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Stromausfall in der Arztpraxis Was, wenn das Licht ausgeht?

Praxismanagement , Praxisführung Autor:  Anouschka Wasner

Die Notfallpläne für den Fall eines Stromausfalls sollten aktuell überprüft und gegebenfalls durch das Praxismanagement nachgebessert werden. Die Notfallpläne für den Fall eines Stromausfalls sollten aktuell überprüft und gegebenfalls durch das Praxismanagement nachgebessert werden. © Negro Elkha – stock.adobe.com
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Sprechstunde an einem dunklen Winternachmittag, die Praxis rappelvoll – und der Strom fällt aus und kommt nicht wieder. Bislang haben sich die wenigsten Praxen über eine solche Situation Gedanken gemacht. Jetzt tun es einige. Wer weiß, was zu tun ist?

Ein andauernder Blackout gilt weiterhin als recht unwahrscheinlich – längere, auch überregionale Aussetzer der Stromversorgung will aber keiner mehr wirklich ausschließen. Vor diesem Hintergrund berichten gerade Ärztinnen und Ärzte davon, dass sie von Bürgermeistern und Landräten angeschrieben werden, wie sich eine hausärztliche Notpraxis einrichten lassen könnte oder wie die Praxen bei Stromausfällen ihre Versorgung aufrechterhalten wollen. Im Landkreis Barmin zum Beispiel hat die Untere Datenschutzbehörde die Praxen angeschrieben und um Über­sendung eines Notfallplans zwecks Abgleichung gebeten. Im Anhang der Anfrage eine Exceltabelle zum Eintragen der jeweils dort beschäftigten Ärztinnen, Ärzte und MFA und wo diese eingesetzt werden wollen im Falle eines Falles. 

Keine Auskunftspflicht der Praxen an die Behörden

Einige Angeschriebene haben sich über den Regionalbeirat der KV Brandenburg, Dipl.-Med. Bernd Pohle, an die Landesärztekammer gewandt: Ob man antworten müsse? Die Rechtsabteilung der KV antwortete innerhalb von 24 Stunden: Das Brandenburgische Brand- und Katastrophenschutzgesetz sehe keine solche Pflicht des einzelnen Niedergelassenen vor. 

Ärzte und Angehörige von Gesundheitsberufen (also auch MFA) seien zwar verpflichtet, sich für den Brand- und Katastrophenfall fortzubilden. Und sie seien auch in die Gefahrenabwehr-, Alarm- und Einsatzpläne der Landkreise aufzunehmen. Die hierfür nötigen Daten müssten jedoch die Vertreterorganisationen wie die Kassenärztliche Vereinigung oder die Ärztekammer an die Landkreise bzw. kreisfreien Städte und damit die Aufgabenträger im Katastrophenschutz übermitteln. Es handele sich bei dem Anschreiben also um keine verpflichtende Aufforderung, sondern um eine Bitte des Landkreises.

In ihrem Antwortschreiben an den Landrat erklärten die Ärztinnen und Ärzte, dass „die voranschreitende und teils aufgenötigte Digitalisierung im Gesundheitswesen“ nun mal nur mit Strom plus Internet minus Schadsoftware zu haben sei. „Ohne Strom  ist es dann eben wie im Supermarkt – da ist dann die Tür zu und das Licht aus“, so Regionalbeirat Pohle. Man würde im Notfall natürlich versuchen, mit Zettel und Stift zu arbeiten. 

Generell verlasse man sich aber, was die Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung der Bevölkerung betrifft, auf „Ideen und Pläne der Kassenärzt­lichen Vereinigung, die ja stolzer Inhaber des Sicherstellungsauftrages ist“, so das Antwortschreiben. 

Auf Anfrage erklärt die KV Brandenburg jedoch, sie sei nicht für die Vorsorge und Organisation für bzw. während eines Katastrophenfalls zuständig und verfüge auch nicht über die entsprechenden rechtlichen, organisatorischen und finanziellen Mittel.

Die Zuständigkeit läge bei den regionalen Unteren Katastrophenschutzbehörden. Nur diese hätten die Fachkompetenz und die Möglichkeiten vor Ort. Die KV sehe ihre Mitwirkungspflicht in der Veröffentlichung von Daten zu den vorhandenen Praxen, darauf könnten die Unteren Katastrophenschutzbehörden ja zugreifen.  

Das Brandenburgische Innenministerium führte auf Anfrage dazu aus, dass es in einem Katastrophenfall keiner gesonderten Übermittlung von Daten bedarf, denn: Die KV, die Kammern sowie die berufsständischen Vertretungen und die Öffentlichen Gesundheitsdienste würden die Angaben zu Angehörigen von Gesundheitsberufen, deren Mitwirkung bei Katastropheneinsätzen erforderlich ist, an die Aufgabenträger übermitteln. Auch wenn   übermitteln und abrufen nicht ganz das Gleiche ist, so scheint man sich doch einig: Die Bestandsaufnahme soll eigentlich nicht direkt über die Arztpraxen erfolgen.  

Für Krankenhäuser regeln die Katastrophenschutzgesetze der Länder, dass sie über eine Notstromversorgung verfügen müssen. Sie soll den Betrieb essenzieller Systeme wie der Intensivstation, der Kühlung und der Wasser- und Heizungssysteme für 24 Stunden aufrechterhalten. Arztpraxen mit Notstromversorgung gibt es verständlicherweise nur wenige – zu wenig Expertise, zu hoher finanzieller Einsatz, zu wenig Platz für Gerätschaft und Kraftstoff. In allgemeinmedizinischen Praxen ist aber schon vorstellbar, auch ohne Strom eine Grundversorgung aufrechtzuerhalten – wenn sich die Praxis darauf vorbereitet hat. Und wie macht sie das?

Die KBV erklärt dazu, dass es für Arztpraxen keine expliziten Vorgaben für eine Notstromversorgung gibt. Die Praxen sollten aber über ihr Qualitätsmanagement auf einen Stromausfall vorbereitet sein. Im QEP®-Verfahren der KBV liest man dazu, dass die Stromversorgung „entsprechend der Tätigkeiten und Leistungen der Praxis sichergestellt“ sein soll und dass der Server über eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) verfügen soll, um Funktionseinbußen und Datenverluste zu vermeiden.

Tipps für das individuelle QM-System

Als ersten Schritt in der Vorbereitung der Arztpraxen auf einen Stromausfall nennt die KV Sachsen-Anhalt, das Praxisteam in einer Teambesprechung für das Thema zu sensibilisieren. Gemeinsam soll dann erarbeitet werden, was bei einem Stromausfall zu tun ist.

Das Risiko für den Schadenseintritt und das entsprechende Ausmaß seien vom Praxisinhaber zu klassifizieren.
Da es sich bei den zu erarbeitenden Maßnahmen um ein prozessorientiertes Risikomanagement handele, sollen die Dokumentationen im praxisindividuellen QM-System hinterlegt werden. Der praxisindividuelle Notfallplan mit entsprechenden Verantwortlichkeiten – ähnlich wie z.B. im Brandfall – sollte schnell (und auch bei Ausfall der Beleuchtung) auffindbar sein. Zur Vorbereitung gehört, einen Ausdruck einer Liste mit Notfallnummern im QM-Ordner bzw. an einem leicht zugänglichen Ort bereitzulegen, um diese im Notfall auch ohne Zugriff auf den PC zur Hand zu haben.

Geprüft werden müssen auch die Fluchtmöglichkeiten: Sind die Fluchtwege frei zugänglich, deutlich ausgewiesen und wurden nachleuchtende Materialien zur Kennzeichnung verwendet, die auch bei einem Totalausfall der Beleuchtung gut zu erkennen sind?

Zu den Sofortmaßnahmen gehört:

  • Patienten und Mitarbeitende zu informieren (ggf. über Alarmliste),

  • den Umfang des Stromausfalls zu prüfen und

  • ggf. den Sicherheitsdienst zu informieren.

Sobald der Strom wieder vorhanden ist:

  • War die Kühlkette unterbrochen?

  • Funktioniert der Server?

  • Haben andere Geräte Schaden genommen, z.B. durch Kurzschlüsse?

  • Sollen die Schäden der Versicherung gemeldet werden?

Eine solche USV besteht im Grunde genommen aus Akkus, die so gesteuert werden, dass sie eine Unterbrechung abpuffern. Das kann ein wichtiger Schutz sein, da manche Geräte auf ungeregeltes Ausschalten sensibel reagieren oder Schaden nehmen, etwa wenn der Lüfter schlagartig ausfällt, während das Gerät noch auf Betriebstemperatur ist. Das Abpuffern der IT kann außerdem vor Datenverlusten bewahren. 

Da Stromausfälle in Deutschland bislang meist kurz waren, konnte eine USV, die Kapazitäten für 15 Minuten hat, oft schon den gesamten Ausfall abpuffern. Aber auch bei längeren Unterbrechungen sind kleine Batterien hilfreich, da ihre Wirkdauer in jedem Fall ausreicht, um alle elek­trischen Geräte ordnungsgemäß herunterzufahren.

In der Praxis von Hausarzt Pohle hat das Szenario Stromausfall schon vor Jahren wie vorgegeben Eingang ins QM-System gefunden. Weitere Vorkehrungen hat er aber bislang keine getroffen – das dürfte so wahrscheinlich für die meisten Praxen gelten. Dem QM-Verfahren der KBV lässt sich zu diesem Thema bislang auch nicht mehr entnehmen. Da die Gefahr eines Stromausfalls heute jedoch größer scheint als bislang, werde man das Thema noch mal angehen, um die Praxen auch in dieser Sache zu unterstützen, hieß es aktuell gegenüber Medical Tribune aus der Abteilung für Qualitätsmanagement der KBV.

Medical-Tribune-Recherche

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