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IT-Vernetzung macht Ärztenetze erfolgreich

Praxismanagement , Praxis-IT Autor: Anouschka Wasner

Immer mehr Praxen vernetzen sich untereinander. Immer mehr Praxen vernetzen sich untereinander. © Fotolia/kras99
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Datenschutz & Datensicherung in der Arztpraxis (5). Elektronische Vernetzung macht Praxisnetze erst wirklich effektiv. Doch warum sollen Praxen sich überhaupt vernetzen? Und wie lässt sich IT-Vernetzung auch sicher gestalten?

Eine Praxis, ein Telefonanschluss, ein Fax, ein paar Telefone und der Briefkasten um die Ecke – wenn die Versorgung bisher so bestens funktioniert hat, warum sollten sich Arztpraxen jetzt vernetzen? Die Frage ist angesichts des Aufwands und der Risiken, die eine schlechte Vernetzung mit sich bringen kann, berechtigt – trotzdem entscheiden sich immer mehr Praxen dafür, warum?

Praxisberater Jörg Hassenpflug sammelt seit einigen Jahren Erfahrungen mit der Vernetzung von Arztpraxen. Unter anderem ist er seit drei Jahren Geschäftsführer eines Ärztenetzes in der Eifel, zu dem mittlerweile 63 Ärzte in 43 Praxen gehören.

Zu den Zielen des Praxisnetzes gehört es:

  • Durch Synergien in Bestellwesen und QM, Vermeidung von Doppeluntersuchungen sowie generell größere Effizienz eine Kostenreduzierung zu erreichen und so die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.
  • Durch den Aufbau regio­nalen „Best Practice“-Know-hows, die Implementierung praxis­übergreifender Leitlinien sowie ein Qualitätsmonitoring durch Versorgungsstudien Behandlungsabläufe zu verbessern.
  • Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen zu können.
  • Versorgungsverträge mit Krankenkassen schließen zu können.

Welche Möglichkeiten bietet die gemeinsame elektronische Plattform dem Praxisnetz?

Der erfahrene Praxisberater sieht die entscheidenden Vorteile einer Vernetzung in den Möglichkeiten, die eine gemeinsame IT-Kommunikationsplattform mit sich bringen kann:

1. Sichere gerichtete Kommunikation mit den Mitgliedern des Praxisnetzes. Dazu gehört der E-Mail-Verkehr zwischen den Kollegen sowie mit weiteren abgesicherten Kommunikationsteilnehmern (nicht aber die Kommunikation z.B. mit Patienten, die einen E-Mail-Account bei einem der kostenlosen Anbieter haben).

Dadurch verbessern sich auch die Übergänge an den Schnittstellen ambulant-stationär, Reha sowie Pflege. Die Übermittlung von Befundberichten verläuft schneller und effektiver. Soll die multimorbide Patientin mit Anzeichen einer KHK zum Kardiologen, kann der Hausarzt diesem vorab die Informationen z.B. zur bestehenden Medikation zukommen lassen, sodass der Facharzt die Patientin in der Dokumentation bereits anlegen und die Informationen zuordnen kann.

2. Standardisierte gerichtete Kommunikation mit den Mitgliedern des Praxisnetzes. Standardisierte Vorlagen unterstützen die Abläufe und die Dokumentation des Behandlungspfades im Rahmen eines gemeinsamen Versorgungsvertrages. Beispiel: Abbildungen von Organen mit Markierungsmöglichkeit, die dem Facharzt zentrale Informationen auf einen Blick vermitteln. Eventuell bietet der Ärztedienst hierzu sogar Vorlagen an, die von dem Netz auf die eigenen Bedürfnisse angepasst werden können.

3. Ständig aktuelle Vorlagen für das gemeinsame Netz- und Praxismanagement. Beispiele: QM-Handbücher, Bestellformulare, Vorlagen zur Schweigepflichtentbindung.

4. Elektronische Patientenakte mit automatisiertem Datenexport. Wichtige Daten wie z.B. Dauer­diagnosen werden automatisiert ausgelesen und können von den entsprechenden Praxen aktuell eingesehen werden. Eine spezielle Chipkarte kann als Schlüssel dienen, mit dem der Patient die Datenweitergabe an einen anderen Arzt freigibt.

5. Gemeinsamer Terminkalender und gemeinsame Adressdatei mit den Kollegen des Netzwerkes. Diese Funktion kann auch Outlook erfüllen, sofern ein Exchange-Server vorhanden ist – eine arztspezifische Insellösung ist also nicht unbedingt vonnöten. Interessant wird der gemeinsame Kalender erst recht, wenn das Praxisnetz gemeinsames Personal einsetzt, etwa eine Verah oder eine andere speziell geschulte MFA.

6. Praxisübergreifende Daten­analyse, um das Netz attraktiv für Krankenkassen zu machen und Verträge der Integrierten Versorgung umsetzen und abbilden zu können. Neben der reibungslosen und aufwandsarmen Abwicklung wird engmaschiges Controlling möglich.

Praxisnetz: Wie sieht es technisch aus?

Und wie sieht die Kommunikationsplattform eines Netzes aus technischer Sicht aus? Erstes Ziel ist es, vor Angriffen aus dem Netz geschützt zu sein. Das erreichen Sie mithilfe einer Firewall, eines gemanagten Virenscanners und einer gesicherten Verbindung zur Datenübertragung.

Welche Software ist die richtige für welches Praxisnetz?

Als Nächstes geht es darum, sich ein Instrument zu beschaffen, um standardisierte Daten sammeln zu können – das kann über Ärztedienste wie On-lab, CGM Compu­Group oder medatixx erfolgen. Wichtig ist, dass ein potenzielles Arztnetz sich vor der Entscheidung für eine Netzsoftware überlegt, welche Funktionen und Eigenschaften ein Anbieter garantieren muss und welche Kriterien vielleicht weniger wichtig sind. So ist es zum Beispiel in den meisten Fällen ganz entscheidend, ob das System mit allen vertretenen Praxis-EDV-Systemen kompatibel ist. Es gibt aber auch einige wenige Netze, in denen sich die Praxen sowieso auf ein gemeinsames System festlegen. Desweiteren benötigt man gegebenenfalls Dienstleister-Programme wie etwa Star Healthcare oder medmedias, um bestimmte Analysen der Daten durchführen zu können.

Praxisübergreifende Patientenakte kann Qualität sichtbar machen

Stellen wir uns etwa vor: Ein Hausarzt hat eine ältere Patientin mit Osteoporose, KHK und Diabetes. Die Medikation erfolgt vonseiten des Hausarztes, eines Facharztes und einer Klinik. Der Behandlungspfad, nach dem hier vorgegangen werden soll, ist im System vorgegeben und kann dem Arzt an entsprechender Stelle im System signalisiert werden. Im ersten Schritt werden die Daten der Patientin in einer elektronischen Patientenakte zusammengetragen. Die Übersicht, die so entsteht, geht an einen geriatrischen Pharmazeuten. Dieser ist auf den Stoffwechsel von älteren Patienten spezialisiert und kontrolliert die Poly­pharmazie der Dame. Und gleichzeitig werden Verbesserungen und Einsparpotenziale bei Medikation und Behandlungsabläufen offenkundig. Mit den Daten, die die Systeme über das gesammte Ärztenetz hinweg sammeln und verarbeiten, kann das Praxisnetz vor den Krankenkassen mit Qualität und Sparpotenzialen punkten. Solche Behandlungspfade einzurichten, erfordert natürlich Engagement.

Im Real-Life braucht Vernetzung ein bisschen länger...

Im echten Leben entstehen die wenigsten Netze aus dem Stand mit ihrer letztendlichen Anzahl an Mitgliedern. Meistens schließen sich erstmal vielleicht zehn Praxen zusammen und führen die gerichtete Kommunikation zwischen den Mitglieder ein. Dann erst werden nach und nach zusätzliche Praxen ins Boot geholt und weitere Funktionen der Kommunikationsplattform aktiviert. Und Achtung: Stellt sich im Alltag heraus, dass nur ein geringer Teil der technisch möglichen Funktionen einer Vernetzung genutzt werden, liegt das in aller Regel keineswegs daran, dass diese Funktionen überflüssig sind, weiß Jörg Hassenpflug aus eigener Erfahrung. Vielmehr hat sich erwiesen, dass Unterstützung bei der strukturellen Einführung neuer Funktionen und die entsprechende technische Schulung des Teams immer dazu führt, dass die neuen Möglichkeiten gerne und mit großem Erfolg angenommen und eingesetzt werden.
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