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Gesetzliche Kassen gewinnen den Leistungsvergleich

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Bei der Reha bleiben etliche PKV-Tarife hinter der GKV zurück. Bei der Reha bleiben etliche PKV-Tarife hinter der GKV zurück. © Fotolia/pololia
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„Die wiederkehrende Behauptung, die GKV sei nur zweitklassig“, halten die Grünen aufgrund einer von ihnen beauftragten Studie für „klar widerlegt“. Der PKV-Verband kontert: Die Ergebnisse „haben mit dem realen Versorgungsgeschehen und den Erfahrungen der Versicherten beim Arzt oder im Krankenhaus nur wenig zu tun“.

Die GKV mit ihren 110 Kassen bietet eine gute Versorgung – auch im Vergleich zu den „32 leistungsstärksten Vollkosten-Tarifen (Unisex) privater Krankenversicherungsunternehmen“. Zu diesem Eindruck gelangt die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen aufgrund eines Leistungsvergleichs, den sie bei dem Informationsdienstleister PremiumCircle Deutschland (PCD) beauftragt hatte.

Dieser definierte 103 „Mindestleistungskriterien“ – von ärztlichen bis Zahnleistungen – und überprüfte deren Nicht-, Teil-, Voll- oder Übererfüllung. Die GKV schaffte 100 Merkmale. Ihr folgen die Tarife der Barmenia mit 99, der SDK mit 97 sowie des Deutschen Ringes mit 94 erfüllten Kriterien. Am schlechtesten schnitten die Tarife der Provinzial (56 Items), der DEVK (50) und der Meck­lenburgischen (32) ab. Im Schnitt liegen die PKV-Tarife bei 72 %.

PKV-Tarife: 40 % garantierten keine stationäre Reha

Deutliche Schwächen haben laut PCD 49 % der PKV-Tarife bei Reha und Kuren. 40 % garantierten keine stationäre Reha nach einem Klinik­aufenthalt bzw. nur unter Vorbehalt oder mit Leistungseinschränkungen. Noch schlechter sehe es bei ambulanter Reha aus. Bei häuslicher Krankenpflege oder Palliativversorgung enttäuschten im Schnitt 42 % der Tarife, bei der Psychotherapie 36 %. Weitere Einschränkungen gebe es z.B. bei Familienplanung, Krankentransport und Prävention.

Bei der stationären Behandlung erfüllen alle PKV-Versicherer die wesentlichen Kriterien bzw. bieten darüber hinausgehende „medizinisch nicht notwendige Leistungen, z.B. Einbettzimmer“ an. Auch bei Arzneien und enteraler Ernährung überzeugen die Tarife überwiegend. Bei den ärztlichen Leistungen „schneiden alle Unternehmen gut ab, weil sie ärztliche Honorare über den Regelsatz hinaus erstatten“.

Hier hakt der PKV-Verband ein: „Wer die Versicherten selbst oder auch bei Ärzten, Krankenhäusern und Therapeuten nachfragt, kommt ganz sicher nicht zu dem Ergebnis, dass Privatversicherte schlechter versorgt werden.“ Stärken der PKV seien z.B. „volle ärztliche Therapiefreiheit ohne den Druck von Budgetgrenzen, schnellerer Zugang zu medizinischen Innovationen und ambulante Arzttermine auch im Krankenhaus“. Und selbst wenn es in den Tarifen vieler Privatversicherter formal keinen verbrieften Anspruch auf Hospiz- und Palliativversorgung gebe, könnten doch alle Versicherten „in der Praxis“ darauf vertrauen.

PCD räumt ein, dass in der GKV Leistungsentscheidungen teilweise von der Kasse abhängig sind. Bei Heil- und Hilfsmitteln gebe es „oftmals nur Grundversorgung“. Durch die längeren Wartezeiten bei Fachärzten werde auch der Zugang zu bestimmten Leistungen faktisch beschränkt.

Alte, Arme und chronisch Kranke sind die Leidtragenden

Die Grünen sehen „vor allem in der PKV, jedoch auch in der GKV“ Ältere und Versicherte mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen, geringen Einkommen oder niedrigem Bildungsgrad benachteiligt. Sie gerieten „durch fehlende Transparenz, undurchsichtige Tarife und mangelhafte Leistungen“ unter die Räder. Zumal die Mehrheit der PKV-Kunden in „noch deutlich leis­tungsschwächeren Tarifen“ als den untersuchten versichert sei. Für die Grünen gibt es hier nur eine Lösung: die Bürgerversicherung.

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