Wieso MFA der Praxis den Rücken kehren Fünf Führungsfehler, die Personal kosten
Gute Kommunikation, Feedback und vieles mehr stärkt auf langfristige Sicht Team- und Praxisstruktur.
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Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte haben immer auch eine zweite Rolle: Sie sind Führungskräfte. Versagt ihre Praxisführung, führt das aber zu Frust bei den MFA. Welche Fehler im schlimmsten Fall dazu führen können, dass Personal kündigt.
1. Feedback? Mangelware!
Mitarbeitende hängen in der Luft, wenn sie den eigenen Leistungsstand nicht richtig einschätzen können. Ein Feedbackdefizit führt oft zu Unsicherheit und verhindert Kreativität sowie Engagement von MFA. Deswegen gehört es als Praxis-Chefin oder -Chef sogar zu Ihren Hauptaufgaben, regelmäßiges Feedback zu geben.
Das können Sie mit wöchentlichen Teambesprechungen verbinden. Achten Sie darauf, dass diese Teambesprechungen im turbulenten Praxisalltag nicht unter den Tisch fallen! Wenn die regelmäßige Kommunikation ausbleibt, kann Ihnen mittel- und langfristig Ihr Team „um die Ohren fliegen“.
Außerdem bieten Ihnen Besprechungen mit dem gesamten Team eine gute Möglichkeit, sich in Ihrer Führungsrolle zu zeigen und ein Gespür für die allgemeine Stimmung zu bekommen. Fragen Sie die Mitarbeitenden regelmäßig, wie sie sich in ihrer Rolle in der Praxis fühlen und was sie für ihre Weiterentwicklung brauchen. Verbunden mit einem netten Austausch auf menschlicher Ebene, können die Besprechungen für Vertrauen und Zusammenhalt im Team sorgen. Im Optimalfall entsteht dadurch eine lebendige Feedbackkultur, die auf gegenseitigem Respekt basiert.
Natürlich dürfen bzw. müssen Sie sogar Kritik üben, wenn Ihnen eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter dazu Anlass gegeben hat. Doch bleiben Sie dabei stets fair und sachlich. Und zu jedem Kritikpunkt gibt es bestimmt auch mindestens einen Punkt, der es wert ist, gelobt zu werden. Denn langfristig lassen sich Mitarbeitende nur über echte Wertschätzung in der Praxis halten.
2. Es herrscht eine schlechte Fehlerkultur
Einige Beschäftigte sowie Praxisleitungen haben Angst vor den Konsequenzen, die ein offener Umgang mit Fehlern mit sich bringen könnte. Doch eine schlechte Fehlerkultur hat sowohl für den einzelnen Mitarbeitenden als auch für die gesamte Praxis verheerende Auswirkungen. Zu den häufigsten Konsequenzen zählen beispielsweise die Vertuschung von Fehlern, die Schwächung des Selbstwertgefühls sowie eine Störung des Arbeitsklimas.
Eine gute Fehlerkultur ist somit unabdinglich: Nur wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Gefühl haben, dass aus der Bekanntgabe eines eigenen Fehlers keine persönlichen Nachteile entstehen, können Sie sicher sein, von den Fehlern zeitnah zu erfahren. So lässt sich beispielsweise in den regelmäßigen Teambesprechungen den MFA vermitteln, dass man gemeinsam an der hohen Praxisqualität arbeitet und das Verheimlichen begangener Fehler für das ganze Team Nachteile bringt.
Von entscheidender Bedeutung ist dabei, wie Sie als Chefin bzw. als Chef mit Fehlern umgehen: Statt unüberlegt direkt die Frage „Wer war das?“ zu stellen, sollte die lösungsorientierte Fehlerbearbeitung im Fokus stehen. Sinnvoll sind hier folgende Fragen:
- Wie lässt sich ein drohender Schaden minimieren? (z. B. bezüglich der Patientenzufriedenheit)
- Welche Umstände haben zu dem Fehler beigetragen? (z. B. Arbeitsüberlastung, unklare Kompetenzen, fehlende Kontrolle)
- Wie kann man verhindern, dass sich der Fehler wiederholt?
- Welche positiven Lerneffekte ergeben sich aus dem Vorfall für das gesamte Team?
- Wer muss über den Fehler informiert werden und wie geschieht das transparent und verantwortungsvoll?
3. Konflikte werden ignoriert, nicht gelöst
Manchmal schwelen in einer Praxis Konflikte, die über lange Zeit nicht gelöst werden. Das kann gefährlich sein, denn Demotivation und Misstrauen bis hin zu großen finanziellen Schäden können die Folge sein. Nehmen Sie deswegen Konflikte in ihrem Praxisteam immer ernst.
Konflikte lassen sich in sozialen Gruppierungen schlichtweg nicht vermeiden. Und auch wenn Ihnen die Gründe augenscheinlich sinnlos oder kindisch erscheinen: Häufig steckt hinter einem scheinbar oberflächlichen Streit ein viel tieferliegender Grund. Ist die Situation aber erst einmal eskaliert, ist es immer schwieriger, wieder eine gute Arbeitsatmosphäre herzustellen.
Bei Konflikten gilt deshalb:
- Ermutigen Sie Ihre MFA, sich bei Problemen an Sie zu wenden.
- Haben Sie ein offenes Ohr für alle Beteiligten, ihre Meinungen und Ansichten.
- Bleiben Sie ruhig und objektiv.
- Handeln Sie so frühzeitig wie möglich.
- Vereinbaren Sie konkrete nächste Schritte und überprüfen Sie die Umsetzung.
- Beziehen Sie – wenn nötig – eine neutrale dritte Person als Vermittler mit ein.
4. Schlechte Delegation von Aufgaben und Mikromanagement
Wer Aufgaben an seine Mitarbeitenden delegiert, demonstriert diesen sein Vertrauen. MFA, die auf diese Weise Förderung, Rückendeckung und Wertschätzung durch die Praxisleitung erfahren, sind motiviert, das entgegengebrachte Vertrauen zu rechtfertigen. Gleichzeitig entlasten Sie sich selbst durch das Delegieren von bestimmten Aufgaben.
Funktioniert die Delegation in einer Praxis nicht gut, hat das Auswirkungen auf beiden Seiten: Die Praxisleitung ist unzufrieden und hat mehr Stress, da sie die Aufgabe nun korrigieren oder selbst erledigen muss. Und auf der anderen Seite schwindet die Motivation der Beschäftigten, da diese kein Vertrauen von ihren Vorgesetzten erfahren.
Vor einem Delegationsgespräch ist es aber elementar, immer erst zu entscheiden, ob und an wen die Aufgabe überhaupt delegierbar ist. Dabei sind folgende Fragen zu berücksichtigen:
- Verfügt die Person, an die delegiert werden soll, über alle relevanten Kenntnisse und Informationen?
- Hat die oder der Beschäftigte genügend Übung, um die Aufgabe zu erfüllen?
- Ist die Person, die beauftragt werden soll, motiviert genug, die Aufgabe zu erfüllen?
- Verfügt die Person über Zeit und Freiräume, um die Aufgabe zu erledigen?
- Gibt es Schnittstellen mit anderen Aufgaben oder Teammitgliedern, die zu berücksichtigen sind?
- Ist die Person bereit, die Verantwortung für das Ergebnis zu übernehmen?
5. Die Angestellten haben keine ausgewogene Work-Life-Balance
MFA, die unter Dauerstress arbeiten, zahllose Überstunden anhäufen und zu wenig schlafen, sind schlichtweg weniger effizient und arbeiten qualitativ schlechter. Wenn Sie Ihre MFA halten möchten, müssen Sie dafür sorgen, dass sie sich in ihrem Job wohlfühlen. Dazu gehört auch eine ausgewogene Work-Life-Balance. In den letzten Jahren hat sich gezeigt, wie wichtig diese Balance für viele Menschen ist. Überstunden sind zwar in Ordnung, aber sie müssen eine Ausnahme sein. Gehören sie zur Regel, werden möglicherweise Krankenstand und Fluktuationsrate in Ihrer Praxis ansteigen.
Berücksichtigen Sie individuelle Lebenssituationen wie Elternschaft oder Pflegeverantwortung bei der Arbeitszeitgestaltung. Ein achtsamer Umgang mit der persönlichen Situation, wie z. B. ein freier Nachmittag nach einem sehr stressigen Tag in der Praxis, bleibt bei ihren Angestellten nicht unbemerkt und stärkt die Teamatmosphäre.
Wenn es bei Ihnen umsetzbar ist, führen Sie flexible Arbeitszeitmodelle oder Homeoffice-Zeiten ein. Homeoffice in der Praxis mag für manche Beschäftigte im Gesundheitswesen erstmal befremdlich klingen, doch die technischen Möglichkeiten sind gegeben und die Vorteile vielfältig. Durch Corona haben viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Praxis oder einer Klinik bereits Erfahrungen damit gesammelt. Und tatsächlich gibt es einige Tätigkeiten, die sich im Homeoffice besser und entspannter erledigen lassen. Vor allem MFA, die mit dem Praxismanagement vertraut sind, profitieren davon.
Ein stabiles und gut organisiertes Team, das nicht viel Führung vor Ort braucht, ist jedoch Bedingung für das Gelingen von Homeoffice-Lösungen. Auch das Vertrauen der Praxisleitung ist Grundvoraussetzung – Kontrolle kann aber eine wichtige Stütze sein. Schaffen Sie klare Strukturen im Hinblick auf die täglichen Arbeitszeiten und erstellen Sie Listen, was wann abgearbeitet werden muss.