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Corona: Mit neuer Teststrategie Infektionsherde schnell identifizieren

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Die Kapazität für eine Million Tests pro Woche ist vorhanden. Die Kapazität für eine Million Tests pro Woche ist vorhanden. © megaflopp – stock.adobe.com
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„Testen, testen, testen“ – dieses Ziel lässt sich aus dem zweiten Bevölkerungsschutzgesetz he­r­auslesen, das kürzlich vom Bundestag beschlossen wurde. Regional werden nun die Teststrategien angepasst.

Corona-Ausbruch in Seniorenheimen hieß es mehrmals in den letzten Wochen in den Medien. Unbewusst ins Heim getragene SARS-CoV-2-Viren töteten letztlich zahlreiche Hochbetagte. Senioren- bzw. Altenpflegeheime stehen deshalb jetzt besonders im Fokus, wenn es um verstärk­te Schutzmaßnahmen geht. Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt aber nicht nur hier vermehr Tes­tungen bei Senioren wie Personal.

Auch Krankenhäuser sollen viel mehr testen. Laut RKI sind mehr als 11.000 der SARS-CoV-2-Infizierten Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht das Risiko bei Klinikmitarbeitern mit direktem Patientenkontakt. „Deren Testung kostet monatlich ca. 50 Mio. Euro und muss von der Finanzierung erfasst werden“, so DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.

Neue Finanzierungsregeln sind zu erwarten

Das RKI rät inzwischen auch, asymptomatische Personen zu testen. „Wir müssen weiter achtsam sein und Infektionsketten früh erkennen und wirksam unterbrechen“, betont Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Den Rahmen für die massenhafte Testung hat der Bundestag mit dem Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite gesetzt.

Spahn hat sich damit auch die Befugnis einräumen lassen, per Rechtsverordnung die GKV zu verpflichten, Tests auf das Coronavirus oder Antikörpertests zu bezahlen, selbst wenn keine Symptome vorliegen. Finanziert werden soll alles aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds. Auch Gesundheitsämter sollen Tests über die GKV abrechnen können. Für Tests bei stationären Patienten kündigte Spahn ein neues Entgelt an.

Eine Million Corona-Tests pro Woche ist die Zielmarke des Minis­ters. An der Kapazität sollte dies nicht scheitern. Sie ist vorhanden, wie die Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) Woche für Woche in ihren Pressekonferenzen betonen.

Die Testkapazitäten der 127 angeschlossenen Labore liegen wöchentlich bei rund 845.000 Tests, für über 100.000 Tests stehen andere Labore bereit. Bisher liegt die Zahl der abgerufenen Tests weit unter dem Möglichen. Seit der 14. Kalenderwoche wurden laut ALM-Statistik in Summe mehr als 3 Mio. PCR-Tests durchgeführt; pro Woche waren es um die 300.000. Hinzukommen wöchentlich allerdings auch immer mehr Antikörpertests – wenngleich deren Ergebnisse bisher nicht zu 100 % sicher und Fragen zur Immunität ungeklärt sind.

Krankenhäuser, Praxen, regionale Testzentren der Kassenärztlichen Vereinigungen und der Öffentliche Gesundheitsdienst sind diejenigen, die den Großteil der Tests bisher leis­teten. In welchem Rahmen künftig regional getestet wird, klären zurzeit die Bundesländer. Ziel ist laut Bundesregierung, kumulativ nicht mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen aufkommen zu lassen.

Inwieweit die bundesweit sehr verschiedenen Testmodelle dabei erfolgreich sind, wird wohl erst die Praxis zeigen. Im mecklenburgischen Neustrelitz werden Schüler und Lehrer kontinuierlich getestet, den Abstrich übernehmen sie nach vorheriger Anleitung selbst. Laut ALM ist die korrekte Probenentnahme jedoch entscheidendes Qualitätskriterium für ein korrektes Ergebnis.

In Berlin ist die Testkapazität zu zu 36 % ausgelastet. Selbst bei mehr Tests lassen sich 3,5 Mio. Berliner nicht erfassen. Das Land legt deshalb nach einem von der Berliner Charité entwickelten Konzept beim Testen den Fokus auf Kliniken und Altenheime sowie asymptomatische Personen mit Multiplikatoren- und Expositionsrisiko. Das betrifft Bereiche wie Polizei, Gastronomie, öffentlichen Nahverkehr und Gesundheitswesen.

Wöchentliche Kontrollen in Stationen mit Risikopatienten

Wiederholte Stichproben nach dem Zufallsprinzip sollen Infizierte aufspüren. Auch Stichprobenuntersuchungen von Kindern und Personal in Kitas und Schulen sind vorgesehen. Die bereits bestehenden acht Corona-Untersuchungsstellen werden dazu zu Teststellen weiterentwickelt. Ziel ist ein „strukturiertes und schnelles Identifizieren von Infektionen und Infektionsherden“.

Für Krankenhausabteilungen mit COVID-19-Patienten sieht das Berliner Konzept Testungen einmal wöchentlich vor. Bei Stationen mit Hochrisikopatienten wie Senioren oder Krebskranken soll zweimal pro Woche getestet werden.

Baden-Württemberg testet schon seit April vermehrt

Die Umsetzung des Konzeptes ist ab Juni geplant. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) zeigt sich zuversichtlich, dass Jens Spahn bald per Rechtsverordnung definiert, welche asymptomatischen Patientengruppen auf Kosten der GKV getestet werden können. Damit werde er auch den Rahmen für das Berliner Konzept setzen. Ziel des Berliner Senats ist, die Zahl der Neuinfektionen bei unter 37 pro 100.000 Einwohnern zu halten.

Baden-Württemberg geht schon seit April über die Empfehlungen des RKI hinaus und testet asymptomatische Menschen. Getestet wird bei Erkrankungshäufigkeiten auch in Gemeinschaftsunterkünften und Betrieben. Im Land gibt es 170 Corona-Schwerpunktpraxen und 48 Corona-Ambulanzen. Ziel sind 160.000 Tests pro Woche, 80.000 waren es im April.

Medical-Tribune-Bericht

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