet Autor: Michael Reischmann

Gesundheits-Apps werden trotz privater Kosten aufgrund ihres Komforts und des niedrigschwelligen Angebots gerne genutzt. Gesundheits-Apps werden trotz privater Kosten aufgrund ihres Komforts und des niedrigschwelligen Angebots gerne genutzt. © kebox – stock.adobe.com
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Die technische Entwicklung und die Liberalisierung des Rechts rufen neue Dienstleister auf den Plan, die sich mit Kooperationen in Diagnostik und Therapie einbringen. Hier ein Beispiel für eine Plattform samt digitaler Patientenreise.

So geht heute Telemedizin: Alex juckt‘s im Schritt. Er gibt die Symptome in eine Gesundheits-App ein. Die listet wahrscheinliche Ursachen auf und bietet ihm direkt die Bestellung eines Heimtestsets für übertragbare Geschlechtskrankheiten an. Er greift zu und wird umgehend beliefert. Alex schickt seine Urinprobe im frankierten Umschlag ans Labor. Dieses meldet ihm die Analyseergebnisse schnellstmöglich über die App zurück. Besteht aufgrund eines positiven Befunds Bedarf an ärztlicher Beratung? Alex bucht diese über die App bei einem Videosprechstunden-Anbieter mit KBV-Zertifikat. Auch diese Leistung muss er privat bezahlen. Die Ärztin stellt ihm ein Privatrezept aus, mit dem er eine Apotheke seiner Wahl kontaktieren kann. Das Problem wurde in wenigen Tagen gelöst. Alle wesentlichen Schritte erfolgten diskret von zu Hause aus mithilfe einer App – allerdings auf eigene Kosten. 

Julian Maar, Betriebswirt und fürs operative Geschäft bei der Berliner DoctorBox GmbH zuständig, schwärmt deshalb von der „Super-Health-App“. Das ist natürlich Marketingsprech, die Idee ist aber klar: Der Nutzer erhält vernetzte Dienste aus einer Hand – über eine vertrauenswürdige Plattform, die verschiedene Anbieter mit Kunden zusammenbringt. Die „DoctorBox“-App bietet z.B. neben dem Symptom-Checker, eine Pollenflug-Vorhersage, ein Schmerztagebuch, Erinnerungsfunktionen für Tabletteneinahme und Arzttermine, einen Preisvergleich freiverkäuflicher Medikamente sowie eine Dokumentenverwaltung. Zentral ist das Angebot eines Dutzend Selbsttestkits zu Prävention (Darmkrebsvorsorge, PSA, HPV), Akuttestung (z.B. Geschlechtskrankheiten, Allergene) und „Selbstoptimierung“ (Aminosäuren); Preisspanne: 30 bis 300 Euro.

Dass gesetzlich Versicherte bereit sind, Dienstleistungen wie den Geschlechtskrankheitentest samt ärztlicher Beratung selbst zu bezahlen statt den herkömmlichen Weg „auf Kasse“ zu gehen, erklärt Maar vor allem mit dem Komfort des niedrigschwelligen Angebots. Zudem hätten die Menschen aufgrund der Corona-Tests ein anderes Verständnis von Labortests entwickelt. 

Natürlich setzt das Datenschutz und -sicherheit auf hohem Niveau voraus. Maar sichert das zu, verweist auf die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung des DSGVO-konformen Datenaustauschs. Der digitale Gesundheitsassistent mit Symptom-Check erfülle als Klasse-2-Medizinprodukt Anforderungen, wie sie an verordnungsfähige DiGA gestellt würden. In die „sichere Strecke“ habe man viel Geld investiert.

Nach Angaben des Chief Operating Officers hat das 2016 gegründete Unternehmen 30 Mitarbeiter und 1,2 Mio. registrierte Nutzer hierzulande. Das Ziel für dieses Jahr ist die 2-Mio.-Kunden-Marke. Die letzte Kohortenerhebung ergab, dass über die Hälfte ein Alter von 50+ hat. Der Umsatz lag laut Maar 2022 bei etwa 2 Mio. Euro. Zu den GmbH-Gründern gehört auch ein Berliner Orthopäde.

Im Schnitt macht jeder Bundesbürger innerhalb eines Jahres mindestens einen Labortest, sagt Maar. Deshalb versucht das Unternehmen auch mit gesetzlichen Krankenkassen über Selektivverträge ins Geschäft zu kommen, etwa zu Heimtests für die Darmkrebsvorsorge. Mit der PKV sei man ebenfalls im Gespräch. Denn die Plattform lasse sich für Angebote an die eigenen Versicherten nutzen.

Viel erwartet sich Maar davon, wenn Apotheken, Ärzte und Labore die App für ihre Patienteninformation nutzen. Ein Beispiel: Gynäkologische Praxisteams könnten sich heutzutage nach einem Pap-Test nicht mehr mit Aussagen wie „Wenn wir uns nicht melden, war nichts“ der Rückrufe von Patientinnen erwehren, erzählt Maar. Diese Rückfragen binden aber Kapazitäten. Die Alternative ist: Ärztin und Patientin vereinbaren, dass das Labor im Fall eines unkritischen Befunds direkt die Patientin (über die sichere App) informiert. Das setzt voraus, dass die Ärztin und das Labor dieser Datenverarbeitung zugestimmt haben, genau wie die Patientin, die die besagte App nutzt. Laut Maar werden zu den beiden bayerischen Laboren, mit denen man bislang zusammenarbeitet, weitere hinzukommen.

In der Test-Phase ist noch ein Service für und von Apotheken. Den Apothekern eröffnet sich mit den pharmazeutischen Dienstleis­tungen u.a. die Möglichkeit der bezahlten Polymedikationsanalyse. Hier will sich das Berliner Unternehmen einklinken: Apotheken werden mit Tablets ausgestattet. Mit denen lassen sich für die Analyse die Strichcodes der Arzneipackungen, die ein chronisch kranker Patient mitbringt, und/oder dessen bundeseinheitlicher Medikationsplan (QR-Code) einscannen. Der Service, den die Apotheke dann über die App bietet, ist: Sie kann dem Patienten die Erinnerungsfunktion für die Arzneieinnahme (morgens/mittags/abends) einstellen und sich von diesem die Einnahme rückmelden lassen. Vergleichbar mit einem Wecker, auf den man drückt, wenn er klingelt. Die Erwartung ist, dass die Apotheke so Informationen über die Therapietreue erhält und den Patienten darauf ansprechen und ggf. an seinen behandelnden Arzt verweisen kann.

Maar sieht hierin einen Schritt zu der vom Bundesgesundheitsminister gewünschten „assistierten Telemedizin in Apotheken“. Diese schließe Versorgungslücken auf dem Land und stelle eine Ergänzung und keine Konkurrenz zu den Arztpraxen dar.

Medical-Tribune-Bericht

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