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Berufsverband der Internisten fordert Arbeitsschutz für die Psyche

Gesundheitspolitik Autor: Isabel Aulehla

Lange Arbeitszeiten, aggressive Patienten, zu viel Papierkram: Der Klinikalltag kann mental stark belasten. Lange Arbeitszeiten, aggressive Patienten, zu viel Papierkram: Der Klinikalltag kann mental stark belasten. © WavebreakMediaMicro – stock.adobe.com
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Die psychische Belastung von Medizinern und Pflegern in Kliniken gefährdet ihre Gesundheit, zeigt eine Studie. Der Berufsverband Deutscher Internisten schlägt Alarm.

Seit 2013 sind Arbeitgeber verpflichtet, psychische Belas­tungsfaktoren am Arbeitsplatz zu erfassen und soweit wie möglich zu beseitigen. Diese Rechtslage werde in Kliniken offenbar nicht gelebt, kritisiert der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI). Er fordert die Gesundheitsministerien der Länder in einem offenen Brief auf, für eine konsequente Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes zu sorgen.

Es sei nicht akzeptabel, dass Ärzte im Einsatz für die Gesundheit der Patienten ihre eigene Gesundheit gefährden, so der Verband. Als Gegenmaßnahme schlägt er vor, die Arztkosten aus den Fallpauschalen auszugliedern. Auf diese Weise könnten mehr Mediziner finanziert und die Arbeitsverdichtung verringert werden.

Studie ermittelt „erhebliche Gesundheitsgefährdung“

Anlass des Schreibens ist eine Studie, die den Gesundheitszustand und die Arbeitsbedingungen junger Mediziner und professionell Pflegender in Kliniken untersucht. Sie bescheinigt diesen Gruppen eine „erhebliche Gesundheitsgefährdung“.

Für die anonymisierte Querschnittsstudie wurden 1060 Mediziner und Pfleger befragt, die 35 Jahre oder jünger sind, maximal sechs Jahre Berufserfahrung haben und in deutschen Kliniken arbeiten. Die Ergebnisse stuft der BDI als alarmierend ein: Die wöchentliche Arbeitszeit liegt für 70 % der Ärzte bei über 48 Stunden, außerdem werden sie häufig verbal angegriffen. Die Mehrheit der Pfleger und ein Drittel der Mediziner ist auch von körperlichen Aggressionen der Patienten betroffen.

Als wichtigsten Verbesserungsbedarf nannten die befragten Mediziner eine Verringerung des Dokumentationsaufwandes. Für Pfleger stand eine leistungsgerechte Bezahlung an erster Stelle. Neben den äußerlichen Belastungen beeinflusst eine Tendenz zum Überengagement den Gesundheitszustand beider Berufsgruppen, so die Studie.

Diese Verbesserungen wünschen sich Ärzte

  1. Verringerung des Dokumentationsaufwandes
  2. Persönliche, strukturierte Weiterbildungsmöglichkeiten
  3. Verringerung der Arbeitsverdichtung
  4. Gesetzlich festgelegter Personalschlüssel
  5. Weniger Einfluss der Ökonomie auf fachliche Entscheidungen

Die Folge der psychosozialen Belastung ist ein erhöhtes Burn-out-Risiko. Der BDI meint, mehr als die Hälfte der Befragten würden Anzeichen der Erkrankung zeigen.

Hohe Belastung verleitet zu Alkohol und Medikamenten

Außerdem verleitet der berufliche Stress zur Einnahme von Tabletten: Mehr als 20 % der Ärzte und 15 % der Pfleger haben wegen Stress im Beruf bereits Medikamente genommen. Immer wieder ermitteln Untersuchungen auch einen bedenklichen Alkoholkonsum unter stationär tätigen Medizinern.

Gute Zusammenarbeit kann vor Burn-out schützen

In der Befragung kristallisierten sich Faktoren heraus, die Ärzte und Pfleger entlasten und vor einem Burn-out schützen können. Dazu gehören Anerkennung, Karrieremobilität, Arbeitsplatzsicherheit und eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Berufsgruppen. Die hohe psychische Belastung von Ärzten ist ein internationales Phänomen. Der Weltärztebund geht davon aus, dass fast die Hälfte der zehn Millionen weltweit tätigen Ärzte Symptome eines Burn-outs zeigen.

Quelle: Raspe, M., Koch P. et al. Bundesgesundheitsbl; DOI: 10.1007/s00103-019-03057-y

Medical-Tribune-Bericht

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