
Praxiskolumne „Medizinische Fachangestellte sind Goldstaub“

Die Tür geht auf und meine Medizinische Fachangestellte und VERAH Petra C. schwebt herein. Auf dem Tablett liegt bereits die Auffrischimpfung gegen FSME und eine zweite Spritze. ,,So Frau K., jetzt machen wir noch Ihre Auffrischimpfung gegen Zecken und dann noch die Impfung gegen Gürtel. Alles klar? Die Frau Doktor hat’s ja bestimmt grad erklärt.“ Erleichtert schaut Frau K. meine MFA an: ,,Ah ja gegen Gürtel. Alles klar. Das können wir machen.“ Staunend verfolge ich den Dialog und schmunzle. Was wäre ich ohne meine MFA!
Eine Kollegin hat es unlängst so formuliert: ,,MFA sind Goldstaub.“ Mit diesem Satz hat sie es auf den Punkt gebracht! MFA sind unendlich wertvoll und in Zeiten des Fachkräftemangels so selten geworden, dass man sie kaum noch findet. Sie übersetzen medizinisches Fachchinesisch (von dem ich nicht dachte, dass ich welches spreche) in Alltagssprache.
Sie sind das Rückgrat vieler Hausarztpraxen und helfen entscheidend mit, den Laden am Laufen zu halten – Tag für Tag, zwischen Telefon, Labor, Impfungen, Organisation und unzähligen Gesprächen mit oft besorgten, überforderten und ängstlichen Patientinnen und Patienten, die spätestens seit Corona auch wissen: Die Arbeit der MFAs ist systemrelevant. Jede Praxis, die ihre Medizinischen Fachangestellten über längere Zeit halten kann, darf sich ohne Zweifel reich und glücklich schätzen.
Der Beruf der Medizinischen Fachangestellten ist einer, der so nah am Menschen ist wie kaum ein anderer. Wer MFA ist, arbeitet mitten im Leben: mit Kindern, die zur Vorsorge kommen, mit chronisch Kranken, die regelmäßig betreut werden, mit älteren Menschen, die jemanden brauchen, der zuhört. Diese Nähe ist ein Geschenk – und gleichzeitig ein emotional fordernder Teil des Berufs, der viel Empathie, Geduld und auch Abgrenzungsfähigkeit verlangt.
Umso wichtiger ist es, dass wir als Gesellschaft endlich die Wertschätzung zeigen, die dieser Beruf verdient. Wertschätzung heißt nicht nur Balkonapplaus. Wertschätzung heißt auch und vor allem angemessene Bezahlung. Für die braucht der ambulante Sektor allerdings die passenden politischen Rahmenbedingungen, um mit der staatlichen Querfinanzierung, die der stationäre Sektor erhält, konkurrieren zu können. Wertschätzend heißt zudem Ausbildungswege attraktiver zu machen und die Weiterbildungsmöglichkeiten zu stärken. Hier wurde in den letzten Jahren mit Weiterqualifikationen zum Glück schon vieles auf den Weg gebracht.
Ohne meine MFA könnte ich meinen Beruf als Hausärztin nicht so ausüben, wie ich es tue. Sie sind mein Team, meine rechte Hand, manchmal auch mein Rückgrat. Wenn wir es nicht schaffen, diese Berufsgruppe zu halten und zu fördern, gefährden wir die Basis unserer hausärztlichen Versorgung.
Es braucht dringend politische Weichenstellungen, aber auch ein Umdenken in unserem eigenen Alltag: ein bewusstes Sehen, ein ehrliches Danke, ein respektvoller Umgang auf Augenhöhe. MFA sind keine „helfenden Hände“, sie sind hochqualifizierte Fachkräfte. Sprache ist auch hier Ausdruck des Seins. Und so hat die Berufsbezeichnung ,,Medizinische Fachangestellte“ zu Recht die frühere Bezeichnung ,,Arzthelferin“ abgelöst.
Medizinische Fachangestellte sind Goldstaub. Diesen Schatz sollten wir alle, Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte, zu schätzen wissen und ihnen den gebotenen Respekt entgegenbringen.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht