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Vergiftungsfälle und Hygienemängel – Schleswig-Holstein greift bei Shisha-Bars härter durch

Gesundheitspolitik Autor: Antje Thiel

Wasserpfeiferauchen ist trendy. Berichte über bewusstlose Schmaucher rufen nun aber die Politik auf den Plan. 
Wasserpfeiferauchen ist trendy. Berichte über bewusstlose Schmaucher rufen nun aber die Politik auf den Plan. © iStock.com/alexkich
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Bislang gelten Shisha-Bars in Schleswig-Holstein als einfache Raucher-Kneipen. Besondere Vorgaben zum Gesundheits- und Arbeitsschutz gibt es für sie nicht. Doch das soll sich bald ändern.

Der für Gaststätten zuständige Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) will den Gesundheitsschutz in Schleswig-Holsteinischen Shisha-Bars mit einem landesweiten Erlass verbessern. So muss es in Lokalen, wo Wasserpfeifen geraucht werden, künftig Warnmelder geben, die den Gehalt des geruchs- und farblosen Kohlenmonoxids (CO) in der Luft messen. Diese müssen von einem Fachbetrieb eingebaut werden. Auch für Lüftung und Abzug soll künftig eine Fachfirma zuständig sein. Zudem müssen die Bars Warnschilder anbringen.

CO-Vergiftungen in Räumen ohne ausreichende Lüftung

Mit diesen Maßnahmen will die Kieler Landesregierung vermeiden, dass weitere Menschen in Shisha-Bars zu Schaden kommen. Anfang Januar hatten zwei 19-Jährige in der Landeshauptstadt CO-Vergiftungen erlitten, weil sie der sauerstoffarmen Luft ausgesetzt waren, die in Räumen mit Wasserpfeifendampf und ohne ausreichende Lüftung entstehen kann. Daraufhin hatte die SPD-Fraktion das Thema auf die Tagesordnung des Landtags gesetzt und landesweite Standards gefordert.

In der Landtagsdebatte erklärte Minister Buchholz, das aus dem arabischen Kulturkreis stammende Shisha-Rauchen liege zwar im Trend und sei ein „bereicherndes Barkultur-Element“. Es müsse aber deutlich werden, dass der Rauch die Gesundheit gefährden könne. Wie eine Grünen-Abgeordnete betonte, war einer der 19-Jährigen, der in einer Kieler Shisha-Bar zusammengebrochen war, tatsächlich akut gefährdet gewesen. Und ein Vertreter der Partei der dänischen Minderheit (SSW) merkte an, „dass beim Shisha-Rauchen durchschnittlich sogar mehr Nikotin und nicht weniger krebserregende Stoffe aufgenommen werden als beim Rauchen von Zigaretten“. Dennoch kam aus der CDU-Fraktion der Hinweis auf das „Prinzip des freien und mündigen Bürgers“, ein FDP-Kollege verwies auf das Recht volljähriger Bürger, auch einmal unvernünftig zu sein.

"Der mündige Bürger hat auch das Recht, einmal unvernünftig zu sein"

Das Recht auf Unvernunft wird künftig allerdings nur für die Besucher, nicht aber für die Betreiber von Shisha-Bars gelten. Letztere sind wegen ihres laxen Umgangs mit dem Gesundheitsschutz und anderen behördlichen Auflagen auch in anderen Bundesländern immer wieder in die Schlagzeilen geraten. So etwa in Frankfurt, wo bei einer gemeinsamen Aktion von Landes- und Stadtpolizei sowie der Lebensmittelkontrolle des Ordnungsamts Mitte Dezember 2017 zehn Shisha-Bars kontrolliert wurden. Ergebnis: Nur drei waren beanstandungsfrei, drei Betriebe mussten sogar geschlossen werden. Man hatte teils gravierende Hygienemissstände vorgefunden, war aber auch auf Verstöße im Zusammenhang mit illegalem Glücksspiel aufmerksam geworden.

Ähnliche Ergebnisse gab es in den vergangenen Monaten bei Kontrollen in Shisha-Bars in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen. Dort wurden zum Teil auch Verstöße gegen das Mindestlohngesetz und die Sozialversicherungspflicht festgestellt sowie größere Mengen an unverzolltem Tabak sichergestellt. Bislang taten sich die Behörden schwer damit, gegen die offenkundigen Missstände vorzugehen. Denn wo viele staatliche Stellen parallel irgendwie zuständig sind – im Fall von Shisha-Bars sind dies Gesundheitsamt, Ordnungsamt, Bauordnungsamt und Gewerbeaufsicht –, kümmert sich am Ende keine so richtig. Der Vorstoß aus Kiel ist nun möglicherweise der Auftakt zu einem energischeren Vorgehen.

Daneben wird aber auch der Ruf nach verstärkter Aufklärung laut. Unabhängig vom Risiko einer akuten Kohlenmonoxid-Vergiftung warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung, dass langjähriges Shisha-Rauchen die Lungenfunktion verschlechtern und das Krebsrisiko erhöhen kann. Gegenüber dem Zigarettenrauchen drohen Zusatzgefahren wie Herpes- und Hepatitis-Infektionen, aber auch Vergiftungen mit Chrom, Nickel, Kobalt oder Blei – Risiken, über die der süßliche Geschmack und der sanfte Wasserdampf von Shishas leicht hinwegtäuschen können.

Jeder zweite Zehntklässler hat Erfahrungen mit Shishas

Zudem gibt es gerade unter Kindern und Jugendlichen weit mehr Shisha-Konsumenten als zuvor angenommen. So geht aus dem im Dezember 2017 veröffentlichten DAK-Präventionsradar hervor, dass in den Klassenstufen 5 bis 10 bereits 22 % der Schüler einmal Tabak aus einer Wasserpfeife geraucht haben. In der Jahrgangsstufe 10 hat beinahe die Hälfte aller Schüler Erfahrung mit Shishas, 15 % rauchen mindestens einmal im Monat Shisha.

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