Anzeige

Praxiskolumne Superwahljahr 2022 – engagiert Euch, Kolleginnen!

Autor: Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth

Es wird Zeit, dass man die Leistungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wieder ins richtige Licht rückt. Es wird Zeit, dass man die Leistungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wieder ins richtige Licht rückt. © iStock/smartboy10
Anzeige

2022 ist berufspolitisch ein Superwahljahr. Es finden KV-Wahlen und Wahlen zur Ärztekammer statt, außerdem wird in einigen Berufsverbänden ein neuer Vorstand gewählt.

Neues Personal könnte sich also mit frischem Schwung den Dauerbrennerthemen widmen, die es bereits vor Corona gab: dem Pflegenotstand, der überbordenden Bürokratie, dem allgemeinen Fachkräftemangel, der nicht funktionierenden Digitalisierung. 

Die fehlende Sichtbarkeit und Wertschätzung der Arbeit im haus­ärztlichen Bereich ist auch so ein Thema. So werden beispielsweise neun von zehn COVID- Patient:innen ambulant versorgt, vor allem hausärztlich. In der Berichterstattung zur Coronapandemie kommt das aber so gut wie nicht vor. Allgegenwärtig sind dagegen die Bilder der 3 % Patient:innen, die auf den Intensivstationen behandelt werden. Der Krankenhaussektor hat es in hervorragender Weise verstanden, sich in den Fokus der allgemeinen Wahrnehmung zu rücken, während die Schwierigkeiten und Missstände im ambulanten Sektor kaum Aufmerksamkeit erfahren. 

Daran wird sich nichts ändern, solange wir nicht lautstark unsere berufspolitische Stimme erheben. Zum einen müssen wir endlich mehr Wertschätzung für unsere Arbeit und die unserer Praxisteams einfordern. Zum anderen sind Missstände und unzureichende politische Rahmenbedingungen genau zu benennen. Dafür bedarf es gerade jetzt berufspolitischen Engagements: Wer, wenn nicht wir? Wann, wenn nicht jetzt? Das Superwahljahr kommt gerade richtig, um auf Defizite aufmerksam zu machen. 

Hausarztpraxen leisten eine effiziente und kosteneffektive Grundversorgung aller Patient:innen mit körperlichen und seelischen Gesundheitsstörungen. Dies gilt sowohl in der Notfall-, Akut- und Langzeitversorgung als auch in wesentlichen Bereichen der Prävention und Rehabilitation. Auch während der Pandemie sind wir die zentralen Anlaufstellen und der Garant für die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung.

Um diese Basisversorgung mittel- bis langfristig zu sichern, muss man die Attraktivität  hausärztlicher Tätigkeit erhöhen. Dies erfordert, dass Zuwendung und sprechende Medizin endlich aufgewertet werden. Außerdem: Hausärzt:innen haben auch durch ihr unselektiertes Patientengut eine hohe Verantwortung, in der Versorgung erbringen sie ein gehöriges Maß an Koordinationsleis­tung. Auch dies sollte sich endlich in der Vergütung widerspiegeln. Genau das fordern auch der Sachverständigenrat und die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag. Wir haben also kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. 

Nicht zuletzt deshalb bedarf es berufspolitisch tätiger Kolleginnen und Kollegen. Insbesondere die Kolleginnen sind aufgefordert, sich angesichts der zunehmenden Feminisierung des Arztberufes vermehrt zu engagieren. Das Gesundheitswesen wird mittlerweile von Frauen dominiert. In den Spitzenpositionen sind sie aber nach wie vor kaum repräsentiert. Das muss sich ändern. 

Im Koalitionsvertrag steht dazu: ,,Wir stärken die paritätische Beteiligung von Frauen in den Führungsgremien der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen sowie ihrer Spitzenverbände auf Bundesebene sowie der gesetzlichen Krankenkassen.“ Verbindliche Regelungen hierzu fehlen allerdings und müssen nun dringend erarbeitet werden. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe hat übrigens vor lauter Sorge, dass eine solche verbindliche Regelung kommt, die Vorstandswahlen vorgezogen, um den amtierenden männlichen KZV-Vorstand noch schnell für die nächs­ten sechs Jahre zu bestätigen. Ein Beleg dafür, dass in Bezug auf Partizipation von Frauen an politischer Macht immer noch Raum für neue Seltsamkeiten ist.

Anzeige