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Feste Preise und zusätzliches Geld für künftige ambulante Kraftakte

Gesundheitspolitik Autor: Maya Hüss / Michael Reischmann

KBV-Vorstand Dres. Kriedel, Hofmeister und
Gassen (v.l.n.r.). KBV-Vorstand Dres. Kriedel, Hofmeister und Gassen (v.l.n.r.). © M. Reischmann
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Die KBV hat ihre Forderungen an die wahlkämpfenden Parteien und für die nächsten Koalitionsverhandlungen formuliert. Die Richtung ist klar: Ausweitung der ambulanten Tätigkeiten unter freiberuflicher Verantwortung und mit angemessener Bezahlung.

Bei ihrer öffentlichen Vertreterversammlung vor dem Deutschen Ärztetag gaben KBV-Vorstand und KV-Delegierte ein Bild der Einmütigkeit. Die Beschlüsse zur gesundheitspolitischen Positionierung wurden einstimmig oder mit wenigen Enthaltungen gefasst. Die drei Vorstände trugen ihre Berichte routiniert vor, ohne kritische Nachfragen in der Aussprache zu ernten.

Delegierte loben die neue Harmonie in der KBV

Was die KBV erreichen will und was sie anders haben möchte, lässt sich schnell überblicken (s. Tabellen). Die Körperschaft hat ihr Strategiepapier „KBV 2020“ auf einige Kernthemen konzentriert, die sie in den nächsten Monaten im Land kommuniziert.

Die KBV will:

Bereitschaftsdienst. Bereitschaftspraxen als Portal zur Notfallversorgung an Krankenhäusern, ggf. Betrieb gemeinsamer sektorenübergreifender Ambulanzen. KVen sollen die Bereitschaftspraxen als Eigeneinrichtungen und während der Praxisöffnungszeiten betreiben dürfen. Mehr Patienteninformationen – auch online oder per App – zur Selbsteinschätzung, zu Standorten von Anlaufpraxen etc. Qualifizierte Ersteinschätzung per Telefon und Zuweisung an die adäquate Versorgungsebene rund um die Uhr, ggf. in Kooperation mit den Rettungsleitstellen.

Ende der Honorarbudgetierung. Neuer EBM mit festen, angemessenen Preisen. Pauschalen für Leistungen, die das Maß des Ausreichenden, Zweckmäßigen, Wirtschaftlichen und Notwendigen überschreiten können. Einzelleistungen dort eingeführt, wo Mengendynamik gewünscht ist.

Patientensteuerung. Die Krankenkassen sollen ein Tarifsystem anbieten, in dem der Hausarzt – mit oder ohne Einschreibung – die Leistungen für den Patienten koordiniert. Er kann bei chronischen Erkrankungen die Koordinierung bis zu vier Quartalen auf den entsprechenden Facharzt übertragen. Die direkte Inanspruchnahme von Augenärzten, Gynäkologen, Psychotherapeuten und Präventionsleistungen bleibt erhalten. Versicherte, die als Wahloption den freien Zugang zu allen Vertragsärzten behalten möchten, sollen dafür einen Zusatzbeitrag zahlen.

Digitalisierung. Das Sichere Netz der KVen muss in der Telematikinfrastruktur erhalten bleiben. Aufwendungen der Ärzte für digitale Anwendungen müssen kompensiert werden. Standardisierung und Regulierung sollen für mehr Interoperabilität sorgen, damit z.B. einfach von einem Praxisverwaltungssystem zum anderen gewechselt werden kann. KBV und KVen wollen die Erlaubnis erhalten, notfalls selbst „kostenadäquate Ergänzungsangebote“ aufbauen zu dürfen.

Nachwuchsgewinnung. Gefordert wird: Genug Geld zur Umsetzung des "Masterplans Medizinstudium 2020" und mehr Geld für die Weiterbildungsförderung. Die Weiterbildungsstellen müssen komplett durch die Kostenträger oder aus Steuermitteln finanziert werden.

Anerkennung. Bekenntnis der Politik zur Sicherstellung der ambulanten medizinischen Versorgung durch freiberufliche Berufsausübung "vornehmlich in inhabergeführten Praxen und auf der Basis einer funktionierenden Selbstverwaltung".

Untermalt wird das durch die letzte Phase der Kampagne "Wir arbeiten für Ihr Leben gern". Diese werden insbesondere die Bundestagsabgeordneten und gesundheitspolitisch Interessierten in Berlin auf Werbeflächen und in speziellen Publikationen wahrnehmen können. Aktuell ergänzt wird die Vertragsarzt­image-Kampagne um das Bemühen, die Rufnummer des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (116 117) bekannter und kundenfreundlicher zu machen, damit mehr Pseudonotfälle aus den Krankenhausambulanzen in die Arzt- und Bereitschaftspraxen wandern.

Positiv fiel den Delegierten die Harmonie im neuen Vorstandstrio auf. Die Schwerpunkte sind verteilt (Dr. Gassen: politische Außenvertretung und Honorar, Dr. Hofmeister: Sicherstellung und Arznei-/Heilmittel, Dr. Kriedel: Digitalisierung und Qualitätssicherung). Alle freuen sich über die kollegiale Zusammenarbeit.

Die KBV will nicht:

Reine Zulassungsplanung. Die Bedarfsplanung soll neben der Demografie auch indikationsbezogene und regionale Parameter berücksichtigen. Notwendige Stellenzuwächse müssen mit neuem Geld finanziert werden.

Bürgerversicherung. Das Steckenpferd von SPD, Linke und Grünen wird abgelehnt. Das duale Finanzierungssystem von gesetzlicher und privater Krankenversicherung „ist am ehesten geeignet, Impulse für Versorgungsverbesserungen und Innovationen in der GKV zu bewirken“.

Arzt-Substitution. Nichtärztliche Gesundheitsberufe wie der Physician Assistant dürfen den Arzt nicht ersetzen. Entlastung per Delegation gerne.

Nachteile für Belegärzte. Dass Belegärzte bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden dem Erlaubnisvorbehalt unterworfen sind, soll beseitigt werden. Das Belegarztsystem soll weiterentwickelt werden unter Einbeziehung von Hausärzten und Psychotherapeuten sowie intersektoralen Strukturen wie Praxiskliniken.

Neue Regressgefahren. Die aktuelle Verunsicherung bei Verordnungen neu zugelassener Arzneimittel mit Mischpreisen wegen teils festgestelltem, teils fehlendem Zusatznutzen in Teilanwendungsgebieten verstärkt den Druck auf die Ärzte. Das soll gesetzlich geklärt werden.

Das neue Selbstvertrauen macht Dr. Gassen auch an Versorgungszahlen fest, beispielsweise daran, dass sich die 165 000 niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten jährlich um 595 Millionen Behandlungsfälle kümmen. Wenn die Politik nach der Bundestagswahl die Weichen rechtlich wie finanziell günstig stelle, lasse sich ambulant noch mehr erreichen.

Quelle: KBV-Vertreterversammlung 

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