Anzeige

Berufsordnung Von der Patientin zum Erben gemacht

Praxismanagement , Patientenmanagement Autor: RA Dirk R. Hartmann

Ob die testamentarische Festlegung zum Miterbe eines Arztes durch eine Patientin rechtens ist, muss oft im Einzelfall entschieden werden. Ob die testamentarische Festlegung zum Miterbe eines Arztes durch eine Patientin rechtens ist, muss oft im Einzelfall entschieden werden. © Vittaya_25 – stock.adobe.com
Anzeige

Eine Entscheidung des OLG Frankfurt hat großes Medieninteresse hervorgerufen. Ein Arzt, der seiner Patientin die Testierfähigkeit bescheinigte hatte, wurde von ihr als Miterbe testamentarisch bedacht. Das Gericht sah darin keinen Verstoß gegen die Berufsordnung, hat aber die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Nach dem Tod der Patientin fochten die Miterben das Testament gegenüber dem Nachlassgericht Kassel an – mit der Begründung, die Erbeinsetzung des Arztes sei wegen § 32 Berufsordnung (BO) der Ärztinnen und Ärzte in Hessen nichtig. Nach dieser Norm ist es Medizinern nicht gestattet, von Patienten Geschenke oder Vorteile zu erhalten, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird. 

In erster Instanz hatte das Nachlassgericht Kassel die Erbeinsetzung des Arztes noch wegen eines Verstoßes gegen § 32 BO für teilnichtig gehalten (Beschluss vom 24.5.2023, Az.: 790 VI 3008/22 S). In zweiter Instanz führte das Oberlandesgericht Frankfurt aus, dass sich § 32 BO nicht mit einem Testierverbot an den Erblasser richte und die Erbeinsetzung des Arztes deshalb wirksam sei. Bei der Entscheidung kam es nicht mehr auf einen Verstoß gegen den § 32 BO an. 

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Wenn einer der unterlegenen Miterben Rechtsmittel einlegt, kann die Sache noch vom Bundesgerichtshof entschieden werden. 

Sollte die Landesärztekammer die Sache des betroffenen Arztes ahnden und in seiner Erbeinsetzung eine unzulässige Beeinflussung der Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung sehen (wofür wenig spricht), hätte der Arzt vermutlich mit einer Rüge oder Geldbuße zu rechnen.

Generell kommt es rechtlich wie so oft auf den Einzelfall an. Im Gesundheitswesen existieren im Zusammenhang mit Testamenten von Patienten eine Vielzahl von Normen. Am deutlichsten ausgeprägt ist das bei „Heimärzten“ im Sinne des Heimgesetzes. Zu deren Gunsten sind letztwillige Verfügungen (also Testamente etc.) nach §§ 14 Abs. 1 und Abs. 5 HeimG i.V.m. § 134 BGB verboten und damit nichtig. Anders ist dies bei verbeamteten und angestellten Ärzten. Nach den einschlägigen Regelungen ist hier die Erbeinsetzung eines Arztes schwebend unwirksam und hängt von der Genehmigung des Dienstherren ab. 

Für niedergelassene Ärzte bleibt es bei der allgemeinen Norm des § 32 BO. Dabei kommt es darauf an, ob die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung durch die Erbeinsetzung beeinflusst ist. 

Nachlassgerichte informieren nicht die Ärztekammer

Anders als in dem Fall, den das Frankfurter OLG zu entscheiden hatte, bei dem die Erbeinsetzung des Arztes aus erbrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden war, wurde in einem anderen Fall zulasten des Arztes entschieden. Dieser wurde vom Ärztlichen Berufsgericht Niedersachsen am 11.5.2016, (Az.: BG 13/15) zur Zahlung einer Geldbuße von 15.000 Euro verurteilt, weil er seine Patientin wiederholt aktiv beim Abfassen eines Testaments zu seinen Gunsten unterstützt hatte und damit den Eindruck vermittelte, dass er seine Stellung als Arzt dazu benutzt hatte, das Vertrauen der von ihm abhängigen Patientin zu missbrauchen. 

Zur Anzahl von Testamenten, in denen Ärzte von ihren Patienten als Erbe eingesetzt werden, gibt es keine statistischen Erhebungen. Solche Fälle dürften auch nur dann justiziabel werden, wenn es um große Vermögen geht oder sich ein Miterbe beschwert, weil er sich benachteiligt fühlt. Die Nachlassgerichte informieren auch nicht die Ärztekammer, wenn ein Arzt als Erbe eines Patienten bedacht wurde. 

Niedergelassene Ärzte, die von Patienten als Erbe eingesetzt werden sollen, ist zu raten, nicht aktiv an der Abfassung eines Testaments mitzuwirken. Dem Patienten ist zu empfehlen, die Erbeinsetzung des Arztes inhaltlich mit dem Hinweis zu verbinden, dass er dies ohne jeden Einfluss des Arztes macht. Ein derartiges Verhalten könnte nicht nur im erbrechtlichen Verfahren, sondern auch bei einer eventuellen berufsgerichtlichen Ahndung helfen. Andere Ärzte (Heimärzte, verbeamtete oder angestellte Ärzte) haben demgegenüber in der Regel keine Möglichkeit, eine Erbeinsetzung rechtlich durchzusetzen. 

Quelle: Beschluss des OLG Frankfurt/M. vom 21.12.2023, Az.: 21 W 91/23

Anzeige