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BVND im Interview „Beweglichkeit, Fortschritt, Umdenken“

Autor: Michael Reischmann

Toralf Schwarz ist neuer Vorsitzender des BVND, Dr. Iris Dötsch seine Stellvertreterin. Toralf Schwarz ist neuer Vorsitzender des BVND, Dr. Iris Dötsch seine Stellvertreterin. © zVg / BVND
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Im Mai wählte die Mitgliederversammlung des BVND den Vorstand neu. Der bisherige Verbandschef Dr. Nikolaus Scheper wie auch die stellv. Vorsitzende Dr. Dorothea Reichert kandidierten nach über 15 Jahren Vorstandsarbeit nicht mehr. Mit klarer Mehrheit wurde Toralf Schwarz (57), Inhaber einer DSP in Zwenkau, zum Vorsitzenden gewählt. Dr. Iris Dötsch (55), Diabetologin mit einer DSP in Berlin, ist neue Vize. Über ihre Aufgaben und Pläne äußern sich die beiden im Interview.

Ein Sprichwort lautet: „Neue Besen kehren gut.“ Passt das auch zu Ihrem Wechsel an die BVND-Spitze? Welche Aufgaben haben Sie in den nächsten Jahren vor der Brust? 

Schwarz: Um im Bild zu bleiben: Kehren müssen wir nicht. Das Haus wurde in einem guten Zustand und sauber übergeben. Unsere Aufgabe in den nächsten Jahren ist es nun, es mit Leben und mit neuen Mietern zu erfüllen. Der BVND hat sich in den letzten Jahren unter der Führung von Dr. Scheper strukturell neu aufgestellt. Das Haus hat nun gewissermaßen drei Etagen – neben dem BVND noch die schon seit vielen Jahren bestehende DiaMed als wirtschaftlicher Arm des Verbandes und neu die BVND-Akademie mit der Aufgabe praxisbezogener Fort-und Weiterbildung. Damit gibt es erstmals eine klare Trennung der Aufgaben im Verband. 

Der BVND ist als Dachverband von Landesverbänden gegründet worden. Allerdings konnten auch Einzelmitglieder aufgenommen werden, daraus resultiert die unglückliche Situation, dass nur zwei Landesverbände – Berlin und Nordrhein – unter diesem Dach „wohnen“. Für den Beitritt weiterer Landesverbände gibt es einige Hürden zu nehmen. Wir haben dazu eine Satzungskommission berufen, die bis zum nächsten Frühjahr einen Vorschlag zur Änderung der Satzung erarbeiten wird. 

Dr. Dötsch: Auch die Beitragsordnung bedarf einer Überarbeitung. Und die Kommunikation des BVND wird sich ebenfalls ändern: Neben der DiabetesPost, die in Zukunft viermal jährlich als gedrucktes Themenheft für alle Schwerpunktpraxen erscheinen wird, gibt es neu alle zwei Monate einen Newsletter für alle Interessierten als PDF und exklusiv für Mitglieder „Hotmails“ zu wichtigen, praxisrelevanten Themen. Diese internen Änderungen sind zwingend notwendig für die Fortentwicklung des Verbandes, dennoch ist unsere Hauptauf­gabe die berufspolitische Arbeit.

Die Mitgliederversammlung hat einer geschlechtsneutralen Umbenennung des BVND zugestimmt: Mit der amtlichen Vereinseintragung wird aus dem „Bundesverband der Niedergelassenen Diabetologen“ der „Bundesverband der niedergelassenen Diabetologie“. Was – außer dem Logo – ändert das?

Dr. Dötsch: Erfreulich war, dass unsere Mitglieder mit überzeugender Mehrheit für die Umbenennung gestimmt haben. Unser Verband ist inzwischen wesentlich weiblicher geworden. Im neuen BVND-Vorstand herrscht zum Beispiel eine absolute Ausgewogenheit bei den Geschlechtern. Wir als BVND möchten nach außen hin das Zeichen setzen, dass wir sowohl weibliche, männliche als auch diverse Mitglieder in unseren Reihen haben. Wir wollen zeigen, dass unser Berufsverband ein zeitgemäßes Bewusstsein hat – was im Übrigen auch vom diabetischen Nachwuchs eingefordert wird. Der neue Name steht für Beweglichkeit, Fortschritt und für Umdenken – wichtige Merkmale für die Zukunft – nicht nur innerhalb der Diabetologie.

Gemeinsam ist man stärker. Der BVND arbeitet deshalb unter anderem mit der DDG zusammen. Wie stellen Sie sich die Entwicklung vor?

Schwarz: Ich lege sehr großen Wert auf eine Zusammenarbeit mit der DDG. Die meisten der anstehenden Aufgaben sind nur gemeinsam zu lösen. Ganz wichtig ist hierbei die aktive Mitarbeit in den Ausschüssen und Kommissionen der DDG. Natürlich kann diese Arbeit nicht der Vorstand allein leisten. Hier sind wir seit zwei Jahren sehr gut durch die aktive Mitarbeit von 25 Kolleginnen und Kollegen vertreten. Nur gemeinsam werden wir auch in der Lage sein, anstehende Änderungen der DMP nicht nur zu begleiten – wie das in der Vergangenheit leider oft genug der Fall war –, sondern sie von Anbeginn an zu gestalten. Ein ganz wichtiger Punkt, bei dem wir in Zukunft stärker zusammen auftreten werden, ist die Nachwuchsgewinnung

Was kann der BVND bei der Förderung des Nachwuchses tun? 

Dr. Dötsch: Die Diabetologie ist ein zunehmend ambulantes Fach. Dies führt unter anderem leider dazu, dass die Lehrstühle für Diabetologie immer weniger werden. Nicht einmal zwei Handvoll gibt es davon in Deutschland noch. Daraus folgt ein Mangel an diabetologischer Kompetenz in Krankenhäusern und ein Mangel an Weiterbildungsmöglichkeiten. 

Die Änderung der Musterweiterbildungsordnung hat die Möglichkeiten einer ambulanten diabetologischen Weiterbildung deutlich verbessert. Wir müssen unsere Mitglieder motivieren, diese Möglichkeiten zu nutzen und Ausbildungsstellen anzubieten. Seit mittlerweile fünf Jahren gibt es eine Famulatur-, PJ- und Hospitationsbörse gemeinsam mit der DDG. Es gibt auch ein sehr großes Interesse am Nachwuchsabend für die Stipendiaten des Diabetes Kongresses und der DDG Herbsttagung. Hier wurden einige gute Ideen geboren, die wir versuchen, umzusetzen. 

Welche Ideen haben Sie zum Ausbau von Diabetologischen Schwerpunktpraxen? 

Schwarz: Ohne ein funktionierendes Qualitätsmanagement ist eine diabetologische Schwerpunktpraxis faktisch nicht führbar. Der BVND hatte dafür 2006 ein eigenes Label (QM mellitus) entwickelt, welches auf QEP® basiert und die Zertifizierungen der DDG berücksichtigte. Seit 2021 hat allerdings die KBV aus rechtlichen Gründen das Zertifizierungsverfahren ausgesetzt. Inzwischen wurden auch die Zertifizierungen der DDG – hin zu einem modular aufgebauten Modell – überarbeitet. 

Führung neu aufgestellt

Der neue Vorstand des BVND setzt sich so zusammen: Vorsitzender ist Toralf Schwarz, stellvertretende Vorsitzende sind Dr. Iris Dötsch und Dr. Tobias Wiesner. Weitere Mitglieder sind Schatzmeisterin Antje Weichard, Schriftführer Dr. Tobias Ohde sowie in Beisitzerfunktion Silke Fröhlich, Dr. Inga-Nadine Kummer und Dr. Ralf-Uwe Häußler.

Ob es eine Empfehlung für ein praxisnahes QM-System seitens des BVND geben wird, ist abhängig von der Entwicklung bei den Zertifizierungsstellen. Umso wichtiger ist jedoch eine fundierte Unterstützung sowohl bei der Einrichtung eines diabetesspezifischen Qualitätsmanagements als auch beim späteren Austausch. Die entsprechenden Kurse wird die BVND Akademie ab 2024 wieder anbieten, dabei arbeiten wir auch an einem hybriden Konzept.

Ganz wichtig ist mir, dass es den Berliner Kolleginnen und Kollegen in diesem Jahr erstmals gelungen ist, Qualitätskriterien – die DDG Zertifizierung – abrechnungsrelevant zu machen. Bestimmte Leistungen der DSP sind jetzt mit abgestuften Zuschlägen versehen. Das ist der Weg, den wir auch in anderen KVen beschreiten müssen.

Wie bringt sich der BVND bei der  Digitalisierung ein? 

Dr. Dötsch: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sind Begriffe, die unseren Alltag zunehmend prägen. Teilweise nehmen wir sie gar nicht mehr wahr – und wenn, dann stehen negative Seiten im Vordergrund der Diskussion. Unausgegorene oder veraltete Konzepte sind ein Ärgernis für alle ambulant Tätigen. Beispiele sind das E-Rezept und die Komponenten der Telematik-Infrastruktur. Das sind allerdings keine spezifischen Probleme der DSP – und unter anderem deshalb arbeitet der BVND auch aktiv im SpiFa mit.

Vor fünf Jahren hat der BVND ein erstes Positionspapier zur Digitalisierung erstellt. Dieses wird im kommenden Jahr überarbeitet. Unabdingbar ist für unsere Arbeit eine umfassende Interoperabilität. Leider gibt es noch viele Hersteller, etwa von CGM-Systemen oder Insulinpumpen, die ein Auslesen der Geräte nur mit proprietärer Software und oft auch nur cloud-basiert ermöglichen. Das ist für unsere tägliche Arbeit hinderlich und teilweise aus Sicht des Datenschutzes fragwürdig.

Wie haben Sie sich organisiert, um die Verbandsarbeit neben der Tätigkeit in der DSP zu schaffen?

Schwarz: Vorstandsarbeit ist Teamarbeit. Wir haben uns in den ersten Wochen nach der Wahl überlegt, wie Aufgaben und Verantwortlichkeiten verteilt werden können. Dazu gehören auch das Überarbeiten der Kommunikation, die konsequente Nutzung von SharePoint für den Datenaustausch sowie die Zuarbeit der Geschäftsstelle. Ebenso ist natürlich auch eine gute, reibungslos funktionierende Praxisorganisation, die von bürokratischen Aufgaben entlastet, ein Muss. Dafür bin ich meinen Mitarbeiterinnen sehr dankbar.

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