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Ex-Chefarzt wegen Vergewaltigung verurteilt

Gesundheitspolitik

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Er galt als Koryphäre in der Gefäßchirurgie und -medizin. Mitte 2014 wurde der einstige Chefarzt des Klinikums Bamberg inhaftiert – und jetzt vom Landgericht Bamberg zu fast acht Jahren Haft verurteilt.

„Meine Dokumentationen dienten nur der Verlaufskontrolle von Erkrankungen und der Beratung und Fortbildung von externen Ärzten. Es gab für mich keine Zweifel an der Legitimation der Behandlungsmethoden. Ich wollte meine Patienten nur von anderen strahlenbelastenden Untersuchungen verschonen, ich habe keiner Gewalt angetan.“ Das beteuerte der ehemalige Chefarzt des Klinikums Bamberg in seinem „letzten Wort“ vor der Urteilsverkündung vor dem Landgericht in Bamberg.

Die Richter der Strafkammer sahen es später anders: Sie verhängten gegen den 51-jährigen Mediziner eine Haftstrafe von sieben Jahren und neun Monaten sowie ein Berufsverbot von fünf Jahren, das nach Haftentlassung in Kraft tritt. Der Facharzt für Gefäßchirurgie und -medizin wurde unter anderem verurteilt wegen schwerer Vergewaltigung in sechs Fällen, mehrfacher sexueller Nötigung, gefährlicher und vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen des Eingriffs ins höchstpersönliche Selbstbestimmungsrecht von Menschen.

„Wir gehen in allen Fällen von sexueller Motivation des Angeklagten aus“, sagte der Vorsitzende Richter Manfred Schmidt. Der Angeklagte habe die 17 bis 28 Jahre alten Frauen durch die Verabreichung des Hypnotikums Midazolam in einen Zustand versetzt, indem sie nicht mehr reagieren konnten. „Sie haben sie willenlos gemacht.“

Der Arzt soll den sedierten Patientinnen stabartige Ultraschallinstrumente und „Sexspielzeuge“ in den Intimbereich eingeführt und von seinen Handlungen Videoaufnahmen und Fotos angefertigt haben. Damit habe er das Arzt-Patienten-Vertrauensverhältnis ausgenutzt und verletzt.

Der Richter beleuchtete in seiner eineinhalbstündigen Begründung noch einmal jeden Einzelfall der zwölf missbrauchten Patientinnen. Der Angeklagte quittierte die Äußerungen mit Kopfschütteln und Zwischenrufen.

Der Richter erklärte: Die geschädigten Frauen und Belastungszeuginnen seien alle glaubhaft. Sie hätten kein Interesse an der Falschbelastung des Angeklagten, so wie von der Verteidigung immer wieder behauptet. Während der aktiven Zeit des Angeklagten hätten sie diesen als engagierten Arzt beschrieben.

Das Verabreichungen von Midazolam und die damit erreichte Wahrnehmungsstörung der Patientinnen sei aus fachmedizinischer Sicht sinn- und grundlos gewesen. Der Richter erinnerte: „Sie waren vor allem nach Dienstschluss mit den Frauen zu Gange, ohne zusätzliche Kontrolle.“

Bei allen geschädigten Frauen habe es keine auffälligen Befunde im Intimbereich ergeben, die den hohen Untersuchungsaufwand durch den Angeklagten gerechtfertigt hätten. Keine der Patientinnen hätte sich bei Kenntnis der Behandlungsmethoden „als Präsentationsobjekt“ hergegeben.

Entdeckt wurden die Machenschaften des Arztes, nachdem er eine Medizinstudentin überredet hatte, sich für seine Forschung zur Verfügung zu stellen. Nach der Untersuchung mit der obligatorischen Betäubung, hatte diese nicht nur kaum Erinnerungen daran, sondern auch unnormale Blutwerte. Die Kriminalpolizei nahm die Ermittlungen auf. Dabei stellte sich heraus, dass die angebliche Forschungsstudie nicht existierte.

Während des Mammutprozesses hatte der Arzt immer wieder beteuert, dass die Untersuchung und das rechtzeige Erkennen von Beckenvenenthrombosen ausschließlich dem Fortschritt in der Medizin gedient habe. Sein Projekt stecke aber noch in den Kinderschuhen. Das Sexspielzeug habe er eingesetzt, um die Durchblutungen im Intimbereich der Patientinnen anzuregen und um so bessere Forschungsergebnisse erzielen zu können.

Zugegeben hatte der Angeklagte lediglich, dass er leichtsinniger und bedauerlicherweise versäumt habe, die Frauen vorher über seine Untersuchungsmethoden zu informieren.

In seinem Urteil berücksichtige der Richter, den Karriereverlust des Mediziners vom „Chefarzt zum Angeklagten“ mit den Worten: „Ein Fall wie es tiefer nicht geht.“ Dem Angeklagten werde es nach der Haft wohl schwer fallen, erneut beruflich Fuß zu fassen.

Der Staatsanwalt hatte die höchste Gefängnisstrafe von 15 Jahren gefordert, die Verteidiger höchstens eine Bewährungsstrafe, aber am besten Freispruch wegen minderschwerer Formen der Vergewaltigung. Die Verteidigung hat bereits Revision gegen das Urteil angekündigt.

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