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„Error 2“ legt Praxis lahm

Praxismanagement , Praxis-IT Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

TI-Anbindung: Mobile Geräte retten vor Totalausfall – Systemfehler können sie nicht beheben.
TI-Anbindung: Mobile Geräte retten vor Totalausfall – Systemfehler können sie nicht beheben. © iStock.com/Savushkin; privat
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Die Anbindung der Praxen an die Telematik- In­frastruktur (TI) ist ein Gesetzesauftrag, der von Anfang an mit Problemen verbunden war – und es offensichtlich auch bleibt.

Ein Erfahrungsbericht von Dr. Gerd W. Zimmermann.

Was die Politik den Vertragsärztinnen und -ärzten bei der Anbindung an die TI zumutet, geht schlicht zu weit. Denn im Kern muss sich dabei die medizinische Versorgung den Computerprogrammen und Online-Verbindungen unterordnen. Gibt es hierbei Probleme – und die gibt es –, ist das Chaos perfekt und die Praxis steht still.

Am 27. März 2018 habe ich meine Praxis von meinem PVS-Anbieter Medistar anbinden lassen, um zu gewährleisten, dass der gesetzliche Auftrag zur TI-Anbindung rechtzeitig erfüllt wird, schließlich mehren sich die Hinweise, dass es zum Jahresende „eng“ werden könnte. Bedenken hatte ich keine, denn Medistar hat sich bis zu diesem Zeitpunkt als verlässlicher Partner in der digitalen Praxisverwaltung gezeigt.

Das Übermitteln der Daten für das 1. Quartal 2018 an die KV Hessen, der DMP-Daten und der Daten an die private Verrechnungsstelle haben auch wie immer anstandslos funktioniert. Dann war es aber leider mit der Zufriedenheit vorbei!

Konnektor stürzt dauernd ab, Einlesen der Karte unmöglich

Seit Beginn des zweiten Quartals 2018 geht in unserer Praxis beim Versichertenstammdatenmanagement praktisch nichts mehr. Der Konnektor stürzt regelmäßig ab, ein Online-Einlesen der Versichertenkarten ist nicht möglich. Bei jedem Absturz kommt es mehr oder weniger zum gleichen Szenario: Nach etwa 30 Minuten Warteschleife, oft mehreren Weiterleitungen und erneuten Schilderungen des Problems, erweist sich der erreichte Ansprechpartner als nur mäßig kompetent. Dann bekommt man Auskünfte wie „Sie müssen den Stecker am Konnektor ziehen und erneut starten“ oder „Mit dem neuen Quartalsupdate ist das Problem beseitigt“.

Irgendwann schaltet sich der Online-Service ein und setzt den Konnektor wieder in Funktion. Das hält meist einige Stunden, doch spätestens am nächsten Morgen, wenn das EDV-System neu gestartet wird, kommt die Meldung auf dem Lesegerät: „Error 2“.

Wobei die Hotline zunächst davon überzeugt war, dass es eine solche Meldung bei unserem System überhaupt nicht geben könne. Erst als wir einen Screenshot per E-Mail geschickt haben, hat man uns geglaubt – und war ratlos. Wohl aus Verzweiflung unterstellte man uns, wir würden die Geräte falsch bedienen. Das ist aber – auch nach Aussage des Anbieters – überhaupt nicht möglich: Karte einstecken, Knopf drücken – mehr ist da nicht zu tun!

Eine der Damen der Hotline versuchte zu deeskalieren, indem sie meinte, wir hätten wohl einen „Montagskonnektor“. Ihr Versuch in allen Ehren, lachen können wir darüber natürlich nicht mehr. Zumal auch kein Techniker zu uns geschickt wird, der versuchen könnte, den Fehler zu finden und dauerhaft zu beheben.

Stattdessen wurde uns ein Telefontermin zur Problemlösung vermittelt. Auf diesen Termin – während dem wir leider die Praxis werden schließen müssen, da kein Rezept, keine Überweisung, keine AU mehr möglich sein werden – warten wir allerdings noch eine Woche.

Problemlösung nächste Woche per Telefon – na super!

Wie wir trotzdem über die Runden kommen? Unsere Praxis wäre tatsächlich lahmgelegt, gäbe es nicht unsere alten mobilen Lesegeräte! Mit diesen können wir den Praxisablauf aufrechterhalten.

Den Inseraten der Compugroup zufolge, sind von ihr bereits über 10 000 Praxen an die TI angeschlossen worden. Meine Praxismitarbeiterinnen und ich wünschen diesen genauso wie allen, die den Anschluss noch vor sich haben, von Herzen, dass unsere Erfahrungen nicht zu generalisieren sind.

Hinzu kommt allerdings noch: Selbst wenn technisch alles funktioniert, zeigt sich eine weitere Schwäche des gesetzlich verordneten Systems: Etwa 20 bis 30 % der Versicherten haben eine ungültige Versichertenkarte vom G1-Typ. Die Kassen haben offensichtlich beim Versand der G2-Karten ihren Versicherten nicht ausreichend klar gemacht, dass diese nun zwar vom Ablaufdatum her zwei gültige Versichertenkarten haben, eine davon aber leider in den Praxen, die an die TI angebunden sind, nicht mehr funktioniert.

Das kann zu „netten“ Erlebnissen führen. So kam ein Patient mit einer solchen G1-Karte in die Praxis und wurde von uns darüber informiert, dass er sich bei seiner Kasse eine G2-Karte besorgen muss. Er tat, wie ihm gesagt – woraufhin die Kasse bei uns anrief und mein Personal beschimpfte, wir sollten uns doch gefälligst ein funktionierendes Praxisverwaltungssystem besorgen.

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