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Gendermedizin Initiative warnt vor tödlicher Gefahr von Herzkrankheiten bei Frauen

Gesundheitspolitik Autor: Angela Monecke

Frauenherzen schlagen anders: Am Vortag des #GoRed-Aktionstags wiesen Ärzte, Kassenvertreter und Bundestagsabgeordnete auf die unterschätzte Gefahr des weiblichen Herzinfarkts hin. Hier in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin. Frauenherzen schlagen anders: Am Vortag des #GoRed-Aktionstags wiesen Ärzte, Kassenvertreter und Bundestagsabgeordnete auf die unterschätzte Gefahr des weiblichen Herzinfarkts hin. Hier in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin. © Angela Monecke
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Immer noch werden Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen unterschätzt, obwohl sie deren häufigste Todesursache sind. Darauf machte der Aktionstag „#GoRed – Frauenherzen schlagen anders“ am 2. Februar mit der Alarmfarbe „Rot“ aufmerksam. 

Übelkeit, Schmerzen im Oberbauch, Kopfweh. Harmlos? Im Gegenteil. Das sind typische Symptome für einen Herzinfarkt bei Frauen, der sich demnach nicht zwingend durch einen stechenden Schmerz in der Brust, wie klassischerweise beim Mann, äußern muss.

„Wir Frauen wissen fast nichts über den weiblichen Herzinfarkt, obwohl es die größte Bedrohung unseres Lebens ist“, erklärt die Fernsehjournalistin Lisa Ortgies, die mit 51 Jahren während eines New-York-Aufenthalts einen Herzinfarkt erlitt – ein Herzkrampf, bei dem ihr übel wurde, mit Atemnot und tauben Gliedmaßen. „Nicht im Entferntesten“ sei sie jedoch auf die Idee gekommen, „dass das etwas mit meinem Herz zu tun haben könnte“, so die #GoRed-Botschafterin.

2022 starben über 190.000 Frauen hierzulande an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Auch die Chancen auf Genesung, etwa nach einem Herzinfarkt, stehen bei Frauen schlechter. Liegt noch ein Schwangerschaftsdia­betes vor, ist das Herzinfarktrisiko um 40 % erhöht, auch wenn die Betroffene danach keinen Typ-2-Diabetes entwickelt. Bei einem manifesten Diabetes ist das Risiko sogar um das Fünffache höher als bei Frauen ohne Gestationsdiabetes. 

„Werden Frauen aufgrund eines Herzinfarkts in stationäre Behandlung gebracht, ist die Wahrscheinlichkeit um fast 6 % höher als bei Männern, daran zu versterben“, berichtet Dr. Leonie Uhl, Sprecherin des Beirats Gesundheitsförderung von Healthcare Frauen e.V., am Vortag des #GoRed-Aktionstags in der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin. Unter der Federführung des Vereins haben sich 2022 verschiedene Akteure des Gesundheitswesens im Rahmen der „Herz-Hirn-Allianz“ zusammengeschlossen. Sie unterstützen gemeinsam die Kampagne #GoRed.  

Nicht nur Frauen, auch Ärzte unterschätzen die Gefahr

Frauenherzen sind kleiner und schlagen schneller. Weibliche Personen entwickeln zudem Herzprobleme eher später im Leben als Männer. Aber nicht nur die Frauen selbst unterschätzen häufig ihr eigenes Risiko für Herzinfarkt, Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen – auch Ärzte erkennen die Symptome für einen Herzinfarkt bei Frauen seltener als bei Männern. Die Folge: Die richtige Behandlung verzögert sich. Große klinische Studien zur Frauenherzgesundheit, die Medikation, Dosierung und Behandlungsmethoden in den Fokus rücken, fehlen überdies. 

„Frauenherzen schlagen nicht nur anders, der Frauenorganismus ist anders“, betont die SPD-Bundestagsabgeordnete und Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin ­Nezahat Baradari. Die ärztlichen Kollegen sollten daher genau hinsehen, „in welchem Zyklus sich der Organismus der Frau befinde, ob prä- oder postmenstruell, da auch hier Hormone eine sehr große Rolle spielen“.  Zudem plädierte sie für die Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die sich schon im Mutterleib entwickeln könnten, z.B. bei werdenden Müttern mit Schwangerschaftsdiabetes. 

„Ich habe in meinem Studium nicht gelernt, dass es so konkrete Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt“, sagt die Herzchir­urgin Dr. Viyan Sido mit Blick auf die Gendermedizin. Vor einigen Jahren sei ihr bei einem Nachtdienst in der Klinik aufgefallen, dass sie einer 40-Kilo-Patientin die gleiche Dosis geben sollte wie einem 180 Kilo-Patienten. Der Grund, warum sie später eine Ambulanz mit spezieller Frauensprechstunde ins Leben rief. 

„Gehen Sie raus, machen Sie den Mund auf, nehmen Sie Frauen wie Männer mit und werben Sie für unsere gemeinsame Sache“, so der CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer. Der Politiker, der Typ-2-Diabetes hat, erlitt einen Herzinfarkt, hatte mehrere Herz-OPs und setzt daher noch verstärkter auf die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 

Die Herzgesundheit von Frauen ins Bewusstsein bringen sollen zudem die Apotheken. Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach will sie ohnehin stärker in die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einbeziehen. Das BMG investiert verstärkt in Früherkennung und Versorgung, bei Kindern und Jugendlichen ebenso wie bei Erwachsenen. 

Lauterbach wirbt für neues Gesetz zur Früherkennung

Neben dem angekündigten Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) sind Screening-Maßnahmen und erweiterte DMP geplant. Auch den Nikotinkonsum will das BMG eindampfen. Ein Gesetz zur Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat Prof. Lauterbach bereits im Oktober 2023 angekündigt. Darin müsse auch das Thema „Frauenherzen“ berücksichtigt werden, fordert Dr. Uhl. Sie verweist auf das neue Positionspapier der #GoRed-Initiative (siehe Kasten).

Die #GoRed-Initiative wurde von der Medical Tribune (MedTriX Deutschland) unterstützt.

Politische Forderungen für mehr Frauengesundheit

Das Bewusstsein für Herz-Kreislauf-Gesundheit von Frauen steigern – das ist das Ziel des jährlichen bundesweiten Aktionstages, der jeweils am ersten Freitag im Februar stattfindet und vom National Wear Red Day® aus den USA inspiriert ist.

Die Initiative #GoRed hat fünf Forderungen für eine geschlechterspezifische Herzmedizin formuliert, die zügig umgesetzt werden sollen:

  1. Integration geschlechterspezifischer Medizin in Aus- und Weiterbildung. Bislang gibt es nur vereinzelte medizinische Fakultäten, die geschlechtersensible Lehre als Querschnitts- oder Wahlpflichtfach anbieten. Geschlechterspezifische Medizin muss jedoch bereits in der ärztlichen Ausbildung, u.a. durch eine verpflichtende Lehre im Kerncurriculum der Medizinerausbildung, beginnen.
  2. Bessere Studien für mehr Evidenz und eine gerechtere Gesundheitsversorgung. U.a. sollen die EU-Vorgaben für eine repräsentative Geschlechterverteilung in klinischen Studien umgesetzt werden.
  3. Eine jährliche gesetzliche Vorsorge für Frauen ab 40 Jahren bei erhöhtem kardiovaskulärem Risiko.
  4. Stärkung der individuellen Frauen-Gesundheitskompetenz, z.B. bessere Vergütung der sprechenden Medizin.
  5. Förderung der gesellschaftlichen Sensibilität, u.a. durch kooperativen Gesundheitsunterricht analog zur Sexualkunde in der Grundschule sowie der Sekundarstufe I und II wie auch durch Screening-Initiativen.

Ziel der Beteiligten der Herz-Hirn-Allianz ist es, die Zahl der kardiovaskulären Ereignisse bis 2030 um 30 % zu senken.

Mehr Infos: agingforfuture.de/frauenherzen

aktualisiert am 07.02.2024 um 16:29 Uhr

Medical-Tribune-Bericht

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