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Patientenberatung mobil vor Ort plus Videokonferenz

Praxismanagement , Patientenmanagement Autor: Michael Reischmann, Foto: thinkstock

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"Wir sind keine Gegner", sagt Thorben Krumwiede, Geschäftsführer der neuen Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), in Richtung Ärzteschaft. Patientenberatung heiße z.B. Aufklärung über Therapieoptionen, aber auch Bestätigung ärztlicher Entscheidungen.

Im Januar ist die neue UPD mit ihrer Telefonberatung und aufgefrischter Homepage gestartet. Im April sollen eine App, die Vor-Ort-Beratung in 30 Städten an jeweils zwei Tagen pro Woche und die drei UPD-Mobile, die in 105 Städten einmal im Quartal Halt machen, für eine größere Bekanntheit des von GKV und PKV mit jährlich neun Millionen Euro finanzierten Angebots sorgen. Das Ziel: Die bisherige Nutzung soll von rund 80 000 Beratungen pro Jahr auf 225 000 gesteigert werden.

Nachdem die Vergabekammer beim Bundeskartellamt im September 2015 die Rechtmäßigkeit der Ausschreibung des GKV-Spitzenverbandes und des Zuschlags an die Firma Sanvartis, die als Dienstleister u.a. für Krankenkassen und Pharmaunternehmen tätig ist, bestätigt hat, bemüht sich die neue gemeinnützige UPD-GmbH um Vertrauen in ihre Unabhängigkeit, ihr Know-how und ihr Können.

Bundestagsausschuss redet über Perspektiven der UPD

Politisch ist es um das Aus für die bisherigen UPD-Träger VdK, Verbraucherzentralen und den Verbund Unabhängige Patientenberatung ruhiger geworden. Allerdings findet am 24. Februar im Gesundheitsausschuss des Bundestages eine öffentliche Anhörung statt; die Fraktion Die Linke fordert eine grundlegende Reform der Patientenberatung.

Auditor überwacht die Neutralität der Beratung

Patientenberatung – das betrifft bislang zu etwa 70 % rechtliche Fragen, vor allem zu Kostenübernahmen und Krankengeld, und zu 30 % medizinische Themen, sagt UPD-Geschäftsführer Krumwiede. Der Betriebswirt, zu dessen beruflichen Stationen unter anderem Sanvartis, der Malteser Hilfsdienst und die AOK Rheinland/Hamburg gehörten, sprach mit Medical Tribune darüber, was sich bei der UPD tut.

Unabhängigkeit: Es wird in der Berliner UPD-Zentrale ein "Auditor" installiert (die Personalie ist noch nicht entschieden). Er kontrolliert die Neutralität der Beratung, z.B. durch Einsicht in Unterlagen und Gesprächdokumentationen, und berichtet an den UPD-Beirat.

Ganz ohne Sanvartis geht es allerdings nicht. Die UPD nutzt eine (leere) Datenbankstruktur zum Aufbau einer eigenen, neuen Datenbank. Außerdem gebe es einen "lebenden Anrufbeantworter" für Spitzenzeiten, erläutert Krumwiede: Wenn das UPD-Callcenter überlastet ist, können Sanvartis-Mitarbeiter zusätzliche Anrufe entgegennehmen und diese dann der UPD melden.

Beratung per Videokonferenz: Können die Mitarbeiter in den Vor-Ort- und mobilen Beratungen die Fragen der Patienten nicht selbst klären, lässt sich (zu verabredeten Terminen) ein Jurist, Arzt, Zahnarzt oder Apotheker per Videokonferenz dazuschalten. So werden auch Dolmetscher eingebunden. Die Ausschreibung sah vor, dass die UPD auch in Türkisch und Russisch informiert, wofür es eigene Rufnummern zu Muttersprachlern gibt.

Die UPD arbeitet mit Ärzten auf Angestellten- und freier Basis zusammen. Ein Ziel sind rund 500 Infotexte zu medizinischen Themen, auf die UPD-Mitarbeiter per Datenbank zugreifen können. Eine aktuelle Information zum Zika-Virus sei innerhalb von 36 Stunden erstellt worden.

Keine Diagnosen, keine zweite Meinung

Die Auskünfte an die Patienten basierten auf Leitlinien und evidezenbasierter Medizin, betont Krumwiede. Hinweise zu Therapieoptionen würden mit dem Rat versehen, den behandelnden Arzt anzusprechen. Die UPD stelle keine Diagnosen und biete kein Zweitmeinungsverfahren. Sie kann auf spezielle Versorgungsprogramme der Krankenkasse des jeweiligen Versicherten verweisen.

Zu Anfragen, die die Leistungen von Kranken- und Pflegekassen betreffen, etwa fristgerechte Widerspüche zu ablehnenden Bescheiden, erklärt Krumwiede: "Wir erstellen keine Antwortschreiben, geben aber sehr konkrete Hinweise."

Eine Beschwerde, etwa über einen zu hohen Eigenanteil in der Rechnung des Zahnarztes oder eine IGeL, lasse sich durch Nachfragen, Einsicht in Unterlagen und laienverständliche Erläuterungen durchaus in Verständnis wandeln, schildert der UPD-Geschäftsführer. Zeigten sich allerdings gehäufte Auffälligkeiten seien auch Rücksprachen mit dem Patientenbeauftragten oder involvierten Organisationen möglich.

Aktuell fällt der UPD beispielsweise auf, dass Patienten mit den Terminservicestellen der KVen noch nicht zurechtkommen. Rufnummern und Erreichbarkeit sind regio­nal unterschiedlich. Hier könnte Vereinheitlichung helfen, meint Krumwiede.

Gespräch kann auch zwei Stunden dauern

Derzeit berät die UPD etwa 300 Patienten täglich. Ein Beratungsgespräch dauert im Schnitt 20 bis 30 Minuten. Es gebe kürzere, aber auch deutlich längere Gespräche, z.B. über zwei Stunden im Fall möglicher Therapien für eine privat versicherte, multimorbide Krebspatientin, erzählt Krumwiede.

Die Befürchtung in Ärztekreisen, die neue UPD könne zu kassenfreundlich beraten, versucht Krumwiede mit Verweis auf gesetzliche und vertragliche Vorgaben zu dämpfen. Auch der jährliche Tätigkeitsbericht an den Patientenbeauftragten wird zeigen, was sich bei der UPD nach dem Trägerwechsel getan hat.


Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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