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Digitalgesetz Was kommt nach dem eRezept?

Verordnungen Autor: Angela Monecke

Digitale Gesundheitsanwendungen sollen tiefer in die medizinische Versorgung integriert werden. Digitale Gesundheitsanwendungen sollen tiefer in die medizinische Versorgung integriert werden. © adam121 – stock.adobe.com
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Ja, aber wann? Die Pflichtfrage schlechthin aller politischen Debatten, wenn es um Digitalisierung geht. Denn ob ePA, eRezept oder Digitalgesetz: Es zieht sich. Nach jahrelangem hartem Ringen liegt der Entwurf zum Digitalgesetz nun aber vor und beim elektronischen Rezept ist am 1. Juli der Startschuss für den Roll-out in den ersten Regionen gefallen.

"Legt los, macht euch mit dem Ding vertraut, lasst das eRezept zum Standard werden“, appellierte Dr. Susanne Ozegowski, Abteilungsleiterin für Digitalisierung im Bundesgesundheitsministerium, bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Hauptstadtkongresses an die Ärzteschaft. Denn das letzte Puzzlestück, um das eRezept für den Alltagsgebrauch flott zu machen, sei jetzt da: der Einlöseweg über die elektronische Gesundheitskarte (eGK). Zum 1. Januar 2024 wird das eRezept dann verpflichtend.

Bislang konnten die Versicherten elektronische Rezepte in der Apotheke nur über eine Smartphone-App einlösen. Vor allem ältere Menschen fühlten sich bei diesem Vorgang überlastet, verfolgten diesen Bezugsweg demzufolge kaum. 

eRezept auf Papier gibt es weiter

Ärzte wiederum, die das eRezept schon nutzen und die Verordnungsdaten elektronisch übermitteln, müssen ihren Patienten bisher weiter einen Papierausdruck in die Hand geben. Die Apotheke vor Ort kann über den aufgedruckten Rezeptcode dann die Verordnung vom Server abrufen. Rund 200.000 eRezepte wurden nach Gematik-Angaben inzwischen eingelöst. Bis zum Stichtag ist die nationale Agentur für digitale Medizin nun damit beschäftigt, die Gesundheitskarte selbst zum Einlösen von Medikamenten datenschutzkonform einsetzbar und damit deutlich benutzerfreundlicher zu machen. 

Anfang Juli haben nun die ersten Apotheken, etwa in Westfalen-Lippe, damit begonnen, Rezepte über die eGK einzulösen. Für die Patienten bedeutet dies, dass sie nur noch ihre Versichertenkarte brauchen, um das von ihrem Arzt ausgestellte elektronische Rezept direkt in der Apotheke einzulösen. Dieses Prinzip funktioniert auch bei Arzneimitteln, die im Rahmen einer Videosprechstunde verordnet wurden, oder bei telefonisch bestellten Folgerezepten. Bis Ende Juli soll ein Großteil der Apotheken in Deutschland bereit sein, Rezepte so entgegenzunehmen. 

Damit das eRezept richtig ins Rollen kommen kann, sind ein Update der Apothekensoftware und ein Kartenterminal zum Einlesen der eGK notwendig. Gesetzlich Versicherte bleiben damit vorläufig drei Optionen, um ihr eRezept einzulösen: Gesundheitskarte, eRezept-App oder Papierausdruck mit Rezeptcode. Das geplante Digitalgesetz will die verpflichtende Einführung des eRezepts nun festlegen, das von den Verbrauchern aber schon jetzt genutzt werden kann.

Einen Entwurf des lange erwarteten Digitalgesetzes hatte Dr. Ozegowski Mitte Juni in Berlin noch nicht in der Tasche, wenige Tage danach legte nun aber das Bundesgesundheitsministerium einen Referentenentwurf für das „Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens“ (auch: Digitalgesetz, kurz DigiG) vor. Es soll etwa das viel diskutierte Opt-out-Verfahren gesetzlich regeln, das für die Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte (ePA) angekündigt war. Dessen Bereitstellung erfolgt durch die Krankenkassen.

Das eRezept im DigiG

Der Referentenentwurf des „Digital-Gesetzes (DigiG)“, den das BMG im Juni vorgelegt hat, regelt auch das eRezept, das ab 1. Januar 2024 verbindlich eingeführt wird. So soll u.a. die eRezept-App in die ePA-Apps der Kassen integriert werden und Versicherte aus dieser integrierten App digitale Identitäten, NFC-fähige elektronische Gesundheitskarten (eGK) und dazugehörige PIN beantragen können.  

Neben dem DigiG-Entwurf hat das BMG auch den Entwurf eines Gesetzes zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten vorgelegt, das „Gesundheitsdatennutzungsgesetz“ (GDNG). Es soll vor allem bürokratische und organisatorische Hürden für die Datennutzung abbauen und hierfür eine „Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten“ eingerichtet werden. Zudem erhalten die Krankenkassen mehr Rechte, die Daten ihrer Versicherten auszuwerten. 

Volle Patientenakte durch strukturierte Daten

Zudem soll die ePA mit strukturierten Daten „vollumfänglich, weitestgehend automatisiert“ befüllt werden. Erste Anwendungsfälle für solche besonderen Daten sind der digital gestützte Medikationsprozess, die Patientenkurzakte und Labordatenbefunde. Diese Daten könnten aus dem eRezept direkt in die ePA hineinfließen, so Ozegowski, ab 2025 soll die Akte für mindestens 80 Prozent der Versicherten verfügbar sein.

Das neue Digitalgesetz werde auch die Rolle der Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) stärken, die obendrein den Weg in die Disease-Management-Programme (DMP) finden sollen, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Mieves bei der Berliner Diskussionsrunde. „Wir sind im Moment noch in einer Nische im Gesundheitswesen“, deren Anzahl und Umsätze seien noch gering. Jetzt ginge es darum, „erste Blockbuster“ zu entwickeln, die Millionen von Menschen erreichen. Der Abgeordnete sprach von weiteren Risikoklassen, die mit dem Gesetz für DiGA geöffnet würden. 

Der Entwurf sieht nun vor, digitale Gesundheitsanwendungen tiefer in die medizinische Versorgung zu integrieren, sofern sie „nutzenstiftend“ sind. DiGA sollen auf ­Medizinprodukte der Risikoklasse IIb ausgeweitet, deren Preisgestaltung stärker an Erfolgskriterien ausgerichtet werden. 

Kritische Töne schlug der Abgeordnete ebenfalls an, nannte das System der Selbstverwaltung „verkrustet“, sprach von einem „starren Gesundheitssystem“, wenn es um „kreative Lösungen“ wie die DiGA ginge. „Es gibt viele Geschäftsführer, die keinen Bock haben, neue Dinge auszuprobieren, und auch viele Leute in Praxen, die sagen: Fünf Jahre, bevor ich in den Ruhestand gehe, mache ich gar nichts Neues mehr“, führte der Abgeordnete an. 

Aber das gebe es nun mal, „Veränderungsträgheit“ sei menschlich. „Deshalb sage ich ganz bewusst: Wenn wir neue Dinge tun, müssen nicht von Anfang an alle an Bord sein.“ Die Politik müsse jedoch den Rahmen so vorgeben, „dass zumindest die, die Bock haben, anfangen können. Und eben nicht diese Schranken haben, die sie stoppen.“ Deshalb sollten sämtliche Regelungen rund um die DiGA so getroffen werden, dass man sie „in viele verschiedene Bereiche bringen könne – ganz im Sinne von Blended Care, also der Verzahnung von Online-Modulen und klassischer Vor-Ort-Therapie, wie man sie aus der Psychotherapie kenne, betonte er.

Kongressbericht: Hauptstadtkongress

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