
Aufstiegswege in der Inneren Medizin „Karriere ist kein Selbstläufer – auch nicht mit Förderprogramm“

Karriereplanung in der Inneren Medizin ist oft ein nicht sehr linearer Prozess. Manchmal entscheiden neben persönlichen Interessen auch Zufälle, Förderer und mutige Entscheidungen über den Weg. In der aktuellen Folge des Podcasts O-Ton Innere Medizin teilen zwei „alte Hasen“ – Prof. Dr. Sigrid Harendza von der Universitätsklinik Hamburg und Prof. Dr. Christoph Schöbel von der Universität Duisburg-Essen – persönliche Einblicke in ihre beruflichen Werdegänge und geben Ratschläge, die über klassische Karriereratgeber hinausgehen.
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O-Ton Innere Medizin ist der Podcast für Internist:innen. So vielfältig wie das Fach sind auch die Inhalte. Die Episoden erscheinen alle 14 Tage donnerstags auf den gängigen Podcast-Plattformen.
So beschreibt Prof. Harendza ihren Weg zur Fachärztin für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie auch als eine Kette glücklicher Zufälle – von der ersten Famulatur über die Doktorarbeit bis hin zur Berufung auf eine W3-Professur. Ausschlaggebend war für sie dabei stets, bei sich selbst zu bleiben, eigenen Interessen zu folgen und Chancen zu ergreifen, wenn sie sich boten.
Als besonders prägend schildert sie ihren zweijährigen Aufenthalt an einem Forschungslabor in San Francisco und den darauf folgenden Wechsel nach Hamburg, wo sie habilitierte. Das Wichtige daran war allerdings nicht der Ortswechsel selbst, sondern der Perspektivwechsel, den ein Auslandsaufenthalt anstoßen kann.
Ein entscheidender Moment war für sie dann das Entdecken des Master-of-Medical-Education-Programms der Universität Bern. „Das Unterstützendste war, dass mein Vorgesetzter nicht gesagt hat: ‚Das ist ein Karriereknick‘, sondern: ‚Wenn Sie weiter wissenschaftlich aktiv sind, machen Sie das!‘“ Das war für sie als ein Signal echten Vertrauens extrem wichtig, so Prof. Harendza. Denn der beste Karriereratgeber ist die eigene Fähigkeit, Chancen zu erkennen, diese mit Überzeugung zu ergreifen – und ein Umfeld, das Neues zulässt, bzw. Mentoren, die einen dabei unterstützen.
USA als Sprungbrett noch der Goldstandard?
Prof. Schöbel, Internist mit Schwerpunkt Kardiologie und gerade zurückgekehrt von einem medizinischen Kongress aus den USA, bedauert, dass die Kongresse in den Vereinigten Staaten zwar noch geschützte Räume des Austauschs seien, aber die politische Rhetorik gegen Wissenschaft unter Trump bereits Spuren hinterlassen habe: Misstrauen, Zurückhaltung und Sorge über mögliche Konsequenzen seien spürbar, auch abseits offizieller Programmpunkte. Der Zugang für ausländische Forschende werde zudem durch restriktivere Visa-Politik erschwert.
Vor diesem Hintergrund empfiehlt er – auch in Erwägung der wichtigen Rolle, die die Vereinigten Staaten einmal für Karrierewege in der Medizin hatten –, die USA nicht per se zu meiden, aber die Entscheidung gut zu prüfen. Der wissenschaftliche Austausch, die Vielfalt und Innovationsfreude des US-Systems seien weiterhin von Wert. Allerdings sollten junge Forschende nicht mit der Erwartung hingehen, dort sei alles besser. Die Kehrseite des Systems – insbesondere soziale Ungleichheiten und unsicherere Rahmenbedingungen – dürfe man nicht unterschätzen. Ein Perspektivwechsel sei in jedem Fall wichtig, betont auch er, ob nun in den USA, in Europa oder innerhalb Deutschlands. „Man nimmt enorm viel mit. Aber man lernt auch, wie wertvoll unser deutsches Gesundheitswesen trotz aller Probleme ist“, so Prof. Schöbel rückblickend auf seine Zeit in Harvard.
Dass Karrieren nur schwer vorhersehbar verlaufen, zeigt auch Prof. Schöbels Werdegang. Über einen Studentenjob als Nachtwache im Schlaflabor kam er zur Schlafmedizin – damals noch eine eher exotische Disziplin. Heute leitet er das Zentrum für Schlaf- und Telemedizin an der Universitätsmedizin Essen, eines der wenigen interdisziplinären Zentren dieser Art in Deutschland. Die Digitalisierung sieht er dabei als zentrale Entwicklungsrichtung: Schlafdiagnostik müsse künftig stärker im Alltag der Patientinnen und Patienten verankert werden, zum Beispiel durch Technologien, die zu Hause genutzt werden können.
Eigeninitiative schlägt Standardweg
Prof. Schöbel betont, dass Innovation im Gesundheitssystem nur gelingt, wenn Ärztinnen und Ärzte sich aktiv einbringen. Wer wartet, bis politische Entscheidungen fallen, verliere Gestaltungsspielraum. Deshalb sei es wichtig, in Fachgesellschaften wie der DGIM mitzuwirken.
Wichtig sei grundsätzlich in allen Karrierebelangen: Mut, Geduld und Netzwerke. Dabei warnen beide Gäste davor, sich zu sehr auf strukturierte Förderprogramme zu verlassen. Zwar seien Mentoring-Initiativen oder Frauenförderung heute ein großer Vorteil, doch allein dadurch entstehe keine Karriere. „Karriere ist kein Selbstläufer – auch mit Förderprogramm nicht“, betont Prof. Harendza. Eigeninitiative, Begeisterung, Resilienz und Netzwerkpflege bleiben trotzdem unerlässlich. Zudem müsse man bereit sein, den ursprünglich geplanten Pfad zu verlassen, wenn sich eine neue, sinnvolle Richtung ergibt.
Und wenn Sie jetzt mehr dazu wissen möchten, wie man von einem Nebenjob im Schlaflabor zur deutschlandweit ersten Professur für Schlafmedizin mit Schwerpunkt Telemedizin gelangt, welche Eigenschaften Prof. Harendza und Prof. Schöbel für eine medizinische Karriere „nicht so wichtig“ finden und welche Motivationssprüche die beiden Karrierestartern mit auf den Weg geben, dann klicken Sie sich in unsere aktuelle Folge!