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Legasthenie muss einer Karriere nicht im Weg stehen

Autor: Eric Hofstiepel

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Jedes Kind macht zu Beginn seiner Schulkarriere Schreibfehler. Wenn Ihr Kind aber auffallend mehr Fehler macht als andere, sollten Sie sich mit dem Thema Lese- und Schreibschwäche beschäftigen. Die Veranlagung für Legasthenie, auch Dyslexie genannt, ist in erster Linie vererbt. Umweltfaktoren und Übung spielen aber auch eine große Rolle.

Der kleine John sitzt verkrampft über seinen Hausaufgaben. Er erkennt die Worte nicht wieder und muss sie Buchstabe für Buchstabe zusammensetzen. Er ist intelligent, hat immer die Schule besucht und die Sprachtherapeuten stehen in den Fünfzigerjahren vor einem Rätsel. Als er nach unzähligen Sitzungen immer noch nicht den Unterschied zwischen den Worten Allegorie und Allergie erkennt, wird John dem Schulpsychiater übergeben.

Der kleine John heißt Irving

Der kleine John heißt mit Nachnamen Irving und ist heute ein international bekannter Bestsellerautor. „Natürlich war meine Legasthenie dafür [für die Rechtschreibschwäche] verantwortlich, aber da es diese Diagnose Ende der fünfziger und Anfang der sechziger Jahre noch nicht gab, stufte der Sprachtherapeut [...] meine miserable Orthographie als psychologisches Problem ein (ein Befund, durch den sich meine schulische Situation nicht gerade verbesserte).“

Die Diagnose einer Legasthenie erfolgt nach einem Ausschlussverfahren anderer Gründe, die für die Lese- und Rechtschreibschwäche verantwortlich sein könnten: Wenn ein intelligentes Kind immer zur Schule gegangen ist, nicht mehrsprachig aufwächst, keinerlei Hör- oder Sehschwierigkeiten hat und sich trotzdem auffallend schwer tut beim Lesen und Schreiben, spricht man von Legasthenie oder Dyslexie.

In Deutschland leiden ca. 5 Prozent aller Kinder an Dyslexie, was bedeutet, dass sich statistisch in jeder Schulklasse ein Kind mit diesem Handicap befindet. Schuld daran ist eine genetische Veranlagung: Dyslexie ist vererbbar. Bei den meisten Menschen mit Dyslexie ist ein weiterer Fall der Lese- und Rechtschreibschwäche in der Verwandtschaft feststellbar. Wissenschaftler gehen davon aus, dass es bei der Gehirnreifung schon im Mutterleib zu kleinen Funktionsstörungen kommt.

Kinderlieder schulen Bewusstheit für Laute

Betroffen ist davon die so genannte phonologische Bewusstheit, die es uns ermöglicht, das Gemeinte schnell begrifflich zu fassen, und über das Lautmuster bzw. über die Buchstabenfolge des betreffenden Wortes Wissen aufzunehmen, zu verarbeiten, zu speichern und abzurufen. Kinder müssen dabei lernen, dass Sätze aus Wörtern, Wörter aus Silben und Silben aus Lauten aufgebaut sind. Kinderlieder und Abzählreime helfen ihnen dabei, die formalen Eigenschaften der Lautstruktur zu begreifen.

Leider werden die meisten Dyslexiefälle erst in der dritten und vierten Grundschulklasse diagnostiziert. Dann haben die Kinder aber oft schon eine mehrjährige Leidenszeit voller Misserfolge hinter sich und ihre Lernmotivation ist stark gesunken. Dabei kann eine pädagogische Betreuung im Vorschulalter Kinder mit Dyslexie gut identifizieren. Die betroffenen Kinder fallen dadurch auf, dass sie Wörter nicht richtig betonen oder komplizierte Wörter sogar vermeiden, da ihnen die Lautstruktur nicht eingänglich ist. Genauso haben sie oft beim Klatschen von Rhythmen Schwierigkeiten oder können Reime nicht erkennen.

Eltern sollten wissen, dass Dylexie keine heilbare Krankheit und auch keine Entwicklungsverzögerung ist, die sich „herauswächst“. Aber sie sollten auch wissen, dass eine gezielte Förderung hilft, die Schwierigkeiten zu überwinden – siehe John Irving.
 

Was können Eltern tun?

  • Verlassen Sie sich nicht darauf, dass Lehrer oder Erzieher die Schwäche entdeckt – gerade intelligente Kinder können Fehler gut vertuschen. Zeigt sich eine Verzögerung in der sprachlichen Entwicklung, sollten Sie so früh wie möglich aktiv werden.
  • Lassen Sie ihr Kind auf Seh- und Hörschwächen untersuchen und forschen sie in ihrer Familie nach, ob es bereits Fälle von Lese-Rechtschreibschwäche gibt.
  • Wenn bei Ihrem Kind eine Dyslexie festgestellt wurde: Lassen Sie sich von der Schule beraten, wo und wie Spezialisten helfen können und erkundigen Sie sich, ob es in ihrer Nähe eine Selbsthilfegruppe gibt.
  • Lassen Sie sich von den Therapeuten und Lehrern erklären, wie sie arbeiten und wie Sie zur Therapie beitragen können bzw. wie Sie ihr Kind an anderer Stelle entlasten, damit ihm noch die nötige Freizeit bleibt.
  • Bei allen Lernschwierigkeiten gilt: Überfordern sie ihr Kind nicht und seien sie geduldig! Denn am wichtigsten für gute schulische Leistungen ist es, die Lernmotivation zu erhalten.

Mehr Informationen erhalten Sie unter www.legasthenie.net

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