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Ehegatten-Notvertretung „Sind Sie die bessere Hälfte?“

Praxismanagement , Praxisführung Autor: Anouschka Wasner

Das Gesetz gilt nur innerhalb einer Ehe und in eingetragenen Lebenspartnerschaften, Das Gesetz gilt nur innerhalb einer Ehe und in eingetragenen Lebenspartnerschaften, © mavoimages – stock.adobe.com
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Ehegatten sind seit dem 1. Januar 2023 dazu ­berechtigt, sich im Fall der Einwilligungsunfähigkeit des anderen in der Gesundheitssorge zu vertreten. Ärztinnen und Ärzte müssen dann wissen, wie die Regelung funktioniert. 

Nicht nur während der Behandlung in der Notaufnahme oder auf einer Intensivstation: Auch  im Rahmen einer notfallmedizinisch-präklinischen Versorgung können kritisch Kranke in die Situation kommen, dass sie ihre Angelegenheiten der Gesundheitssorge nicht mehr selbst regeln können. Seit Anfang dieses Jahres können Ehegatten dann in einem bestimmten Rahmen ihren Partner bzw. ihre Partnerin in Fragen der Gesundheitsvorsorge vertreten. Welche Pflichten kommen damit auf die behandelnden Ärztinnen und Ärzte zu? 

Wann kommt die Ehegatten­notvertretung zum Tragen?

Ein Betreuungsfall für gesundheitliche Angelegenheiten tritt ein, wenn ein Patient seine Fragen der Gesundheitssorge nicht mehr selbst regeln kann. Ob und ab wann der Patient nicht mehr einwilligungsfähig ist, wird vom behandelnden Arzt bescheinigt. Zu den Angelegenheiten, die in einer Akutphase einer medizinischen Versorgung zu regeln sind, gehören auch Entscheidungen, die schwere oder dauerhafte Gesundheitsschäden oder den Tod zur Folge haben können und die in einer Gesundheitsvollmacht ausdrücklich erwähnt werden müssten.

Wer darf den Patienten ­vertreten? 

Das Gesetz gilt nur innerhalb einer  Ehe und in eingetragenen Lebens-partnerschaften, ausgenommen davon sind in Trennung lebende Paare, unverheiratete und verlobte Partner. Der behandelnde Arzt muss sich deswegen im Gespräch durch gezielte Fragen davon überzeugen, dass die Partnerschaft bzw. Ehe besteht und aktuell geführt wird. 

Und wenn es eine Vorsorgevollmacht gibt oder eine Betreuung eingerichtet ist?

Die Notvertretung ist nachrangig gegenüber einer Betreuung und auch einer Vorsorgevollmacht. Die Ärztin muss sich deswegen davon überzeugen, ob eine dieser beiden Vertretungsformen vorliegt. Sie ist aber nicht verpflichtet nachzuforschen: Grundsätzlich ist es ausreichend, die Information beim Partner abzufragen. 

Gibt es Zweifel an der Aussage, sind die Voraussetzungen für die Notvertretung nicht gegeben und es muss das zuständige Betreuungsgericht zur Einrichtung einer solchen angerufen werden. Hat die Ärztin den vertretenden Partner über seine Aufgabe wenigstens in groben Zügen aufgeklärt, übergibt sie ihm die Bescheinigung über die medizinischen Voraussetzungen für den Vertretungsfall. Auch die Bescheinigung, dass keine Gründe gegen die Vertretung vorliegen, wird im Original übergeben, eine Kopie verbleibt in der Patientenakte. 

Besteht die Notvertretung des Partners auf Dauer?

Die Notvertretung gilt maximal sechs Monate bzw. bis der Patient wieder selbst über seine Gesundheitsangelegenheiten entscheiden kann. Hat die Notvertretung geendet und es kommt zu einer erneuten Betreuungsbedürftigkeit des Patienten, muss die Vertretung wieder formal bestätigt werden. Die Sechsmonatsfrist beginnt dann von vorne.

Was gilt in der notfallmedi­zinischen Versorgung vor Ort?

Anders als der Arzt in der Klinik gewinnt der Notarzt meist einen Einblick in die Lebensumstände des Patienten, sodass die Frage des ehelichen bzw. lebenspartnerschaftlichen Zusammenlebens als Kriterium für die Vertretungsberechtigung in der Regel leicht zu klären ist. Das ist wichtig, da es z.B. bei einer Klinikeinweisung zu den wichtigen Übergabeinformationen gehört zu klären, ob dem Partner bereits eine Bestätigung der Notvertretung ausgestellt und eine schriftliche Erklärung eingeholt wurde.

Ohne vorherigen (Not-)Arztkontakt ist eine erstmalige Ausübung des Notvertretungsrechts gegenüber Rettungsdienstmitarbeitern allerdings nicht möglich. Die Feststellung der Voraussetzung für das Eintreten des Betreuungsfalls ist nach dem Gesetz „ärztlich“ zu bestätigen und fällt außerdem im Sinne einer Diagnosestellung in den nicht delegierbaren Bereich ärztlicher Tätigkeit. Es gilt allerdings auch: In Abwesenheit des Notarztes ist der Patientenwille zu ermitteln und zu beachten. Fehlt eine entsprechende Verfügung, muss der Wille z.B. auch im Gespräch mit dem Ehegatten gemutmaßt werden. 

Eine Formularvorlage zur Feststellung der Nicht-Einwilligungsfähigkeit sowie das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen gibt es bei der Bundesärztekammer im Servicebereich unter den (Muster-)Formularen. Dort stehen außerdem auch Hintergrundinformationen zur Verfügung zur Aufklärung des vertretenden Partners.

Medical-Tribune-Bericht

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