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 Kommentar
 
Typisch Geschlecht

Aus der Redaktion Autor: Dr. Sascha Bock

© MT
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Ob pinke Überraschungseier oder Uhren für „junge Vertreter des starken Geschlechts“ – Gendermarketing für Kinder fördert stereotype Rollenbilder. Das Traurige: Zu wenige Eltern und Großeltern hinterfragen diese Klischees und erschweren zusätzlich den Weg zur Geschlechtergerechtigkeit.

Frauenquote in Vorständen, die „Ärztin“ als eigener Eintrag im Online-Duden, Gendersternchen und -doppelpunkt – alles schön und gut und wichtig. Aber das Gleichberechtigungs-Bewusstsein muss früher vermittelt werden. Viel früher. Wie sonst soll man stereotype Rollenbilder sprengen, die sich von Geburt an festigen?

Eltern oder Großeltern schmücken Neugeborene mit Stramplern in der vermeintlich geschlechtertypischen Farbe. Manche (Online-)Shops lassen einem gar keine Wahl: Die Auslage strahlt rosa oder hellblau. Inwiefern solche Umwelteinflüsse und die genetische Veranlagung das Verhalten von Mädchen und Jungen bestimmen, beschäftigt die Forschung nach wie vor. Ein komplexes Zusammenspiel, wie es in der Entwicklungspsychologie so schön heißt. Klar ist: Erst durch Familie und Gesellschaft wächst das Verständnis für Unterschiede zwischen Mann und Frau. Mit ungefähr zwei Jahren beginnen Kinder, ihre Geschlechts­identität auszubilden – und prägen sich somit auch starre Rollenbilder ein.

Da trifft es sich gut, dass Kinderbücher für diese Altersgruppe entsprechende Klischees bedienen. Abgesehen davon, dass in der aktuellen Auflage des Ravensburger-Buches „Autos und Laster“ das Polizeiauto noch grün-weiß dargestellt wird, arbeiten zu ca. 85 % Männer im Rettungsdienst, auf Baustellen oder für Speditionen. Immerhin hat es eine Frau hinters Steuer eines Lasters geschafft.

Noch absurder geht es in der Werbung zu. Pinke Überraschungseier „nur für Mädchen“, Stoffwerkzeug aus der Produktlinie „Papa & me“, Uhren für „kleine Prinzessinnen“ und selbstverständlich für „junge Vertreter des starken Geschlechts“. Wussten Sie schon, dass Letztere „dezente Farben vorziehen“? So kann keine Chancengleichheit entstehen. In Zeiten von zunehmendem Gendermarketing ist die Politik gefordert. Und natürlich wir selbst. Angebot und Nachfrage.

Leben wir Gleichberechtigung vor! Es muss ja nicht die radikalste genderneutrale Erziehung sein. Geschlechtergerecht lautet das pädagogische Stichwort. Kinder unabhängig von ihrem biologischen Geschlecht fördern und nicht ausschließlich als Prinzessin oder Ritter sozialisieren. Dann muss man irgendwann nicht mehr über Frauenquoten diskutieren und es ist selbstverständlich, dass bei den Stellenanzeigen im Deutschen Ärzteblatt nicht vorwiegend ein „Chefarzt (m/w/d)“ gesucht wird, so wie jetzt. Sondern eben ein Chefarzt oder eine Chefärztin. Wo das „d“ dann hinkommt, ist ein anderes Thema.

Dr. Sascha Bock
Redakteur Medizin

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